International
Medien

Body-Shaming im Zeitalter der «Schenkel-Schande» – die «Inside» macht's vor

Body-Shaming im Zeitalter der «Schenkel-Schande» – die «Inside» macht's vor

Wer kriegt den Oscar für sexistischen Journalismus? Ein Frauenheftli!
08.06.2017, 15:4409.06.2017, 04:29
Simone Meier
Folge mir
Mehr «International»

Wollen wir nicht alle näher an den Stars sein? Geradezu hautnah an den Stars? Die «Inside» tut's. Ihr Verlag sagt, sie sei «näher an den Stars» und würde «keinen Blatt vor den Mund» nehmen. Keinen Blatt. Deutsch ist halt auch für ein deutsches Verlags Glückssachen. Journalismus auch. «Hohes Niveau», «hohe Qualität», «hoher Anspruch» sind die «Philosophie» der Münchner Vision Media.

Was dabei herauskommt? Die Qualitätsprodukte «Jolie», «Mädchen», «Popcorn», «Madame» und eben «Inside». Kennen wir. Wir Frauen, die wir uns immer so gern wie eine billige Gesichtsmaske an die Stars drankleben möchten. Sowas wie die «Inside» gehört dabei zu den sündigsten Genüssen. Zum Schund, für den man an ganz lowen Tagen Geld ausgibt. Die «Inside» ist Hate-Material.

Inside
Bild: facebook/inside.magazin

Auch die «InTouch» ist weit unten, aber tiefer als die «Inside» kann man am Kiosk gar nicht greifen. Sie gehört zu den Dingen, nach deren Lektüre man sich automatisch unter die Dusche stellen will.

Die «Inside» ist die Cellulite, auch bekannt als «Schenkel-Schande», unseres Medienkonsums.

Schenkel-Schande also. Die «Inside» hat's erfunden. Ebenso die «Knie-Katastrophe», das «Furchen-Fiasko», das «Dellen-Drama», die «Wabbel-Wellen» und über allem der grundsätzliche «Figur-Frust».

Als Frau merkt man sowas ja schon gar nicht mehr. «Inside» ist wie «Dschungelcamp»: Ekel, Schadenfreude und das gute Gefühl, selbst zumindest nicht noch mieser zu sein als die A-, B- und Z-Promis.

Wahrscheinlich kommt Boulevard-Journalismus von Rumbitchen. Oder umgekehrt.

Doch dann kommt die Badesaison mit ihrem Hauptproblem, das unter die Haut geht – der Badifigur! Und wo bitte ist dann die ironisch leichte Distanz, die wir beim Durchblättern der verblödeten Heftlis eben noch spürten? Unsere Body-Positivity? Wo? Na? Halb verschüttet unter dem Dreck, mit dem wir uns bewusst oder unbewusst latent zugedröhnt haben. Einfach, weil er da ist.

Inside
Bild: facebook/inside.magazin

Jetzt hat sich ein Mann der «Inside» angenommen. Er ist Vater mehrerer Töchter und er ist entsetzt! «Liebes Inside Magazin, ich hasse dich», schreibt Nils Pickert, Chefredakteur der Internetplattform Pinkstinks. 

«Du bist ein widerliches, frauenverachtendes Drecksblatt, in dem eine rein weibliche Redaktion eimerweise Häme, Mist und Body Shaming über Geschlechtsgenossinnen auskübelt (Hurra, Frauensolidarität!).»

Was soll man da sagen? Er hat vollkommen recht, der aufgebrachte Herr Pickert! Es lohnt sich, ab und zu mal wieder einen Blick auf den alltagssexistischen Wahnsinn unserer Medienmaschine zu werfen. 

Auch die «Bravo» hatte mal eine saublöde Idee ...

Video: watson

Sehr schön an den beiden folgenden Cover-Beispielen ist auch das schizophrene Verhältnis der «Inside» zu den «Beauty-Docs». «Wenn der Beauty-Doc versagt ...» vs. «Gewinnen tut nur der Beauty-Doc!» Der Doc als Verschnetzler und Profiteur. Um ihn, aber auch die fiesen Fallen, die das Altern stellt, zu vermeiden, kann man sich dann ja all die weiträumig beworbenen Beauty-Produkte aus der «Inside» kaufen.

facebook/inside.magazin
Bild: Inside
Inside
Bild: facebook/inside.magazin

Was man wissen muss: Auch die scheinbar wahren, in unbeobachteten Momenten geschossenen, «schlechten» Promibilder sind bearbeitet. Genau so einfach, wie sich Unebenheiten per Photoshop glätten lassen, können sie auch verschärft werden. Die Wahrheit liegt dazwischen. In der Normalität eben. Dort, wo sich die Stars und wir wirklich nahe wären. Aber die Normalität interessiert ja mal wieder kein Schwein.

Mihaela Noroc fotografiert auf der ganzen Welt natürliche Schönheiten. Ihre Bilder sind ... atemberaubend!

1 / 78
Mihaela Noroc fotografiert auf der ganzen Welt natürliche Schönheiten. Ihre Bilder sind ... atemberaubend!
Tokio, Japan – Die Fotografin Mihaela Noroc ist 30 Jahre alt und kommt aus Bukarest, Rumänien. facebook/THE ATLAS OF BEAUTY
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
41 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Guzmaniac
08.06.2017 16:01registriert März 2017
Tolle Sache, unmittelbar nach dem Artikel folgt die Bildstrecke von Mihaela Noroc mit "natürlichen Schönheiten" - komischerweise sind die meisten Jung und schlank (bzw. normal gewichtig)....
1018
Melden
Zum Kommentar
avatar
AllIP
08.06.2017 16:08registriert April 2017
Animiertes GIFGIF abspielen
703
Melden
Zum Kommentar
avatar
Madison Pierce
08.06.2017 15:56registriert September 2015
Naja, in Unterschichtenzeitschriften stehen halt so Sachen. Man liest auch nicht den "Blick" und beklagt sich dann über "Fake News".

Solche Blätter sind nicht die "vierte Gewalt" und haben keinen Qualitätsanspruch, sondern liefern, was ihre Zielgruppe lesen will. Und unzufriedene Arbeitslose mit Fliesentisch wollen anscheinend über das Äussere von Promis spotten.

Als Konsument hat man die Wahl, man muss solchen Schund nicht lesen. Wenn die Auflage nicht mehr stimmt, ist Schluss damit.
7015
Melden
Zum Kommentar
41
Nach Brückeneinsturz in den USA: 2 Tote aus Wasser geborgen
Nach dem Einsturz einer grossen Autobahnbrücke in der US-Stadt Baltimore, weil ein Frachter in sie geprallt ist, haben Einsatzkräfte zwei Tote aus dem Wasser geborgen.

Die Polizei des Bundesstaates Maryland teilte am Mittwochabend (Ortszeit) mit, Taucher hätten die Leichen der 26 und 35 Jahre alten Männer aus einem Pickup-Truck in sieben Meter Tiefe gezogen. Unterdessen wurde bekannt, dass sich an Bord des havarierten Frachtschiffs, das die Brücke zum Einsturz gebracht hatte, grosse Mengen gefährlicher Stoffe befinden.

Zur Story