Spionageaffäre
Deutscher Kontaktmann von Spion Daniel M. klagt gegen die Schweiz

Der deutsche Sicherheitsexperte Klaus-Dieter Matschke will Schadenersatz vom Nachrichtendienst des Bundes, dem er schweres Versagen vorwirft.

Henry Habegger
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Links: Will klagen: Klaus-Dieter Matschke, deutscher Sicherheitsberater. Rechts: Mit Klage bedroht: Markus Seiler, Schweizer Geheimdienstchef.

Links: Will klagen: Klaus-Dieter Matschke, deutscher Sicherheitsberater. Rechts: Mit Klage bedroht: Markus Seiler, Schweizer Geheimdienstchef.

HO/Reuters

Der Frankfurter Sicherheitsexperte Klaus-Dieter Matschke (69) ist eine bekannte Grösse in Deutschland. Der Terrorexperte berät mit seiner Firma Unternehmen in ganz Europa im Kampf gegen Industriespionage und Wirtschaftskriminalität.

Dieser Matschke hat ein Problem. Sein Name tauchte im Zusammenhang mit dem Schweizer Daniel M. auf, der in Deutschland angeblich im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes (NDB) Steuerfahnder und Finanzbehörden ausspionierte, um herauszufinden, wer geklaute Schweizer Bankdaten kaufte. Matschke soll – so steht es, gestützt vorab auf Aussagen des Schweizers, im deutschen Haftbefehl gegen Daniel M. – bei der Schweizer Spionageaktion mitgeholfen haben. So beim Platzieren eines Spitzels in der Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen.

Matschke: «Rufschädigung»

Das will Klaus-Dieter Matschke nicht auf sich sitzen lassen. Gegenüber der «Nordwestschweiz» sagt er: «Das alles ist nachweislich falsch. Es ist Rufschädigung und führte zu einem Verdienstausfall, das kann ich anhand der Buchhaltung nachweisen. In den Monaten danach hatte ich Auftragsrückgänge zu verzeichnen, was auf die verleumderischen und rufschädigenden Behauptungen zurückzuführen ist.» Daher will Matschke die Truppe von NDB-Chef Markus Seiler vor Gericht bringen. «Ich plane, den Schweizer Nachrichtendienst auf Schadenersatz einzuklagen.» Das genaue Vorgehen lasse er derzeit juristisch prüfen. «Wir prüfen, wie hoch die Schadenersatzforderung ist. Ich gehe von etwa 200 000 Euro aus, aber das ist offen», sagt er. Klagen werde er in Deutschland, präzisiert er.

«Was ich dem Schweizer Nachrichtendienst vorwerfe: Er wusste oder hätte wissen müssen, dass ich niemals für ihn gearbeitet habe. Er musste wissen, mit wem er zusammenarbeitet, alles andere wäre ja unfassbar», sagt Matschke. «Er konnte ja Daniel M. nicht an einer so langen Leine führen, dass er das nicht wusste.»

«Sie spielen ein bisschen Spion»

Für Matschke ist klar: «Der Schweizer Dienst hätte richtigstellen müssen, dass ich mit dieser Sache nichts zu tun habe. Das hat er aber nicht getan.» Der NDB habe die öffentlich gewordenen Aussagen seines Mitarbeiters Daniel M. und Vorwürfe gegen ihn, Matschke, im deutschen Haftbefehl im Raum stehen lassen. «Das werfe ich dem Dienst vor.»

Die Spionageaffäre wird immer skurriler. Aber Sicherheitsexperte Matschke ist vom Fach. Er arbeitete, wie er betont, einst für den Auslandgeheimdienst BND, danach für den Verfassungsschutz, den deutschen Inlandgeheimdienst. Über die Qualität der Arbeit der Schweizer rund um den Fall Daniel M. zeigt er sich entsetzt. «Was hier in der Schweiz passiert, ist unfassbar. Mir kommt es vor wie die Kleinen aus dem Kindergarten, die ein bisschen Spion spielen. Das wirft ein komplett schlechtes Licht auf die Schweiz.»

Zum Beispiel: «Bei Geheimdiensten ist klar», sagt Matschke, «dass die Person, die im Einsatz ist, getarnt wird.» Im Fall Daniel M. sei das aber offensichtlich nicht geschehen. «Warum hat der Schweizer Dienst Daniel M. nicht getarnt?» Aber es sei noch schlimmer: «Die Schweizer Bundesanwaltschaft lieferte ihn sogar noch den Deutschen ans Messer, indem sie ungeschwärzte Akten übermittelte. Wie kann man nur so blöd sein? Sie arbeitete gegen ihren eigenen Nachrichtendienst.» Das sei der «absolute Super-GAU, der einem Dienst passieren» könne: «An Peinlichkeit nicht zu überbieten.»

Auch der Umstand, dass der NDB seinen Mitarbeiter oder Ex-Mitarbeiter offensichtlich im Stich lasse, stösst bei Matschke auf keinerlei Verständnis. «Keine private Firma würde ihren Mann so im Regen stehen lassen. Es ist im Grunde genommen ein Skandal: Die Schweizer lassen ihren eigenen Mann im deutschen Gefängnis verhungern.» Seiner Ansicht nach wird die Affäre Folgen haben für den Schweizer Nachrichtendienst: «Wenn es Bewerbungen geben sollte, ziehen die jetzt mit Sicherheit zurück: Niemand will zu einem Dienst, der seine Leute aufhängt.»

Matschke, der im deutschen Verfahren gegen Daniel M. nach wie vor nicht befragt wurde, wie er sagt, kennt den angeblichen Schweizer Spion gut. Der ehemalige UBS-Sicherheitsmann arbeitete zeitweise in Matschkes Firma.

Daniel M. sitzt seit gut sechs Wochen in Deutschland in Untersuchungshaft. Diese Woche wird sich zeigen, ob er freikommt. Seine Anwälte haben ein Haftentlassungsgesuch gestellt. Sie argumentieren unter anderem, dass gegen M. (und damit indirekt auch Matschke) erhobene Vorwürfe nicht zutreffen. So habe M. vom NDB nie grosse Geldsummen erhalten, um einen Maulwurf in einem deutschen Ministerium zu installieren.