Angela Merkel ist eigentlich bekannt für ihre nüchternen Worte. Doch jüngst packte «Mutti» im Bierzelt den Zweihänder aus und stellte eigentlich nichts weniger als die seit dem 2. Weltkrieg bestehende Allianz mit den USA infrage. «Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei», hatte sie in Anspielung auf Aussagen von Donald Trump gesagt. Ihre deutlichen Worte fanden weltweit Beachtung.
Gespannt wartete man darauf, wie der US-Präsident auf die markigen Worte Merkels reagieren würde.
Am Dienstagabend schickte Trump seinen vielgescholtenen Sprecher Sean Spicer vor die Medien. Spicer reagierte nicht etwa direkt auf die Kritik. Spicer deutete Merkels Worte einfach um – als Beleg für Trumps Erfolg.
AXIOS: Spicer: Trump would describe relationship with Merkel as "fairly unbelievable." They get along very well. pic.twitter.com/OUdfQE3erN
— TBR Feed (@TheBFRoom) May 30, 2017
Entgegen der vorherrschenden Wahrnehmung als Kritik am US-Präsidenten interpretierte Spicer Merkels Äusserungen als Bestätigung von Trumps Kurs. Die Aussagen der Kanzlerin seien «grossartig», sie entsprächen genau dem, was der Präsident gefordert hat, sagte Spicer. Sie seien ein Beleg dafür, dass Trump «Ergebnisse erzielt».
Die USA sähen Deutschland als wichtigen Verbündeten an, sagte Spicer weiter. «Sie kommen sehr gut miteinander aus», ihr Verhältnis sei «ziemlich unglaublich», ergänzte er mit Blick auf Trump und Merkel. «Er hat grossen Respekt vor ihr.»
Stunden zuvor hatte Trump einen geharnischten Tweet gegen Deutschland abgesetzt:
We have a MASSIVE trade deficit with Germany, plus they pay FAR LESS than they should on NATO & military. Very bad for U.S. This will change
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 30, 2017
An der Medienkonferenz versuchte Spicer die Wogen zu glätten. Der Präsident sehe Deutschland und Europa eher allgemein als wichtige Alliierte der USA an, sagte Spicer dazu. Er begrüsse Merkels Aufruf an die Adresse der Europäer, ihre Rolle im Verteidigungsbereich auszubauen. «Der Präsident glaubt, dass es eine sehr gute Sache ist, wenn Europa seinen Anteil der gemeinsam geschulterten Lasten hochfährt.»
Derweil versuchte auch Merkel, wieder versöhnliche Töne anzustimmen. Sie betonte am Dienstag die «überragende» Bedeutung der transatlantischen Beziehungen. Dies ändere nichts daran, dass die Europäer ihr Schicksal «auch allein in die Hand nehmen müssen», sagte sie nach einem Treffen mit dem indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi.
Auch der deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel erklärte, die schwierige Zeit im deutsch-amerikanischen Verhältnis müsse überwunden werden. Es sei nicht angemessen, einen Konflikt «zwischen Bierzelt und Twitter» auszutragen. Gabriel reagierte damit auf Aussagen Trumps im Kurznachrichtendienst, in denen er hart mit Deutschland ins Gericht ging. (amü/sda/dpa)