Wenigstens gaben sie sich am Ende die Hand. Aber der Gesichtsausdruck von Donald Trump und Hillary Clinton sprach für sich: Diese beiden können sich nicht ausstehen. Eigentlich hassen sie sich. Die zweite Fernsehdebatte der US-Präsidentschaftskandidaten in St. Louis verlief entsprechend angespannt.
Der Republikaner stand unter gewaltigem Druck, denn die letzten Tage waren für ihn das pure Desaster. Das Skandalvideo, in dem Trump sich vulgär über Frauen äusserte, brachte zahlreiche Parteifreunde dazu, sich von ihrem Kandidaten zu distanzieren. Wie hat Trump sich geschlagen? Konnte Clinton ihm den Todesstoss versetzen?
Die zweite Debatte verlief im so genannten Town-Hall-Format. Neben den beiden Starjournalisten Martha Raddatz (ABC News) und Anderson Cooper (CNN) durften auch unentschlossene Wähler den beiden Kandidaten Fragen stellen. Das sind die wichtigsten Punkte:
Es gelang ihm, den totalen Kollaps zu vermeiden. Trump bemühte sich, staatsmännisch zu wirken, stimmlich wie gestisch. Anders als in der ersten Debatte, als er zunehmend die Kontrolle über sich selbst verloren hatte, hielt er bis zum Schluss durch. Er fiel Clinton nur gelegentlich ins Wort, obwohl er sichtlich Mühe hatte, sich zu beherrschen. Und in den ersten 20 Minuten, als es um das Video ging, war er sehr nervös.
Er bezeichnete seine sexistischen Aussagen als «Garderoben-Geschwätz», auf das er nicht stolz sei. Zu einer aufrichtigen Entschuldigung konnte er sich aber nicht durchringen. Vielmehr betonte er, er habe «grossen Respekt vor den Frauen». Und er habe nur Worte verwendet, während Hillarys Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, sexuelle Übergriffe auf Frauen begangen habe.
Sie äusserte sich nicht direkt, sondern betonte einmal mehr, dass Donald Trump nicht fähig sei, das Amt des Präsidenten zu bekleiden. Auch sonst zeigte sie sich angriffig und bemüht, ihren reizbaren Gegenspieler zu einer unbesonnenen Reaktion zu verleiten. In einem Fall gelang ihr das auch, als Trump erklärte, sie werde «im Gefängnis landen».
Die Website Politico brachte es auf Twitter auf einen simplen Nenner: «Hässlichste Debatte aller Zeiten.» Das mag ein wenig übertrieben sein, aber insgesamt schenkten sich die beiden gar nichts. Trump brachte alle Themen zur Sprache, die er in der ersten Debatte noch vermieden hatte, vor allem Bill Clintons Frauengeschichten und die gelöschten E-Mails. Die Demokratin gab mit gleicher Münze zurück, sie forderte Trump einmal mehr auf, seine Steuererklärung zu veröffentlichen.
UGLIEST DEBATE EVER https://t.co/tzsRGaqLjh pic.twitter.com/d0AHoa7gMb
— POLITICO (@politico) 10. Oktober 2016
Ganz klar Hillary Clinton. Sie hatte im Wahlkampf mehrere Dutzend derartige Debatten mit Wählern absolviert, und das merkte man. Ihre Körpersprache wirkte natürlicher als jene von Trump. Sie bewegte sich im Raum und ging auf die Leute zu, während er steif wirkte und sich teilweise an seinen Stuhl klammerte. Auch Clintons Mimik überzeugte mehr. Auf Trumps Attacken reagierte sie mit einem Lächeln, während er mehrfach nahe daran war zu explodieren.
Eindeutig Donald Trump, mit seiner Ankündigung, er wolle im Fall seiner Wahl einen Sonderermittler einsetzen, der sich mit Hillary Clintons gelöschten E-Mails beschäftigen werde.
Gemäss den jüngsten Wikileaks-Enthüllung hatte Clinton vor Wall-Street-Bankern gesagt, man müsse als Politiker eine öffentliche und eine private Meinung zu gewissen Themen haben. Clinton verweigerte dazu eine klare Antwort und versuchte vom Thema abzulenken, indem sie auf den Hackerangriff auf die Demokraten verwies, hinter dem vermutlich Russen stehen. Diese wollten «die Wahl beeinflussen».
Er hatte nicht mit dem ominösen Video zu tun. Analysten waren sich einig, dass der Republikaner einen Fauxpas beging, als er seinen Vize-Kandidaten Mike Pence desavouierte. Dieser hatte Luftangriffe in Syrien gefordert, doch Trump will davon nichts wissen. Vielmehr machte er deutlich, dass man sich mit Präsident Baschar Assad arrangieren müsse. Auch das freimütige Geständnis, er habe sich selbstverständlich bemüht, wenig Steuern zu bezahlen, half ihm kaum.
Donald Trump gelangen einige gute Sprüche. Den besten aus Sicht der US-Wählerschaft platzierte er wohl, als er auf Clintons Aussage reagierte, sie habe die erwähnte Wikileaks-Aussage dem Film von Steven Spielberg über Präsident Abraham Lincoln entnommen:
Das hat gesessen, denn Lincoln ist in den USA als «Honest Abe» bekannt. Man sagt ihm nach, er habe stets die Wahrheit gesagt.
Sie hatten immer wieder Mühe, die Debatte unter Kontrolle zu bringen und die Wählerinnen und Wähler zu Wort kommen zu lassen. Einmal verstrickte sich Martha Raddatz in ein kurzes Wortgefecht mit Donald Trump über die bevorstehende Offensive gegen die Terrormiliz IS in deren Hochburg Mossul. Das erinnerte an CNN-Journalistin Candy Crowley, die sich vor vier Jahren mit dem Republikaner Mitt Romney angelegt hatte. Was nicht nur positiv kommentiert wurde.
Donald Trump hat sich gegenüber der ersten Debatte gesteigert, er konnte einige Treffer gegen Clinton landen. Er hatte aber auch schwächere Phasen. Insbesondere nahm er es mit der Wahrheit einmal mehr nicht allzu genau. So behauptete er erneut, er sei gegen den Irak-Krieg gewesen. Clinton war solide, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Erste Umfragen sehen erneut die Demokratin als Siegerin.
Am 19. Oktober findet in Las Vegas die dritte und letzte Fernsehdebatte statt. Donald Trump wird einmal mehr gefordert sein, denn er dürfte in den Umfragen kaum Boden gut machen. Und in vier Wochen wird gewählt.