Armee
Aarauer Sprengstoff bleibt spurlos verschwunden – Fall stellt Ermittler vor Rätsel

Der Sprengstoff, der seit einem Jahr in Aarau fehlt, ist bis heute nicht aufgetaucht. Die Militärjustiz gibt an, ein Teil des Materials sei falsch verbucht worden. Eine beträchtliche Menge ist aber tatsächlich weg. Die Ermittlungen blieben bisher erfolglos.

Manuel Bühlmann
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Auch Übungs-Handgranaten sind der Schweizer Armee abhanden gekommen. (Symbolbild, Archiv)

Auch Übungs-Handgranaten sind der Schweizer Armee abhanden gekommen. (Symbolbild, Archiv)

Keystone

Wenige Sätze sorgten für viele Schlagzeilen: «Mutmasslicher Verlust von Sprengmitteln in der Rekrutenschule», titelte das Verteidigungsdepartement. Die kurze Mitteilung hatte einen explosiven Inhalt: Mehrere Kilogramm Sprengmittel seien in der Infanterie-Durchdiener-RS in Aarau verschwunden, hiess es im September 2016.

Ein Jahr ist seither vergangen. Doch der Sprengstoff, die Zünder sowie die Übungs-Handgranaten konnten noch immer nicht gefunden werden, wie eine Nachfrage bei der Militärjustiz zeigt. Kommunikationschef Martin Immenhauser spricht von einem sehr umfangreichen Verfahren, an dem auch die Strafverfolgungsbehörden der Kantone und des Bundes beteiligt seien. Ein Team aus Vertretern von Militärjustiz und zivilen Behörden ermittle «unter Hochdruck». Wie viele Personen mit dem Fall beschäftigt sind, gibt die Militärjustiz nicht preis. Immenhauser: «Die Zahl der Beteiligten wechselt täglich, aber es sind mehr als nur zwei, drei.»

Einstellen oder weitersuchen?

Fest steht inzwischen: Buchungsfehler sind passiert, nicht das ganze Material ist auch wirklich physisch verschwunden. «Wir gehen aber davon aus, dass ein Teil tatsächlich fehlt», sagt Immenhauser. Verlust oder Diebstahl – bislang könne noch keine Ursache ausgeschlossen werden. Der Militärjustiz-Sprecher will sich mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen auch nicht dazu äussern, ob im Falle eines Diebstahls Täter von ausserhalb der Armeekreise infrage kommen.

Explosives Armeematerial, das spurlos verschwunden ist – ein Grund zur Beunruhigung? «Nein, die Bevölkerung muss sich keine Sorgen machen», beschwichtigt Immenhauser. Bislang habe es in der Schweiz keine Anschläge mit Sprengstoff, Waffen oder Munition der Schweizer Armee gegeben. Der Sprecher versichert aber auch: «Wir nehmen die Suche sehr ernst. Gerät das Material in falsche Hände, wäre das nicht gut.» Deshalb stehe die Suche nach den verschwundenen Sprengmitteln im Vordergrund.

Die andere Option wäre, die Ermittlungen einzustellen, doch das werde erst dann zum Thema, wenn die Ermittler zum Schluss kommen sollten, dass keine Chance mehr auf eine Klärung des Falls besteht. «Davon kann im Moment keine Rede sein. Die Untersuchung läuft weiter», sagt der Sprecher.

«Das wäre Kaffeesatzlesen»

Die Frage, wann mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen ist, lässt Militärjustiz-Sprecher Martin Immenhauser offen. «Das wäre Kaffeesatzlesen und nützt niemandem etwas.» Letztlich hänge die Dauer davon ab, welche neuen Spuren sich ergeben.

Der Vorfall hat auch bereits die Politik beschäftigt. Im Februar erkundigte sich SP-Nationalrätin Yvonne Feri nach dem Verbleib der verschwundenen Sprengmittel. In der Fragestunde hielt sich Verteidigungsminister Guy Parmelin bei seiner Antwort aber bedeckt und verwies auf die laufenden Ermittlungen. Der SVP-Bundesrat nutzte die Gelegenheit allerdings, um zu verkünden, dass die Armee aus dem Vorfall Lehren gezogen habe. Unter anderem sei das Prinzip der doppelten Kontrolle verstärkt worden.