Rüstungsausgaben
Kampfjets sind nur der Anfang: Die lange Einkaufsliste der Schweizer Armee

Nicht nur die Luftverteidigung, auch Artillerie und Panzer müssen bald erneuert werden. Die teuren Militärjets befeuern indes den Verteilkampf im Parlament.

Dennis Bühler
Drucken
Quelle: Kampfflugzeuge und Bodluv: Bericht der Expertengruppe Neues Kampfflugzeug (30. Mai 2017) – der Bundesrat hat hierzu noch keine Stellung genommen; restliche Projekte: Projektbericht VBS (28. April 2017).

Quelle: Kampfflugzeuge und Bodluv: Bericht der Expertengruppe Neues Kampfflugzeug (30. Mai 2017) – der Bundesrat hat hierzu noch keine Stellung genommen; restliche Projekte: Projektbericht VBS (28. April 2017).

Der Wunschzettel der Armee ist lang: Ende April liess Verteidigungsminister Guy Parmelin in einem Bericht erstmals detailliert auflisten, welche Projekte seines Departements wie weit fortgeschritten sind und wie viel sie kosten sollen – vom Ersatz der Telekommunikationssysteme für 1,8 Milliarden über den Kauf von Mini-Drohnen für 8 Millionen Franken bis hin zu einer neuen Kampfjetflotte samt bodengestützter Luftverteidigung. Seit Dienstag wissen wir, wie teuer uns die Luftverteidigung ungefähr zu stehen kommen wird: Auf zwischen 5 und 18 Milliarden Franken veranschlagt sie eine Expertengruppe.

Egal, ob 20, 30, 40, 55 oder 70 Kampfjets gekauft werden: Auf die Schweiz kommen enorme Kosten zu. Zumal sich der Investitionsbedarf nicht auf die Luftwaffe beschränkt. «Sobald die Kampfflugzeuge und die bodengestützte Luftverteidigung modernisiert sind, ist die Ablösung der schweren Systeme am Boden an die Hand zu nehmen», sagt Stefan Holenstein, Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft. «Wir brauchen eine moderne Artillerie sowie neue Kampf- und Radschützenpanzer. Auch diese werden einen Milliardenbetrag kosten.» Ab 2022 werde das Armeebudget daher markant erhöht werden müssen.

«Keine Tagträumerei»

Tatsächlich dürften 5 Milliarden Franken pro Jahr mittelfristig bei weitem nicht reichen, um alle geplanten Investitionen zu tätigen. «Die Sicherheit der Schweiz darf und muss in den Zwanziger- und Dreissigerjahren mehr als die heutigen Ausgaben von nur 0,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) kosten», sagt Holenstein. Das sei keine Tagträumerei, sondern militärische Notwendigkeit – und vertretbar angesichts der Tatsache, dass die Nato von ihren Mitgliedstaaten und Bündnispartnern ein Militärbudget von mindestens zwei Prozent des BIP fordere.

Ganz anders sieht dies die politische Linke, die nichts von einem höheren Armeebudget wissen will: «Die Kampfjets müssen aus dem bestehenden Budget finanziert werden», sagt die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher. Auch andere Parteien sind skeptisch.

«Spardruck wird massiv steigen»

Linke Politiker befürchten, höhere Ausgaben für das Militär könnten einen Abbau im Bildungsbereich und in der Entwicklungshilfe nach sich ziehen. «Wir dürfen uns nichts vormachen: Der Spardruck wird in den nächsten Jahren noch einmal massiv steigen», sagt die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz.

Die Bildungsausgaben und die Entwicklungshilfe geraten während Budgetberatungen deshalb besonders oft ins Visier der Sparfüchse, weil ihre Höhe nicht gesetzlich festgelegt ist. Der Rotstift kann somit problemlos angesetzt werden – genauso wie bei der Landwirtschaft und der Armee, die allerdings stärker von der bürgerlichen Ratsmehrheit protegiert werden. Der Grossteil der Bundesausgaben hingegen ist gebunden: Betrug ihr Anteil vor zwei Jahren noch 50, werden es 2020 bereits 63 Prozent sein.

Immerhin: Das Problem ist erkannt. Mit einer Motion verlangt die nationalrätliche Finanzkommission vom Bundesrat, aufzuzeigen, wie der Anteil der gebundenen Ausgaben um fünf bis zehn Prozent reduziert werden kann. Die Regierung empfiehlt den Vorstoss zur Annahme, die grosse Kammer befindet am Mittwoch übernächster Woche darüber.

Kritik des obersten Bauern

Die Bauernlobby, die wegen der hohen finanziellen Ansprüche der Armee um ihr Budget fürchten muss, -unterstützt die Motion geschlossen, wie Bauernverbandspräsident Markus Ritter ankündigt. Denn: «Es ist nicht der Investitionsbedarf der Armee, der mir am meisten Sorgen bereitet. Viel schlimmer ist, dass immer mehr Bundesausgaben gebunden sind.» Bei der Budgetberatung gehe das Parlament deshalb immer auf Bildung, Entwicklungshilfe, Armee und Landwirtschaft los.

Der St. Galler CVP-Nationalrat kritisiert: «Jede Lobby versucht, ihre Pfründe langfristig zu sichern, indem sie sie in Gesetze giesst. Das raubt der Schweiz die Flexibilität.»