Die Bilder aus Portugal schockieren. Mehr als sechzig Personen verloren ihr Leben, als der Wind einen schwelenden Waldbrand in Portugal anheizte . Ermöglicht wurde der Brand durch anhaltende Trockenheit. Ursache soll ein Blitz gewesen sein.
Auch in der Schweiz sind Waldbrände ein Problem. Dies zeigen Zahlen aus der Swissfire-Datenbank der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), die dieser Zeitung vorliegen. Im vergangenen Jahr fielen dem Feuer mehr als 463 Hektaren Wald zum Opfer. Das entspricht der Fläche von mehr als 300 Fussballfeldern. Seit dem Rekordjahr 2003 wurde nicht mehr so viel Wald durch Feuer vernichtet. Damals brannten allein in der Walliser Gemeinde Leuk 310 Hektaren.
Die Zahlen zeigen auch: Südlich der Alpen zerstören Feuer zwar eine grössere Fläche, die Anzahl der Brände ist aber im Norden höher. Im Jahr 2016 standen den 25 Feuern im Tessin und im Süden Graubündens 38 Brände in den Zentralalpen und weiter nördlich gegenüber. Bis April des laufenden Jahres registrierte der Bund bereits sechzehn Waldbrände. Betroffen waren 76 Hektaren.
Anhaltende Trockenheit und Nordwinde heizten Flammen im April in der Region Lago Maggiore und Gordola TI an. Ende Mai brannte der Wald in der Ruinaulta im Kanton Graubünden. Obwohl die Hauptsaison vorüber ist, könnten weitere Brände hinzukommen. Denn die Schweiz erlebt im Moment eine ausserordentliche Hitze und Trockenheit. Der Frühling war der drittwärmste seit Beginn der Messungen. Wegen der Hitze verdampft Regen schnell und die Böden trocknen aus. Das sind gute Bedingungen für Waldbrände. Punktueller Regenfall kann die Gefahr nicht aufheben, dafür bräuchte es regelmässigen Niederschlag.
Danach sieht es in nächster Zeit allerdings nicht aus. «Bis Ende Woche ist kein flächiger Niederschlag in Sicht», sagt Thomas Schlegel von Meteo Schweiz. «Falls es Niederschläge gibt, dann in Form von Schauern und Gewittern, also punktuell», sagt er. Die Böden seien trockener als normal. «Wenn es so weitergeht, rechne ich diesen Sommer mit Waldbränden in den gefährdeten Gebieten», sagt Marco Conedera. Er ist Forstingenieur am WSL und forscht zu Waldbränden.
Um die Feuer besser vorherzusagen, hat er zusammen mit anderen Forschern ein Warnsystem entwickelt. Sensoren im Boden messen die Feuchtigkeit in verschiedenen Tiefen. Sind die Böden zu trocken, schlagen die Förster Alarm. Italienische Behörden haben das System mit dem Namen «Fireless II» übernommen und in der Lombardei vier Messstationen aufgebaut. In der Schweiz gibt es neben Sensoren im Tessin erste Tests nördlich der Alpen. Doch ausgerechnet jetzt ist das System in der Schweiz nicht einsatzbereit. Die Sensoren werden erneuert.
Nun muss sich Conedera auf die Einschätzung von Förstern verlassen, welche die Böden in mühsamer Handarbeit untersuchen. Doch Conedera beruhigt: «Ein erfahrener Förster kann die Gefahren fast so gut voraussagen wie ein Sensor.» Trockenes Brennmaterial und warmes Wetter führen an sich noch zu keinen Waldbränden. In den wenigsten Fällen entfacht die Natur das Feuer selber. Etwa wenn während eines Gewitters ein Blitz in einen Baum einschlägt. Diese Ursache wird zurzeit beim Brand in Portugal vermutet. Besonders Fichten sind geeignet, einen Brand auszulösen. Unter dem dichten Nadelkleid bleibt die Nadelstreu am Boden trocken. Der Ursache Nummer eins ist aber immer noch der Mensch. Manchmal springt der Funken von Hochspannungsleitungen über. Häufige Ursache von Bränden sind aber nicht richtig gelöschte Grillfeuer oder achtlos weggeworfene Zigarettenstummel.
«Ich wäre froh, wenn die Menschen im Wald mit Feuer vorsichtiger umgehen würden», sagt der Zürcher Feuerwehrkommandant Peter Wullschleger. Er ist Präsident der Vereinigung der Schweizerischen Berufsfeuerwehren. Waldbrände sind ein Szenario, auf das sich die Feuerwehren vorbereiten. Wenn es weiter so heiss ist, könnte es zum Ernstfall kommen. Das Tessin meldete gestern die Gefahrenstufe vier (grosse Gefahr) für die meisten Gebiete. In Teilen des Wallis und Graubünden gilt erhebliche Gefahr.