Die Vereinten Nationen haben mit Abscheu und Fassungslosigkeit auf einen tödlichen Luftangriff auf einen von ihr organisierten Hilfskonvoi in Syrien reagiert. UNO-Vertreter zeigten sich «enorm empört» und rückten den Angriff in die Nähe eines Kriegsverbrechens.
VIDEO: Footage by @SyriaCivilDef at the warehouse in Aleppo, Syria where a UN aid convoy was hit by airstrikes tonight. pic.twitter.com/h32f280aMf
— Conflict News (@Conflicts) 19. September 2016
Sollte sich der Angriff vorsätzlich gegen die Helfer gerichtet haben, «dann läuft dies auf ein Kriegsverbrechen hinaus», sagte der Chef der UNO-Hilfseinsätze, Stephen O'Brien, am Montag in New York. Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, brachte seine «enorme Empörung» über den Vorfall zum Ausdruck.
Die UNO-Vertreter betonten, dass der Konvoi der LKWs mit Hilfsgütern für die Region Aleppo in intensiven Verhandlungen mit den dortigen Kriegsparteien vorbereitet worden und klar als humanitärer Transport gekennzeichnet gewesen sei. Es gebe «keine Erklärung und keine Entschuldigung, keinen Grund und keine Rechtfertigung dafür, Krieg gegen tapfere und selbstlose humanitäre Helfer zu führen», sagte O'Brien. Er forderte eine Untersuchung.
Die USA richteten derweil Vorwürfe an Moskau und Damaskus. Als Verantwortliche für den Angriff auf den Konvoi kämen nur die Luftwaffe der syrischen Regierung oder deren Verbündeter Russland in Frage, sagten hochrangige Vertreter des US-Aussenministeriums. «Russland steht nun in der Pflicht, schnell und nachdrücklich zu demonstrieren, dass es sich dem Friedensprozess verpflichtet fühlt», sagte einer der US-Vertreter.
«Die Russen haben die Verantwortung, selbst solche Aktionen zu unterlassen, aber sie haben auch die Verantwortung, das Regime davon abzuhalten.» Der Angriff sei ein schwerer Schlag für die Friedensbemühungen.
«Rund 20 Zivilisten und ein Mitarbeiter des Roten Halbmonds wurden getötet, als sie humanitäre Hilfsgüter von den Lastwagen luden», erklärte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften am Dienstag in Genf. Dabei sei ein «grosser Teil der Hilfsgüter zerstört» worden. Auch das Lager des Roten Halbmonds in Orum al-Kubra sei bei dem Angriff getroffen worden.
UNO-Vertreter O'Brien sagte, bei dem Angriff seien auch ein Lagerhaus des Roten Halbmonds sowie eine Klinik getroffen worden. Der Konvoi habe Güter für «dringend hilfsbedürftige Menschen» an Bord gehabt. Russland und die USA hatten in der vergangenen Woche eine Waffenruhe für Syrien ausgehandelt. Diese wurde am Montag aber von der syrischen Armee für beendet erklärt.
Vor dem für Dienstag geplanten Treffen der internationalen Syrien-Unterstützergruppe in New York warf die syrische Opposition der Weltgemeinschaft Versagen vor. «Die Welt begnügt sich damit, zuzusehen ohne einzuschreiten», sagte der Koordinator des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, am Montag in New York.
Nach der Aufkündigung der Waffenruhe durch die syrische Armee gehe das Blutvergiessen unvermindert weiter, klagte Hidschab:
Die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats seien alle «vergeblich» gewesen. Insgesamt wurden bei neuen Luftangriffen in der Provinz Aleppo am Montagabend nach Angaben der Aktivisten von der Beobachtungsstelle 32 Zivilisten getötet, darunter sechs Menschen in der Stadt Aleppo.
Das russische Militär, das die syrische Führung unterstützt, erklärte, die Aufständischen hätten einen Grossangriff auf Stellungen ausserhalb von Aleppo gestartet, die von der Regierung gehalten werden. Darauf hätten die Regierungstruppen mit «massiver Artillerie» reagiert. Auch die syrische Armee wirft den Aufständischen vor, die Waffenruhe nicht eingehalten zu haben. (egg/sda/afp)