Am Mittwoch, dem 21. Dezember, jährt sich das Tötungsdelikt von Rupperswil zum ersten Mal. Der 33-jährige Thomas N. aus Rupperswil ermordete in einem Doppel-Einfamilienhaus Carla Schauer (†48), ihre beiden Söhne Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona F. (†21). Nach dem mutmasslichen Mörder hatten die Ermittler monatelang gesucht, Tag und Nacht. Am 13. Mai konnten sie schliesslich den Durchbruch vermelden: N. wurde in Aarau verhaftet. Er hatte im Haus seiner Mutter gewohnt, nur 500 Meter vom Tatort entfernt. Aktuell befindet er sich in Untersuchungshaft.
Die brennendste Frage: Wann kommt es zum Prozess? Wie AZ-Recherchen zeigen, wurde der polizeiliche Untersuchungsbericht bereits im Sommer abgeschlossen. Was verzögert die Ansetzung des Gerichtsverfahrens also jetzt noch?
Grundsätzlich beantwortet die Staatsanwaltschaft keine Fragen zum laufenden Untersuchungsverfahren. Interviewanfragen werden freundlich, aber bestimmt abgelehnt. Man will – gerade um den bevorstehenden Jahrestag herum – Rücksicht auf die Angehörigen nehmen. Zudem könnte die Staatsanwaltschaft im Prozess von der Verteidigung als befangen kritisiert werden, weil ihr Vorabinformationen in den Medien als Stimmungsmache ausgelegt werden könnten.
Die AZ konnte aber einige Fragen schriftlich stellen – und erhielt von Oberstaatsanwalt Daniel von Däniken schriftliche Antworten. Die Untersuchungen seien insgesamt «weit fortgeschritten, aber noch nicht ganz abgeschlossen», schreibt von Däniken. Dies vor allem, weil die psychiatrische Begutachtung des Beschuldigten noch nicht abgeschlossen sei. Wann Anklage erhoben werden könne, hänge davon ab, wann die psychiatrische Begutachtung abgeschlossen sei.
Die Priorisierung von verschiedenen Gutachteraufträgen liege im Ermessen des Gutachters, der naturgemäss mehrere Aufträge gleichzeitig zu erfüllen habe und nicht die ganze ihm zur Verfügung stehende Zeit nur an einem Gutachten arbeite – so wie auch ein Staatsanwalt mehrere Fälle gleichzeitig bearbeite. Von Däniken betont aber auch, man gehe davon aus, «dass ein Fall wie der vorliegende prioritär behandelt wird»
Mit dem Fall vertraute Personen gehen von einem Gerichtstermin im nächsten Jahr aus. Ist das auch in den Augen der Staatsanwaltschaft eine gute Prognose? Von Däniken: «Die Einschätzung, dass innerhalb des Jahres 2017 mit einer Anklage und einem Gerichtstermin zu rechnen ist, erachten wir als realistisch, wollen uns jedoch nicht darauf behaften lassen, da auch Unvorhergesehenes nie ganz ausgeschlossen werden kann.»
Thomas N. hatte schon kurz nach der Verhaftung ein umfassendes Geständnis abgelegt. Erleichtert dies der fallführenden Staatsanwältin Barbara Loppacher die Arbeit? Von Däniken betont, die Würdigung der in einem Strafverfahren vorliegenden Beweise – unter anderem ein Geständnis, aber auch Zeugenaussagen etc. sei Aufgabe des Gerichts.
«Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, diese Beweise zu sammeln.» Da es immer wieder vorkomme, dass Geständnisse widerrufen werden können, dürfe sich die Staatsanwaltschaft die Arbeit nicht leichter machen, wenn ein Geständnis vorliege, sondern müsse die übrigen Beweise genau so seriös zusammentragen, wie wenn keines vorliegen würde.
Zur Frage, ob nebst dem Beschuldigten Thomas N. auch gegen andere Personen eine Untersuchung geführt wird, nimmt die Staatsanwaltschaft keine Stellung.
Die Pflichtverteidigung von Thomas N. hat die Badener Rechtsanwältin Renate Senn übernommen. Kurz nach Ankündigung des Mandats im Frühling hatte sie erklärt: «Die Tat erschüttert und macht auch mich zutiefst betroffen» – und sie werde bis zum Gerichtsprozess keine Informationen in die Öffentlichkeit tragen. Dies hält sie weiterhin so, wie eine Nachfrage bestätigt. Senn schreibt, sie müsse leider mitteilen, «dass ich bis auf weiteres keine Auskünfte gebe, weder zu meinem Klienten noch zum Stand des Verfahrens».