Fälle von radikalen Predigern, die Handschlag-Verweigerer in Therwil oder reiche Moschee-Gönner aus dem Nahen Osten bringen Schweizer Moscheen und den Islam im Allgemeinen immer wieder in die Schlagzeilen. So wurde erst kürzlich publik, dass ein Imam in Biel in seinen Predigten für die Vernichtung aller Feinde des Islams betete.
Politiker, Islam-Kenner und -Kritiker stellten diesbezüglich bereits die verschiedensten Forderungen. Die folgenden Personen prägen die Islam-Debatte besonders. Das taugen ihre Initiativen auf einer Skala von 1 bis 10.
Im Kanton Tessin gilt seit dem 1. Juli 2016 ein sogenanntes Verhüllungsverbot. Damit dürfen die Vollverschleierung (Burka) oder Gesichtsschleier (Niqab), die nur die Augen freilassen, im Tessin nicht mehr im öffentlichen Raum getragen werden.
Der algerisch-französische Unternehmer Rachid Nekkaz übernimmt seither die Kosten für alle erwischten Burkaträgerinnen. Nekkaz begleicht auch die Bussen, die sich vollverschleierte Frauen in Frankreich und Belgien einhandeln.
Die Übernahme der Bussen ändert nichts am Status quo: Das Verhüllungsverbot bleibt im Gesetzt verankert. Ausserdem haben die Stimmberechtigten über die Regelung entschieden. Man könnte Nekkaz deshalb auch das Missachten der Demokratie vorwerfen.
Besser wäre es deshalb, auf politischem Weg gegen das Verbot anzukämpfen. Nekkaz hat politische Ambitionen und hat schon zwei Mal für die französische Präsidentschaft kandidiert, 2014 wollte er zudem Präsident Algeriens werden. Es ist es unklar, inwiefern Nekkaz mit seiner Gönner-Aktion eigene Ziele verfolgt.
Die Initianten des Egerkinger Komitees um SVP-Nationalrat Walter Wobmann lancierten die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» (inoffiziell: Burka-Initiative) mit viel Getöse: Sie warben dafür im März 2016 auf dem Bundesplatz, ein Mitglied der Jungen SVP trug dabei die Attrappe eines Sprengstoffgürtels auf sich.
Die Unterschriftensammlung verlief bisher schleppend. Die Sammelfrist läuft am 15. September 2017 ab.
Die Zahl der Burkaträgerinnen in der Schweiz ist verschwindend klein. Der Staat hat zwar die Pflicht, dafür zu sorgen, dass keine Frau von der Familie oder anderen Personen dazu gezwungen wird, sich zu verschleiern.
Ein Verbot ist aber kein Schritt für mehr Frauenrechte. Verschleierte Frauen werden durch Verbote im Alltag ausgegrenzt und sind in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt. Es geht den Initianten um reine Symbolpolitik, denn die Probleme mit dem radikalen Islam lassen sich damit nicht lösen.
Der ehemalige Pfarrer Johannes Czwalina ist bekannt dafür, dass er Bussen für orthodoxe Muslime bezahlt, die ihre Kinder nicht in den Schwimmunterricht schicken.
Als im Januar 2017 unter strenggläubigen Muslimen der Ruf nach einer eigenen Privatschule laut wurde, sprach er sich in der «Schweiz am Sonntag» für solche Schulen aus.
Bei moderaten Muslimen ist das Interesse an eigenen Schulen gering. Durch die Trennung von Schülern in konfessionellen Privatschulen droht die Gefahr einer Parallelgesellschaft. Deshalb: zu vermeiden.
Für Islamexpertin Saïda Keller-Messahli wird in der Schweiz zu wenig gegen radikale Prediger unternommen. Die Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam plädiert unter anderem für eine Bewilligungspflicht für Moscheen und Imame.
Imame und islamische Seelsorger in der Schweiz sollten in einem öffentlichen Register geführt werden. Es brauche eine amtliche Bewilligung zur Ausübung dieser Funktion: «So wie ein Arzt nur mit einer Zulassung praktizieren kann, sollten auch Prediger geprüft werden», sagte Keller-Messahli in der NZZ.
Eine gewisse Überprüfung der Imame ist sicher nützlich und vertretbar. Jedoch sollte diese Überprüfung durch die muslimische Gemeinschaft erfolgen und nicht durch die Behörden. Eine Selbstregulierung ist hier wichtig, damit keine Diskriminierung stattfindet. Ausserdem sollten für Vertreter aller Glaubensrichtungen dieselben Regeln gelten.
Der Berner SP-Politiker Mohamed Hamdaou hat vor, dem Grossrat bei seinem nächsten Zusammentreffen Anfang September seine Idee eines Qualitätssiegels für Moscheen zu unterbreiten.
Hamdaou erklärt auf Anfrage von watson, das ihm vorschwebende Label solle diejenigen Moscheen auszeichnen, die ihre Finanzen offenlegen, deren Imame den Rechtsstaat respektieren und mindestens eine Landessprache beherrschen. Die Verantwortlichen müssten dafür eine entsprechende Charta unterzeichnen.
Mit einem Qualitätssiegel wären einige Menschen Moscheen gegenüber weniger misstrauisch eingestellt. Auch Muslime könnten einfach überprüfen, welche Moschee sie besuchen können, ohne schlimmstenfalls salafistischen Predigen ausgesetzt zu sein. Allenfalls wäre zu bemängeln, dass nichtunterzeichnende Moscheen unter Generalverdacht gestellt würden.
«Tages-Anzeiger»-Journalist Kurt Pelda (ehemals SRF und «Weltwoche») gilt als Kenner der Schweizer Islamisten-Szene. Er forderte wiederholt die Schliessung radikaler Gotteshäuser und das Verbot von Organisationen wie dem Islamischen Zentralrat Schweiz (IZRS).
Klar ist: Werden Moscheen geschlossen, wechseln die radikalen Imame oder «IS»-Rekrutierer den Standort – ein wirkliches Ende ihrer Tätigkeit wird mit der Schliessung nicht gesetzt.
Dennoch: Eine Schliessung ist wichtig. Erstens wird damit ein klares Zeichen gegen Radikalismus gesetzt, zweitens werden die Machenschaften der Extremisten damit monatelang gestört. Verbietet man jedoch den IZRS, nimmt man das Risiko in Kauf, dass sich dessen Mitglieder weiterhin treffen – dann jedoch ausserhalb des Sichtfeldes der Behörden.
Der Zürcher Sicherheitsdirektor und SP-Politiker Mario Fehr war einer der ersten Politiker, der offensiv gegen die Koran-Verteil-Organisation «Lies!» vorging: Aufgrund eines externen Gutachtens empfahl die Sicherheitsdirektion im Mai 2017 den Städten und Gemeinden im Kanton, künftige Koran-Verteilaktionen der «Lies!»-Kampagne nicht mehr zuzulassen.
«Lies!» steht seit langem im Verdacht, junge Leute für den Dschihad anzuwerben. Ein wesentlicher Anteil derjenigen Schweizer, die in den Dschihad in Syrien und Irak ziehen wollten oder das getan haben, haben einen Bezug zur Organisation.
Da es unbestritten ist, dass mehrere Schweizer Extremisten einen Bezug zu «Lies!» haben, ist die Empfehlung vertretbar. Es darf nicht sein, dass Extremisten auf öffentlichem Grund für ihre Ansichten werben und staatsgefährdende Aktionen durchführen. Hier eine klare Grenze zu setzen ist wichtig.
Fraglich ist jedoch, was das tatsächlich bewirken wird: Die Extremisten werden einen anderen Weg finden, um junge Leute von ihrer Ideologie zu überzeugen.
FDP-Nationalrätin Doris Fiala verlangt in einer noch hängigen Motion, dass mit Geld aus dem Ausland unterstützte islamische Vereine im Handelsregister eingetragen werden müssen. Ihr Ziel ist es, Klarheit in die Finanzierung von Moscheen und muslimischen Organisationen zu bringen.
Derzeit haben die Behörden keinen Einblick in die Finanztransaktionen von Moscheen, muslimischen Verbände oder Stiftungen, weil diese dem Privatrecht unterstehen.
Immer wieder tauchen Länder wie Saudi-Arabien, Kuwait oder die Türkei als Financiers von Moscheen in der Schweiz auf. Durch solche Verbindungen kann eine gefährliche Abhängigkeit entstehen. So könnten die Geldgeber hierzulande eine fundamentalistische Form des Islam etablieren wollen. Die Finanzierung der Gotteshäuser deshalb transparenter zu machen, erscheint verhältnismässig.