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Social statt Racial Profiling: Was passiert, wenn man eine Polizei-Uniform trägt 

EIn Zuercher Stadtpolizist vor der Hauptwache Urania in Zuerich, am Mittwoch, 13. November 2013. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Polizei-Uniform: Bringt einen dazu, dass man Leute mit tieferem sozialem Status vorverurteilt. Bild: KEYSTONE

Social statt Racial Profiling: Was passiert, wenn man eine Polizei-Uniform trägt 

Kognitive Neurowissenschaftler der McMaster University in Kanada haben in einer Studie herausgefunden, dass das alleinige Tragen einer Polizei-Uniform beeinflusst, wie wir andere wahrnehmen. Mit überraschenden Ergebnissen. 
16.02.2017, 22:1317.02.2017, 06:38
Eva  Wohlgemuth
Eva Wohlgemuth
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Die im Fachjournal Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie untersuchte aufgrund der im vergangenen Jahr gehäuften Vorfälle von Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA, ob das Tragen einer Polizei-Uniform beeinflusst, wie man sich verschiedenen Gruppen gegenüber verhält. 

Insgesamt führten sie drei Experimente an College-Studenten durch. Beim ersten mussten die Versuchsteilnehmer entweder eine Polizei-Uniform oder einen Mechaniker-Overall anziehen. Danach mussten sie am Computer Formen in Kategorien zuteilen, während ihnen verschiedene Distraktoren präsentiert wurden. 

Bei den Distraktoren handelte es sich entweder um ein schwarzes oder weisses Gesicht, eine Person mit einem Hoodie an oder eine Person in einem Anzug. Dabei sollte der Hoodie für einen tiefen sozialen Status und der Anzug für einen hohen stehen. Versuchsteilnehmer, die eine Polizei-Uniform trugen, wurden langsamer in der Kategorisierungsaufgabe, wenn ihnen der Distraktor im Hoodie präsentiert wurde. Alle anderen Kombinationen zeigten keine Veränderung in der Reaktionszeit. 

Dies bedeutet, dass sie das Bild, das tiefen sozialen Status signalisiert, von den übrigen Bildern unterschieden, während die anderen alle gleich auf sie wirkten.

Zum selben Ergebnis kam auch die zweite Studie, bei der anstelle der Kategorisierungsaufgabe eine sogenannte Dotprobe-Aufgabe gestellt wurde. Bei dieser gilt es möglichst schnell auf einen auf dem Bildschirm auftauchenden Punkt zu reagieren, während vorhin beispielsweise Bilder präsentiert werden. Wenn die Aufmerksamkeit bereits auf einem der präsentierten Bilder liegt, ist die Reaktionszeit geringer. In diesem Fall also, wenn zuvor ein Hoodie-Bild präsentiert wurde. Auch hier galt dies jedoch auch nur für jene, die eine Polizei-Uniform trugen. 

Das Tragen der Uniform ist ausschlaggebend

Das dritte Experiment zeigte, dass dieser Effekt nur zu finden ist, wenn man selbst eine Polizei-Uniform trägt und nicht, wenn man lediglich eine präsentiert bekommt. Versuchsteilnehmer, die die Polizei-Uniform vor sich auf dem Tisch liegen hatten, reagierten nicht anders auf die Hoodie-Bilder als auf die anderen. 

Diese Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass die Versuchsteilnehmer in Polizei-Uniform Leuten von tieferem sozialen Status gegenüber voreingenommener entgegentraten als solchen von hohem sozialen Status. Zudem unterschieden sie nicht zwischen Schwarzen und Weissen. Versuchsteilnehmer, die eine andere oder keine Uniform trugen, zeigten diesen Effekt nicht. 

Begrenzte Aussagekraft

Zwar wurden die Experimente mit nur 30 bis 60 Versuchsteilnehmern – allesamt Studenten – durchgeführt, was generalisierte Schlüsse verhindert. Trotzdem waren die Forscher überrascht, dass man keine Unterschiede in der Wahrnehmung von schwarzen und weissen Gesichtern fand. Dies, weil Racial Profiling in den letzten Jahren ein gängiges Thema war und weil auch vergangene (amerikanische) Forschung gezeigt hat, dass viele Menschen – unbewusst – Afroamerikaner mit Verbrechen assoziieren. 

Dass die Stereotypisierung aufgrund des sozialen Status ebenfalls ein Thema ist, ist nicht neu. Aussergewöhnlich ist jedoch der Fund, dass diese lediglich durch das Tragen einer Polizei-Uniform aktiviert werden kann. Bei allen Versuchsteilnehmern, die keine Polizei-Uniform trugen, zeigte sich der Effekt nicht. 

Laut sciencedaily.com hoffen die kanadischen Autoren der Studie nun, dass sie ihre Forschung mit echten Polizisten und in Kollaboration mit den USA weiterführen können. (ewo)

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ubu
16.02.2017 22:42registriert Juli 2016
30 bis 60 Studenten. Das klingt eher nach einer Voruntersuchung, als nach einer publikationsfähigen Studie.
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sansibar
17.02.2017 00:21registriert März 2014
Kommt auch drauf an, welches Verbrechen aufgeklärt werden soll. Drogendealer gesucht? Oder doch eher ein Steuerhinterzieher? Profiling heisst ja nicht, dass alle Verbrechen von Dunkelhäutigen begangen werden!
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Thinktank
16.02.2017 23:15registriert Oktober 2016
Die Polizei stellt ja auch nicht dort eine Radarfalle auf, wo niemand zu schnell fährt. Wenn die Kriminalstatistik hilft, dann soll man auch die auffälligen Gruppen kontrollieren. Wir haben zuwenig Polizisten, die sollen ihre Kapazität optimal einsetzen.
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