Der Wahlkampf der Demokraten musste mit wenig Medienpräsenz auskommen – bis jetzt: CNN hat am Dienstagabend zum ersten Mal Hillary Clinton, Bernie Sanders, Martin O'Malley, Jim Webb und Lincoln Chafee zum TV-Duell eingeladen.
Dabei standen vor allem Favoritin Clinton und der demokratische Sozialist Bernie Sanders im Mittelpunkt. Und, natürlich, Donald Trump. Der republikanische Präsidentschaftskandidat kündigte seine eigene Live-Berichterstattung auf Twitter bereits vor der Debatte an.
Everybody's talking about my doing twitter during the likely very boring debate tonight. @realDonaldTrump #DemDebate
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 13, 2015
Doch abgesehen von zahlreichen Reetweets äusserte sich Trump selber nur spärlich zur Debatte. Er hatte wohl irgendwann auf einen anderen Sender umgeschaltet.
Check out OAN and compare to what you are watching now!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 14, 2015
Und sowieso fehlte ihm ... er selbst:
Sorry, there is no STAR on the stage tonight!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 14, 2015
Deshalb Schluss mit Trump und zurück zu den Debattierenden: Clinton präsentierte sich als Kämpferin gegen soziale Ungleichheit, verlangte die Erhöhung des Mindestlohnes, eine gerechtere Verteilung der Unternehmensgewinne und eine Steuerreform. «Im Moment zahlen die Reichen zu wenig und die Mittelschicht zahlt zu viel», sagte Clinton. Ausserdem müsse die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen geschlossen werden.
Auch Sanders trat als Verfechter der arbeitenden Bevölkerung an. «Die Mittelschicht in diesem Land ist in den vergangenen 40 Jahren zunehmend verschwunden», sagte der Politiker aus Vermont. «Millionen Amerikaner arbeiten länger für niedrigere Löhne und fast ihr gesamtes Einkommen und der geschaffene Wohlstand gehen an das oberste Prozent.»
Auch die in Umfragen weit abgeschlagenen Ex-Gouverneure Lincoln Chafee und Martin O'Malley sowie der frühere Senator Jim Webb prangerten die wachsende Schere zwischen Arm und Reich in den Vereinigten Staaten an. Webb beklagte den Einfluss reicher Spender auf die Wahlen: «Die Leute sind angewidert davon, wie das Geld unseren politischen Prozess korrumpiert hat.»
Ein hitziger Schlagabtausch entwickelte sich zwischen Clinton und Sanders bei der Verschärfung der Waffenrechte. Die frühere Aussenministerin warf dem Senator vor, nicht stark genug für die Kontrolle von Schusswaffen einzutreten. Sanders habe in den 90er Jahren mehrfach gegen ein Gesetz für ein strengeres Waffenrecht gestimmt. Der Senator stammt aus einem ländlich geprägten Bundesstaat, in dem der Besitz von Schusswaffen weit verbreitet ist.
Während Sanders für einen milden Umgang mit Snowden plädierte und ihm eine «wichtige Rolle» bei der Aufdeckung von Bürgerrechtsverletzungen durch die NSA-Spähprogramme zubilligte, machte Clinton deutlich, dass sich der ins russische Asyl geflüchtete frühere Geheimdienstmitarbeiter für sein Handeln verantworten müsse.
.@BernieSanders basically just said, "@snowden is my homeboy." #Word #DemDebate
Keeping it so real. pic.twitter.com/of4TiXAb7O
— Elite Daily (@EliteDaily) October 14, 2015
«Er hat die Gesetz der Vereinigten Staaten gebrochen», sagte sie. Snowden habe «sehr wichtige Informationen» gestohlen, die «leider in viele falsche Hände gefallen» seien.
In der Aussenpolitik bezeichnete Clinton die Verbreitung von Atomwaffen als die grösste Gefahr für die nationale Sicherheit der USA – vor allem, wenn atomwaffenfähiges Material in die Hände von Extremistengruppen gerate. Während O'Malley und Chafee vor einer Eskalation im Nahen Osten und einer Ausbreitung des Islamismus warnten, nannte Sanders den Klimawandel als die gefährlichste Bedrohung. Wenn diese Herausforderung nicht angegangen werde, «werden wir unseren Kindern und Enkelkindern einen Planeten zurücklassen, der möglicherweise nicht bewohnbar ist».
Rückendeckung erhielt Clinton von ihren Konkurrenten in der Affäre um ihre E-Mail-Nutzung während ihrer Zeit als Aussenministerin. «Genug mit diesen E-Mails», erklärte Sanders mit Blick auf die Vorwürfe der Republikaner, Clinton habe mit einem privaten E-Mail-Server Einzelheiten ihrer Amtsführung vertuschen wollen. Die US-Bevölkerung sei des Themas überdrüssig. «Danke. Ich auch», ergänzte die frühere Chefdiplomatin.
«Ich glaube, es ist wichtig, dass die Vereinigten Staaten es gegenüber Putin sehr deutlich machen, dass es nicht akzeptabel ist, wenn er in Syrien noch mehr Chaos stiftet», sagte die frühere US-Aussenministerin. Dafür bedürfe es eine stärkeren Führungsposition der USA.
Die Präsidentschaftswahl findet am 8. November 2016 statt. US-Präsident Barack Obama darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Beide Parteien bestimmen ab Anfang Februar kommenden Jahres in Vorwahlen ihre Kandidaten, die auf Parteitagen im Juli offiziell gekürt werden.
Clinton liegt nach Angaben der Website realclearpolitics.com in Umfragen mit rund 43 Prozent klar vor der innerparteilichen Konkurrenz. Sanders verzeichnet demnach etwa 25 Prozent, die anderen drei Bewerber weniger als ein Prozent. Spannend ist die Frage, ob Vizepräsident Joe Biden in das Rennen einsteigt. Die Meinungsforscher sehen ihn bei gut 17 Prozent, bislang hat er seine Entscheidung aber noch nicht getroffen. Bei der Debatte am Dienstag war Biden eingeladen, verzichtete aber auf eine Teilnahme.
Bei den Republikanern zeichnet sich ein enges Rennen ab. Derzeit führt in Umfragen Donald Trump, sein Vorsprung ist in den vergangenen Wochen aber geschmolzen. An zweiter Stelle des 15-köpfigen Bewerberfeldes liegt der pensionierte Neurochirurg Ben Carson, gefolgt von Senator Marco Rubio und der früheren Managerin Carly Fiorina. Erst dann kommt laut Meinungsforschern der Ex-Gouverneur von Florida, Jeb Bush, den viele Beobachter in der Favoritenrolle gesehen hatten. (dwi/sda/afp)