Der Krieg gegen die Drogen ist verloren: Der Konsum geht nicht zurück und die Massnahmen greifen nicht. Das ist die nüchterne Bilanz, die die Nationale Arbeitsgemeinschaft Suchtpolitik NAS in ihrem neuen Positionspapier zieht. Deshalb sind sich die Mitglieder der NAS einig: Die Schweizer Drogenpolitik braucht neue Ansätze und neue Lösungen – Lösungen, die weder die totale Liberalisierung aller Drogen, noch absolute Verbote fordern, sondern Lösungen, die irgendwo dazwischen liegen.
Die Grundposition der NAS ist eindeutig: Eine repressive Drogenpolitik schadet der Gesellschaft und nützt nur Dealern und kriminellen Organisationen. Und Repression ist teuer: In der Schweiz fliessen 65 Prozent der Ausgaben in Massnahmen in den Bereichen Justiz und Polizei. Diese Gelder könnten für Aufklärung und Prävention eingesetzt werden.
Deshalb fordert die NAS, dass ein Umdenken stattfindet und die Diskussion über die Reglementierung psychoaktiver Substanzen neu lanciert wird. Der Zeitpunkt dazu ist günstig, denn in der internationalen Drogenpolitik bewegt sich viel: So haben die US-Bundesstaaten Colorado und Washington Cannabis Anfang Jahr legalisiert, ebenso Uruguay. In Spanien gibt es «Social Clubs», in denen geprüftes Cannabis legal erworben werden kann.
Noch hinkt die Schweiz hinterher. Die Drogenpolitik beruht auf politischen Aushandlungsprozessen, kulturellen Wertvorstellungen und historischen Entwicklungen. Das ist falsch, sagt die NAS. Statt sich am rechtlichen Status von Substanzen zu orientieren, solle die Schweizer Drogenpolitik dem jeweiligen Schadenspotenzial von Rauschmitteln (siehe Box) orientieren. Das bedeutet aber, dass nicht nur über die Reglementierung psychoaktiver Substanzen gesprochen werden soll, sondern auch über den gesetzlichen Status von Alkohol.
«Alkohol ist die am weitesten verbreitete Substanz in der Schweiz», sagt Petra Baumberger vom Fachverband Sucht. «Und gleichzeitig diejenige mit dem grössten Schadenspotenzial». Baumberger fordert deshalb eine Diskussion darüber, ob Alkohol nicht stärker reglementiert werden müsste. «Beispielsweise ob die Steuern auf Alkohol erhöht werden müssten und es einen Mindestpreis für Getränke braucht.»
Doch damit läuft der Fachverband Sucht gegen eine Wand. «Für die Bevölkerung ist Alkohol eine heilige Kuh und auch im Parlament weht der Wind in eine völlig andere Richtung», sagt Baumberger. Die Politik beschäftige sich eher damit, die Schweizer Produktion zu fördern, als den Schaden, den Alkohol sowohl wirtschaftlich, sozial als auch gesundheitlich anrichte, zu begrenzen. «Noch verschliesst das Parlament in dieser Hinsicht Augen und Ohren.»
Das Überdenken des rechtlichen Status von Alkohol ist das eine. Das Umdenken im Umgang mit psychoaktiven Substanzen das andere. Denn die Kriminalisierung ist gefährlich. Weil die Konsumierenden auf den Schwarzmarkt angewiesen sind, kann die Qualität der Substanzen nicht überprüft werden. «Cannabis kann mit Blei und Pestiziden versetzt sein», sagt Thilo Beck, Chef Psychiatrie der Arud Zentren für Suchtmedizin. Ausserdem ist Prävention in einem illegalen Markt kaum durchführbar.
Diese Argumente sind nicht neu, stiessen aber bisher auf wenig Beachtung – weder in der Bevölkerung noch im Parlament. Eine Cannabis-Legalisierung wurde 2008 vom Volk entschieden abgelehnt, Repression stösst weiterhin auf Zustimmung.
Bis jetzt: Langsam bewegt sich in der Drogenpolitik etwas. Die grössten Schweizer Städte erinnern sich an ihre Pionierfunktion, die der Schweiz international eine Vorreiterrolle beschaffte (Stichwort kontrollierte Heroin-Abgabe), und leiten erste Schritte ein: So prüfen Genf, Winterthur, Zürich, Bern und Basel das spanische Modell der Kiffer-Clubs und derzeit berät die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen das Regulationsmodell des Drogenexperten Thomas Kessler.
Das sind Schritte in die richtige Richtung. Zum einen muss der Bund rechtliche Flexibilität gewährleisten und zum anderen müssen die Städte ihre Handlungsspielräume ausloten. «Es braucht solche Pilot-Projekte wie in Genf», sagt Marina Carobbio, Tessiner Nationalrätin und Mitglied der NAS. Projekte, die Alternativen zum totalen Verbot psychoaktiver Substanzen seriös prüfen.
Was ich auch nicht verstehen kann ist wie es legal sein kann sich volllaufen zu lassen danach rumpöbeln und schlussendlich noch in der Ausnüchterungszelle zu landen, aber illegal ist auf der Strasse einen Joint zu rauchen und schlimmstenfalls einzupennen.