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Terroranschlag von London: Was wir wissen – und was nicht

epa05866383 A picture of British policeman Keith Palmer is seen among flowers near the Houses of Parliament following the 22 March incidents in central London, Britain, 23 March 2017. Scotland Yard sa ...
Ein Bild des britischen Polizisten Keith Palmer, der beim Anschlag in London sein leben verlor. Bild: FACUNDO ARRIZABALAGA/EPA/KEYSTONE

Terroranschlag von London: Was wir wissen – und was nicht

23.03.2017, 20:40
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Auch am Tag danach wirft der Terroranschlag in London Fragen auf. Unklar bleibt, ob der Angreifer Mitwisser oder Mittäter hatte. Nun gibt es Details über dessen Identität, ein Experte hält das IS-Bekenntnis zudem für echt.

Beim Terroranschlag im Herzen von London hat ein Angreifer mindestens drei Menschen getötet und rund 40 weitere verletzt, einige von ihnen schwer. Der Täter selbst wurde erschossen, nachdem er einen Polizisten niedergestochen und tödlich verletzt hatte.

Was wir wissen

  • Der Täter: Bei dem Attentäter von London handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 52-jährigen Mann namens Khalid Masood. Scotland Yard bestätigte am Donnerstag auch, dass er in Grossbritannien geboren wurde, er soll zuletzt in den West Midlands gelebt haben. Er sei unter einer Anzahl von Aliasnamen bekannt gewesen.
  • Masood sei in der Vergangenheit mit Gewaltdelikten und unerlaubtem Waffenbesitz in Erscheinung getreten, hiess es in einer Mitteilung weiter. Eine Verurteilung wegen terroristischer Aktivitäten habe es nicht gegeben. «Seine erste Verurteilung war 1983 wegen Sachbeschädigung, die letzte 2003 wegen unerlaubten Besitzes eines Messers», hiess es in der Mitteilung der Polizei.
  • Scotland Yard hatte zuvor von einem Einzeltäter gesprochen, der «vom internationalen Terrorismus inspiriert wurde».
  • Der Hintergrund: Die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») beansprucht den Anschlag für sich. Ein «Soldat» des «IS» habe die Operation ausgeführt, meldete das «IS»-Sprachrohr Amak. Der Angreifer sei damit Aufrufen gefolgt, Bewohner von Staaten der «internationalen Koalition» anzugreifen. Damit ist die Anti-«IS»-Koalition unter Führung der USA gemeint, der unter anderem Grossbritannien, Frankreich und Deutschland angehören. Die Echtheit der Nachricht liess sich zunächst nicht überprüfen. Sie wurde aber über die üblichen «IS»-Kanäle verbreitet. Der Terrorismusforscher Peter Neumann geht davon aus, dass das Bekennerschreiben des «IS» echt ist. Doch sei es eine andere Frage, welche Art von Verbindung existierte, sagte der Experte der Nachrichtenagentur DPA.
  • Die Tat: Nach Angaben der Polizei raste der Täter mit einem Auto in Passanten auf der Westminster-Brücke. Er fuhr wenige hundert Meter weiter und krachte mit dem grauen Hyundai i40 in den Zaun des Parlamentsgebäudes. Danach sprang er aus dem Wagen und lief nach Medienberichten mit zwei Messern bewaffnet auf das Gelände des Parlaments. Dort stach er einen unbewaffneten Polizisten nieder. Anschliessend wurde er von einem anderen Beamten erschossen.
  • Die Toten: Es gab neben dem Angreifer mindestens drei Tote. Die Polizei korrigierte diesbezüglich ihre Angaben. Zwischenzeitlich war von vier Todesopfern die Rede gewesen. Die Toten auf der Westminster-Brücke sind ein etwa 50-jähriger Tourist aus den USA und eine 43-jährige Britin mit spanischen Wurzeln. Der getötete Polizist war ein 48-jähriger Beamter. Laut Scotland Yard war er «Ehemann und Vater».
  • Die Verletzten: Mindestens 40 Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt, einige trugen «katastrophale Verletzungen» davon. Am Morgen befanden sich laut Scotland Yard sieben im kritischen Zustand. Die Verletzten stammen aus insgesamt mindestens elf Ländern. Verletzt wurden unter anderem drei französische Schüler, zwei rumänische, zwei griechische und vier südkoreanische Staatsbürger sowie eine Deutsche, ein Pole, ein Italiener, ein Amerikaner, ein Chinese und ein Ire. Unter den Schwerverletzten sind auch zwei Polizisten.
  • Die Ermittlungen: Die Polizei nahm Terrorermittlungen auf. In Zusammenhang mit dem Anschlag sind nach Angaben von Scotland Yard acht Menschen festgenommen worden. Zuvor seien sechs Wohnungen in London, Birmingham und anderen Orten durchsucht worden. Nach Angaben der Polizei waren am Tag nach der Attacke zusätzliche Beamte in London unterwegs, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Was wir nicht wissen

  • Motivation der Tat: Unklar ist zunächst, ob der Täter aus eigenem Antrieb handelte oder ob er vom IS beauftragt wurde. Auch darüber, ob er überhaupt in Kontakt mit der Terrormiliz gestanden hat, gibt es keine Informationen. Zudem stellt sich die Frage, ob der gebürtige Brite seinen Anschlag bewusst genau ein Jahr nach den Attentaten in Brüssel begangen hat.
  • Mögliche Mittäter: Scotland Yard vermutet zwar, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt hat, schliesst aber Mitwisser oder Mittäter nicht aus. Im Fokus der Ermittlungen stehen laut dem Sprecher «Motivation, Vorbereitungen und seine Komplizen». Es war zunächst nicht bekannt, ob der gebürtige Brite Teil eines grösseren Terrornetzwerks war. Indizien für weitere bevorstehende Gefahren für die Öffentlichkeit gibt es derzeit nach Polizeiangaben aber nicht. Unklar war zunächst auch, was den nach den Hausdurchsuchungen Festgenommenen vorgeworfen wird und in welcher Beziehung sie zu dem Täter standen. (sda/dpa)

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Der mutmassliche Täter wird von der Polizei gestoppt.
quelle: ap/pa / stefan rousseau
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