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Trotz Arbeit arm: In der Schweiz leben 145'000 Working Poor

Trotz Arbeit arm: In der Schweiz leben 145'000 Working Poor

15.05.2017, 12:0815.05.2017, 12:19
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ZUR CARITAS-STUDIE UEBER ARMUT UND ALLEINERZIEHENDE STELELN WIR IHNEN AM FREITAG, 12. JUNI 2015, FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG - Eine Kundin sucht Aepfel aus, am Montag, 6. September 2010 im Car ...
Sieben Prozent der Schweizer Bevölkerung sind arm.Bild: KEYSTONE

In der Schweiz sind im Jahr 2015 rund 570'000 Menschen von Einkommensarmut betroffen gewesen. Gegenüber dem Vorjahr nahm die Armut gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) leicht zu. Im europäischen Vergleich steht die Schweiz noch gut da.

Von Einkommensarmut betroffen waren 7.0 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in Privathaushalten, wie das BFS am Montag bekannt gab. Im Jahr zuvor waren es rund 530'000 Menschen oder 6.6 Prozent gewesen.

Besondere Risikogruppen waren wie in den Vorjahren Menschen in Haushalten ohne Erwerbstätige mit einer Armutsquote von 18.2 Prozent. Bei alleinlebenden Erwachsenen im Erwerbsalter sowie bei Menschen in Einelternhaushalten mit Kindern unter 18 Jahren habe die Armutsquote je 12.5 Prozent betragen, bei Menschen ohne nachobligatorische Schulbildung 10.9 Prozent.

Zudem sei auch die Armutsquote der Ausländerinnen und Ausländer aussereuropäischer Herkunft mit 11.7 Prozent deutlich höher als jene der Gesamtbevölkerung, schreibt das BFS weiter.

Eine überdurchschnittlich hohe Armutsquote von 13.9 Prozent hätten auch Menschen ab 65 Jahren aufgewiesen; wenn sie alleine leben, habe die Armutsquote sogar bei 22.8 Prozent gelegen.

Gerade Menschen im AHV-Alter würden aber häufiger auf ihr Vermögen zurückgreifen, um die laufenden Ausgaben zu bestreiten. Entsprechend seien sie deutlich seltener von materiellen Entbehrungen betroffen als die übrigen Altersgruppe.

So seien beispielsweise lediglich 1.9 Prozent der Menschen im Rentenalter nicht in der Lage gewesen, alle Rechnungen pünktlich zu bezahlen. Bei den 18- bis 64-Jährigen dagegen sei dies bei 9.3 Prozent der Fall gewesen.

145'000 sind trotz Erwerbsarbeit arm

Die Armutsquote der erwerbstätigen Bevölkerung lag laut BFS mit 3.9 Prozent zwar markant tiefer als die Armutsquote der nicht erwerbstätigen Menschen ab 18 Jahren (13.6 Prozent). Dennoch seien 2015 rund 145'000 Erwerbstätige von Armut betroffen gewesen.

Insgesamt lebten rund 238'000 Armutsbetroffene in Haushalten mit mindestens einer erwerbstätigen Person. Darunter waren knapp 49'000 Kinder unter 18 Jahren, wie das BFS weiter schreibt.

Im europäischen Vergleich sei die Schweiz weiterhin gut platziert. So sei die international gebräuchliche Armutsgefährdungsquote in der Schweiz mit 15.6 Prozent weiterhin unter dem Durchschnitt der EU von 17.3 Prozent gelegen.

Hinsichtlich der materiellen Versorgung gehöre die Schweiz zu den bestplatzierten Ländern Europas. Ihre Quote der materiellen Entbehrung, die als finanziell bedingter Mangel in drei von neun Lebensbereichen definiert sei, habe 2015 wie im Vorjahr 4.6 Prozent betragen. Im europäischen Durchschnitt habe sie dagegen bei 17.0 Prozent gelegen.

Caritas: erschreckende Zahlen

Das Hilfswerk Caritas spricht von zwar nicht neuen, aber erschreckenden Zahlen. Eine kohärente Armutspolitik sei dringlich. Es gelte auf allen Ebenen Armut aktiv zu bekämpfen und zu verhindern, teilte Caritas mit.

Mit dem nationalen Programm gegen Armut habe der Bund 2013 den Handlungsbedarf im Bereich der Armutsbekämpfung erkannt. Gerade in Kantonen und Gemeinden seien aber mit dem Argument des Spardrucks in den letzten Jahren häufig Leistungen und Armutsbekämpfung und -prävention gekürzt. (sda)

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Matthias Studer
15.05.2017 13:02registriert Februar 2014
Es ist kein Geheimnis, die Schweizer Politik kümmert sich nicht um Armut. Da können noch so viele Statistiken erstellt werden mit Trend zum negativen.

Hast du einmal Schulden, kommen Gebühren, Mahnkosten und Verzögerungskosten usw. hinzu, dass es noch schwerer wird, herauszukommen.

Am Schluss erhält man ein Schuldbrief, der keinen weiter hilft. Denn auch ohne Schuldbrief hat man schon ein mehrfaches bezahlt.

Hat man aber Geld, geht es vor allem darum, Schulden zu machen um weniger Steuern zu zahlen.

Verkehrte Welt.
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Kreasty
15.05.2017 15:19registriert Mai 2016
Globalisierung, Outsourcing, Lohndumping und Geiz sind zum Teil ausschlaggebend dass immer mehr Menschen und Berufsbereiche in dieses Niveau reindriften.
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