Donald Trump hat sich zu seiner ersten Auslandsreise als US-Präsident aufgemacht, doch zu Hause in Washington hinterlässt er Chaos. Innert weniger Tage hat er den Chef der Bundespolizei FBI gefeuert, russischen Offiziellen Staatsgeheimnisse verraten und vom Justizministerium einen Sonderermittler an die Fersen geheftet bekommen, der allfällige Kontakte von Trumps Beratern nach Russland untersuchen soll. Dieser heisst Robert Mueller, ist ausgerechnet der Vorgänger des geschassten FBI-Direktors Comey und kreist nun, zumindest gedanklich, über dem Präsidenten, wohin er auch geht.
In normalen Zeiten würde jede einzelne dieser Geschichten wochenlang durch die Medien getrieben – bei Donald Trump ist es indes nur ein kleiner Ausschnitt einer guten Woche. Zu den Zuständen rund ums Weisse Haus gehört ferner, dass Trump im Nachgang der Entlassung von Comey seine engsten Mitarbeiter düpierte, indem er sie vor laufenden Kameras wiederholt Geschichten über die Freistellung des FBI-Direktors erzählen liess, die der Präsident am nächsten Tag persönlich widerlegte.
Auch die Vorgeschichte zu dem Mann, der Trump den Sonderermittler einbrockte, liegt nur wenige Tage zurück: US-Vize-Justizminister Rod Rosensteins schriftliche Empfehlung, Comey zu feuern, zog Trump zur Begründung des Rauswurfs heran. Rosenstein liess das jedoch nicht auf sich sitzen und erklärte gegenüber den Mitgliedern des Senats, er habe schon vor dem Verfassen der Empfehlung gewusst, dass Trump Comey loswerden wolle.
Zum Abschluss der Washingtoner Chaos-Tage rückte Trump dann auch noch von seinem gesamtem Stab ab, indem er zwar erklärte, dass es keine geheimen Absprachen mit Russland gegeben habe, allerdings den nicht ganz unbedeutenden Satz nachschob: Er, Trump, könne hier nur für sich selbst sprechen.
Wer dies in wenigen Tagen alles fertigbringt, hätte eigentlich Ferien nötig. Doch Trump hat andere Pläne. Er tritt seine erste Auslandsreise an. Neun Tage, fünfeinhalb Staaten – auf den Präsidenten warten in den nächsten Tagen ein anstrengendes Programm und diplomatische Fallgruben.
Normalerweise führt die erste Auslandsreise eines US-Präsidenten nach Mexiko oder Kanada. Trumps Auslandsreise beginnt in Saudi-Arabien. Er verfolgt mit dieser Visite zwei Ziele: Am Samstag soll der saudische König Salman Rüstungsverträge im Gesamtwert von mehr als 100 Milliarden Dollar unterschreiben, von denen US-Waffenschmiede wie Lockheed Martin profitieren werden. Am Sonntag will Trump an einer Konferenz von mehr als 50 muslimischen Staaten sein Verhältnis zum Islam in Worte fassen – und den US-Verbündeten im arabischen Raum eine neue Partnerschaft anbieten. «Ich glaube, der Islam hasst uns», hatte Trump noch im vorigen Jahr gesagt.
Am Montag und Dienstag macht Trump Station in Israel und Palästina. In Jerusalem will er, als erster US-Präsident, an der Klagemauer beten. Die Visite, die angeblich aus religiösen Gründen stattfindet, ist höchst umstritten, auch weil die amerikanische Regierung nicht sagen will, ob die Klagemauer sich auf israelischem Staatsgebiet befindet. Trump trifft während seiner Reise auch mit dem Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas zusammen, in Bethlehem. Die USA haben sich bisher geweigert, die Unabhängigkeit von Palästina anzuerkennen. Dann geht es weiter nach Rom. Am Mittwoch steht im Vatikan eine Audienz mit dem Papst auf dem Programm. Anschliessend fliegt der US-Präsident nach Brüssel, wo am Donnerstag ein NATO-Gipfel stattfindet. Die übrigen Mitgliedsländer des Sicherheitsbündnisses hegen die Erwartung, dass Trump während des Treffens erklärt, ob er die NATO immer noch für «obsolet» hält.
Letzte Station der Reise: Taormina auf Sizilien (Italien). Im Touristenstädtchen findet der G-7-Gipfel statt, an dem sich die Regierungschefs der führenden Industriemächte besprechen können. Erstmals wird Trump Gelegenheit haben, sich mit dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu treffen. Der Gipfel endet am kommenden Samstag. Und nach einer Ansprache vor amerikanischen Soldaten wird sich Trump zurück nach Hause machen – sicherlich erleichtert, schläft der Präsident doch am liebsten im eigenen Bett.
Dem Chaos in Washington kann sich Trump also für wenige Tage zumindest räumlich entziehen. Aufgrund der mutmasslichen Fehlleistungen seines Wahlkampfteams und seines eigenen Verhaltens hat Trump jedoch von nun an einen permanenten Begleiter: Die schwarze Wolke über seinem Kopf, die er bereits auf seiner ersten Reise dabei hat, trägt den Namen des Sonderermittlers: Robert Mueller.