Der tödliche Angriff auf ein Spital der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im nordafghanischen Kundus Anfang Oktober ist auf das Fehlverhalten einzelner Soldaten zurückzuführen. Dies heisst es in einem Untersuchungsbericht des US-Militärs.
Der «tragische, aber vermeidbare Zwischenfall wurde hauptsächlich durch menschliches Versagen verursacht», sagte US-General John Campbell am Mittwoch im NATO-Hauptquartier in Kabul. Das eigentliche Ziel der Bombardierung sei ein Gebäude mit Aufständischen gewesen.
Bei dem Luftangriff am 3. Oktober waren mindestens 30 Menschen getötet worden, unter ihnen 14 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen. Der Vorfall sorgte international für Empörung. Campbell legte nun den Abschlussbericht des Pentagons vor.
Die Klinik sei «fälschlicherweise als Ziel identifiziert» worden, sagte der US-Oberkommandant in Afghanistan. Eigentlich sollte demnach ein hunderte Meter entferntes Gebäude bombardiert werden, in dem verfeindete Kämpfer vermutet wurden. Als der Fehler bemerkt wurde, war das Gebäude innerhalb von 25 Minuten 211 Mal beschossen worden.
«Die Einsatzkräfte, die den Luftangriff anforderten und diejenigen, die ihn ausführten, haben keine ausreichenden Massnahmen ergriffen, um zu überprüfen, ob das Gebäude ein legitimes militärisches Ziel war», erklärte Campbell.
Die für den Angriff verantwortlichen Soldaten seien vom Dienst suspendiert worden. «Wir haben aus diesem schrecklichen Vorfall gelernt», betonte der US-General. Auf Grundlage des Berichts würden nun disziplinarische Massnahmen eingeleitet.
MSF beharrt auf einer unabhängigen Untersuchung. Der Bericht werfe mehr Fragen auf, als er beantworte. «Es ist schockierend, dass ein Angriff erfolgen kann, wenn die US-Streitkräfte weder das Ziel sehen noch eine Nichtangriffsliste vorliegen haben und die Kommunikationssysteme nicht funktionieren», heisst es in einem Statement.
Es habe den Anschein, dass 30 Menschen sterben mussten und Hunderttausenden lebenswichtige Behandlungen unmöglich gemacht wurden, nur weil das Spital das nächste grössere Gebäude zu einer grösseren Freifläche war und ungefähr der Beschreibung eines beabsichtigten Angriffszieles entsprach. Es habe keinerlei militärische Rechtfertigung für den Beschuss gegeben, es hätten sich keine Kämpfer in dem Gebäude aufgehalten. (trs/sda/afp)