Sie sagt: «Das ist eine ganz blöde Geschichte.» Und ergänzt: «Ich wollte niemandem etwas Böses.» Und betont: «Ja, ich habe einen Fehler gemacht. Ich muss die Konsequenzen tragen. Ich habe meine Lehren gezogen.» Karin Bertschi war 24 Jahre alt, als sie, wie sie erklärt, «2014 in die Zwickmühle geriet».
Zwei Jahre später, kurz vor den Wahlen im letzten Herbst, erhielt sie einen eingeschriebenen Brief: «Ich bin fast ins Koma gefallen, als ich den Strafbefehl las.» Karin Bertschi wurde wegen Begünstigung und falschem Zeugnis zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen und einer Busse von 3000 Franken verurteilt. Insgesamt kostete sie das Verfahren 5110 Franken.
Eine hohe Strafe. Gesetzgeber und Justiz sind gnadenlos, wenn jemand eine Falschaussage macht. Und es deutet nichts darauf hin, dass Karin Bertschi (heute 26) als angehende SVP-Grossrätin von der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm mit Samthandschuhen angepackt wurde. Die Wynentalerin hat das Urteil akzeptiert. «Der Strafbefehl ist rechtskräftig», bestätigt Fiona Strebel, Sprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft.
Damit die Persönlichkeitsrechte des Opfers nicht verletzt werden, kann die AZ die Geschichte nur sehr vereinfacht wiedergeben. Es begann damit, das Karin Bertschi von einer Verwandten darauf aufmerksam gemacht wurde, dass jemand sehr schlecht über eine Drittperson redete. Karin Bertschi und diese Drittperson kennen sich – eine nicht sehr nahe Bekanntschaft. Karin Bertschi machte sie auf das Gerede aufmerksam.
Ein Strafverfahren kam in Gang. Gegen den «jemand», der am Anfang der Ehrverletzungskette stand. «Ich selber war in dieses Verfahren nicht als Beschuldigte involviert, sondern als Zeugin», erklärt Bertschi. Sie wurde dann auf den Polizeiposten vorgeladen und dort einvernommen.
«Im Zuge einer Einvernahme habe ich eine Verwandte geschützt, indem ich ihren Namen der Polizei gegenüber verschwiegen habe. Sie hat mir diese Information im guten Sinne, aber vertraulich weitergegeben – und als Quelle wollte ich meine Verwandte aus der Sache raushalten.
Unter Druck habe ich gesagt, ich wisse nicht, wer es war. Ich habe damals unterschätzt, was das für Konsequenzen haben kann. Heute würde ich anders vorgehen», erklärt Bertschi.
Warum hat sie den Namen ihrer Verwandten nicht preisgegeben? «Weil ich ihr das so versprochen hatte», erklärt die SVP-Grossrätin. Sie meint heute, sie hätte sich besser auf das Zeugnisverweigerungsrecht (man muss nahe Angehörige nicht belasten) berufen. Ob dies allerdings beim konkreten Verwandtschaftsgrad zur Anwendung gelangt wäre, ist allerdings unklar.
Bertschi musste im April 2015 ein weiteres Mal zur Polizei. Anlässlich dieser erneuten Einvernahme korrigierte sie ihre Aussagen und entschuldigte sich für die Falschaussagen. Danach hörte sie nichts mehr, auch nicht vom Staatsanwalt – bis der Strafbefehl ins Haus flatterte.
Die Grossrätin hat den SVP-Kantonalpräsidenten, den Fraktionschef und den Bezirksparteipräsidenten über ihre Verurteilung informiert.