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Massaker von Las Vegas: Was die NRA mit dem Verbot von Bump Stocks bezweckt

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Ein Bump Stock ist ein Schaft, mit dem man eine halbautomatische Waffe im Seriefeuer-Modus verwenden kann.Bild: AP/AP

Was die NRA mit dem Verbot von Bump Stocks wirklich bezweckt

Der Todesschütze von Las Vegas hat seine Schusswaffen mit einem Schnellfeuer-Mechanismus versehen. Die NRA signalisiert nun ihr Einverständnis für ein Verbot solcher Bump Stocks. Damit will sie eine eigentliche Waffendebatte abwürgen.
06.10.2017, 13:4907.10.2017, 07:24
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Die Überlebenden des Massakers von Las Vegas werden dieses Geräusch nie vergessen: Das monotone «Tatata» der Waffen, mit denen Stephen Paddock die Besucher eines Country-Festivals von seinem Zimmer im Hotel Mandalay Bay aus unter Dauerbeschuss nahm. In ersten Reaktionen hiess es deshalb, der mutmassliche Todesschütze habe ein Maschinengewehr verwendet.

Paddock setzte jedoch handelsübliche halbautomatische Sturmgewehre ein. Zwölf davon hatte er mit einem so genannten Bump Stock versehen. Dieser relativ simple Mechanismus ermöglicht es, die Seriefeuer-Sperre zu umgehen und die Waffe mit einer Kadenz von rund 500 Schuss pro Minute abzufeuern. Paddock hätte sonst kaum so viele Menschen töten oder verwunden können.

Schiesserei in Las Vegas

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Schiesserei in Las Vegas
Beim Mandalay Bay Ressort in Las Vegas ist es am 2. Oktober zu einer Schiesserei gekommen.
quelle: epa/las vegas news bureau / bill hughes/las vegas news bureau/ handout
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Bump Stocks waren bislang eine Angelegenheit für Waffenfreaks. In der breiten Öffentlichkeit waren sie kaum bekannt. «Bis diese Woche wusste ich überhaupt nicht, was das ist», sagte Paul Ryan, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, am Donnerstag. Nun signalisiert sogar die berüchtigte Waffenlobby NRA ihre Bereitschaft, ein Verkaufsverbot zu prüfen.

«Zusätzliche Vorschriften» nötig

Das zuständige Amt für Alkohol, Tabak, Feuerwaffen und Explosivstoffe (ATF) müsse «sofort» abklären, ob die Vorrichtung zur Umrüstung von halbautomatischen auf vollautomatische Waffen «dem Bundesgesetz entspricht», teilten die Chefs der National Rifle Association (NRA), Wayne LaPierre und Chris Cox, am Donnerstag mit. Es seien «zusätzliche Vorschriften» nötig.

Der Verkauf von vollautomatischen Waffen mit Seriefeuer ist in den USA seit 1986 gesetzlich verboten. Halbautomatische Waffen sind nach einem zehnjährigen Verbot seit 2004 wieder zugelassen, sie dürfen jedoch nicht umgerüstet werden. Bump Stocks umgehen diese Vorschrift, weil mit ihnen keine Manipulation am Lademechanismus verbunden ist.

Ein Bump Stock ist ein spezieller Schaft, der anstelle des handelsüblichen Kolben am Gewehr befestigt wird. Er ermöglicht es, den Abzug permanent gedrückt zu halten und so das Seriefeuer zu «simulieren» (wie es genau funktioniert, beschreibt die «New York Times» hier). Entwickelt wurde er 2010 von Jeremiah Cottle, einem Veteranen der Luftwaffe. Nach dem Massaker von Las Vegas hat er auf Medienanfragen nicht reagiert.

So funktioniert ein Bump Stock.Video: YouTube/CBS Evening News

Mit dem Verweis, dass ein Bump Stock «keine automatische mechanische Funktion» ausübt, erhielt Cottle vom ATF eine Bewilligung für den Verkauf. Diese könnte nun revidiert werden. Die Tatsache, dass sogar die NRA sich einem Verbot nicht verschliesst, sorgt in den USA für Aufsehen. Denn eigentlich ist sie dafür bekannt, jede minime Waffenregulierung zu bekämpfen.

NRA will Gesetze weiter aufweichen

Kritiker allerdings halten das Manöver der NRA für durchsichtig. Indem sie das ATF zum Handeln auffordert, will die mächtige Lobbyorganisation eine Debatte im Kongress oder vielleicht sogar ein neues Gesetz verhindern. Die NRA wolle «eine breite öffentliche Debatte über Waffen stoppen, bevor sie ernsthaft beginnt», meint CNN. «Und das wird so gut wie sicher funktionieren.»

Das eigentliche Ziel der NRA bleibt es, die ohnehin laxen Waffengesetze in den USA weiter aufzuweichen. Sie will laut Politico unter anderem die Einschränkungen für den Verkauf von Schalldämpfern lockern. Vor allem aber strebt sie ein Bundesgesetz an, mit dem das verdeckte Tragen von Schusswaffen faktisch im ganzen Land legalisiert werden soll – auch in jenen vorab demokratisch regierten Bundesstaaten, in denen dies noch verboten ist.

epa05933800 US President Donald J. Trump (C) appears with NRA leaders Wayne LaPierre (R) and Chris Cox (L) before speaking to the National Rifle Association Leadership Forum at the Georgia World Congr ...
Die NRA-Chefs Chris Cox (l.) und Wayne LaPierre mit Präsident Donald Trump.Bild: EPA/EPA

Eine Waffendebatte nach dem Massaker von Las Vegas ist da nur hinderlich. Also müssen Bump Stocks als «Bauernopfer» herhalten. Derweil geschieht das Übliche in solchen Fällen: Die Waffenfans versuchen, sich vor einem Verbot einen Bump Stock zu beschaffen. In vielen Geschäften sind die Dinger ausverkauft.

«Die Waffenlobby hat ihre Eier in einer Geldscheinklammer»

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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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meerblau
06.10.2017 14:23registriert Mai 2014
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Was die NRA mit dem Verbot von Bump Stocks wirklich bezweckt
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Boston5
06.10.2017 14:47registriert Juli 2015
Nur schon dass Bump Stocks zugelassen wurden, zeigt dass in diesem Land einiges schief läuft betreffend Waffen und deren Gesetze.
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John Smith
06.10.2017 14:28registriert März 2014
Da der Bump Stock nur ein Schaft ist und keine mechanische Funktion ausübt, lässt sich dieser ziemlich leicht selberbasteln. Mit 3D-Printing oder sogar aus Holz. Die NRA weiss, dass es in der Waffengesetz-Debatte wichtigere Punkte zu verteidigen gibt.
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