Jahrelang hütete Rosmarie Kohli in Reinach Land im Wert von rund einer halben Million Franken. Es war ihre Reserve fürs Alter. Nun ist das Grundstück praktisch wertlos geworden. Die Gemeinde hat es zur Landwirtschaftszone erklärt – ohne dass die Rentnerin davon Kenntnis hatte. Der Fall aus dem Wynental, den der Regionalsender Tele M1 aufdeckte, sorgte für einiges Aufsehen und zahlreiche, aufgebrachte Kommentare der AZ-Leser.
«So etwas nenne ich Diebstahl am Bürger!», ereifert sich einer und fügt hinzu: «Gegen diese Gemeinde würde ich bis vor Bundesgericht gehen.» Ein anderer Leser findet: «Die Frau muss entschädigt werden, etwas anderes würde ich nicht verstehen.» Auf eine Entschädigung hofft indes auch Rosmarie Kohli. Schliesslich hat die Rentnerin das Land, das sie geerbt hat, jahrelang versteuert.
Grundstück nicht Teil des kantonalen RichtplansLaut Michael Rothen, Leiter Sektion Orts-, Siedlungs- und Regionalplanung West beim kantonalen Departement für Bau, Verkehr und Umwelt, sind Auszonungen wie in Reinach kein Einzelfall im Aargau. «Mit dem vom Grossen Rat im März 2015 beschlossenen und jüngst vom Bundesrat genehmigten kantonalen Richtplan wurden sechs Gemeinden dazu verpflichtet, ihre Bauzonen an das im Richtplan angepasste Siedlungsgebiet anzupassen beziehungsweise Auszonungen vorzusehen», sagt er auf Anfrage der AZ.
Auch Reinach sei eine dieser Gemeinden. «Allerdings», erklärt Rothen weiter, «gehört das Land der Rentnerin – soweit dies im TV-Beitrag vom Mittwoch ersichtlich war – nicht zu jenen Flächen, die im Richtplan ausgewiesen sind.» Die Gemeinde Reinach habe diese Auszonung in ihrer Funktion als Planungsträgerin zur Erfüllung der bundesrechtlichen Vorgaben eigens vorgesehen. Doch auch das ist laut dem Experten nicht aussergewöhnlich und könne in jeder Gemeinde des Kantons vorkommen, um die Vorgaben des Raumplanungsgesetz zu erfüllen.
Wachsam, informiert und in Kontakt bleibenDoch wie sieht es mit der Informationspflicht der Gemeinde aus? Gegenüber dem Regionalsender Tele M1 kritisierte Rosmarie Kohli, dass sie über die drohende Umzonung ihres Grundstücks nicht informiert worden sei. Weil sie im Nachbarkanton Luzern lebt, habe sie auch die Publikation im Amtsblatt nicht gesehen.
Ist es von der Gemeinde tatsächlich zu viel verlangt, Grundbesitzer wie Rosmarie Kohli persönlich zu kontaktieren und zu informieren, ehe ihr Land ausgezont wird? Michael Rothen dazu: «Es ist einfach gesagt, dass der Informationsaufwand für die Gemeinde gering ist. Beschäftigt man sich aber vertiefter mit dem Inhalt einer Nutzungsplanung, merkt man rasch, dass die Abgrenzung, in welchen Fällen eine individuelle Benachrichtigung und wann keine angezeigt ist, sehr schwierig ist. Letztlich will die Gemeinde auch eine Gleichbehandlung unter den von der Nutzungsplanungsrevision betroffenen Eigentümern gewährleisten.»
Aus diesen Gründen kann der Experte Eigentümern von unerschlossenen Bauzonen nur nahelegen, wachsam, informiert und in periodischem Kontakt mit der Gemeinde zu bleiben. «Revisionen der Nutzungsplanung kommen nicht von heute auf morgen, sondern rund alle 15 Jahre und dauern mehrere Jahre.» Es läge also zu einem grossen Teil auch in der Eigenverantwortung der Grundbesitzer, zu schauen, was in der Gemeinde betreffend Zonenplanung laufe.
Bleibt noch die Sache mit der Entschädigung. Kann Rosmarie Kohli damit rechnen, den hohen Wertverlust ihres Grundstücks wieder wett zu machen? «Ob die Rentnerin Anspruch auf Entschädigung hat, müsste ein Gericht feststellen», erklärt Rothen und verweist auf die Rechtsprechung in Sachen Entschädigungspflicht aus materieller Enteignung.
Per 1. Mai 2017 hat der Kanton Aargau mit einer Änderung des Baugesetzes Regelungen eingeführt, die Landbesitzer mehrwertabgabepflichtig macht, die Bauland einzonen dürfen. Wer dies tut, muss mindestens 20 Prozent des durch die Einzonung entstandenen Mehrwerts abliefern – zehn Prozent gehen an den Kanton, zehn Prozent verbleiben in der Gemeinde.
«Mit diesem Geld könnten gestützt auf den gesetzlich zulässigen Verwendungszweck Besitzer von ausgezonten Grundstücken entschädigt werden, soweit eine Entschädigungspflicht besteht», erklärt Rothen. (aargauerzeitung.ch)
Zumindest für die bezahlten Steuern müsste sie vergütet werden, der Rest ist schwierig zu bewerten.
Also so ahnungslos konnte die liebe Frau nicht sein. Ich rate da am Ball zu bleiben und zu hinterfragen, so ist zu vieles unklar. Steuern: da wäre anzumerken, dass wenn das Grundstück NICHT erschlossen war auch keine Steuern für Bauland angefallen sind.