Jetzt ist die Bodluv-Affäre (die bodengestützte Luftverteidigung) um ein Kapitel reicher. Diesmal geht es um eine Untersuchung, die die Armeespitze unter dem Deckel gehalten hat. In deren Fokus stand der Kommandant der Luftwaffe, Aldo Schellenberg. Ihm wurde vorgeworfen, er habe militärisch wichtige Informationen an Dritte weitergegeben.
«Korpskommandant André Blattmann erteilte am 16. November 2016 den entsprechenden Untersuchungsbefehl für eine vorläufige Beweisaufnahme», sagte der Sprecher der Militärjustiz, Tobias Kühne, gegenüber dem «Tages-Anzeiger», der den Fall recherchiert hat.
Gestern Mittwoch wurde die Beweisaufnahme nun bereits wieder eingestellt, weil die Militärjustiz kein fehlbares Verhalten festgestellt hat.
Schellenberg ist in der Bodluv-Affäre kein unbeschriebenes Blatt. Gemäss vertraulichen Papieren, die an die Medien gelangten, erfüllten die beiden evaluierten Raketen die Voraussetzungen nicht. Konkret kritisierte die Evaluationsgruppe, die Infrarot-gestützte Lenkwaffe IRIS-T sei bei schlechtem Wetter nicht einsatzfähig und das radargelenkte Modell CAMM-ER verfüge nicht über die notwendige Reichweite. Aber mit beiden Systemen zusammen würden die Anforderungen erfüllt. Die Projektgruppe beantragte also den Kauf von beiden Systemen. Mit der Unterstützung von Schellenberg, Vorsitzender des Projektausschusses.
Wie der «Tages-Anzeiger» im Frühling berichtete, hatte der Luftwaffenchef und Vorsitzende des Bodluv-Projektausschusses das Projekt Ende Februar in einer armeeinternen Aktennotiz zuhanden von Armeechef André Blattmann viel positiver dargestellt, als es sich in Wahrheit verhielt.
Auch die Warnung des Bodluv-Projektteams vor dem finanziellen Risiko, das durch die Beschaffung von zwei Waffensystemen statt einem entstehe, sei verschwiegen worden.
Im Kampf für sein Anliegen soll Schellenberg versucht haben, den Bodluv-Kritiker und pensionierten Oberstleutnant im Generalstab Roger Harr am Telefon davon zu überzeugen. Dies machte der «Tages Anzeiger» im Juni publik. Inwiefern der Kommandant dabei geheime Informationen weitergegeben hat, ist unklar.
Schellenberg ist der vorerst letzte Fall, der auf Indiskretionen untersucht wurde. Am 15. April leitete die Armeespitze die ersten Beweisaufnahmen ein, weil die Medien vertrauliche Informationen publik gemacht hatten. Zur Erinnerung: Bundesrat Guy Parmelin hatte das Projekt nach den zahlreichen Medienberichten sistiert.
Ende September stellte die Armee die Untersuchungen ergebnislos ein. Keiner Person konnte eine Verletzung von Dienstgeheimnissen nachgewiesen werden. Das teilte sie damals auch der Öffentlichkeit mit. Verschwiegen hat sie hingegen, dass sie als direkte Folge ein zweites Verfahren eröffnete – die vorläufige Beweisaufnahme gegen Schellenberg.
Der Ball im Fall Schellenberg liegt wieder bei Blattmann oder bei seinem Nachfolger – Blattmann übergibt im neuen Jahr an Philippe Rebord. Beide können den Fall ruhen lassen oder eine Voruntersuchung einleiten.
(rwy)
Ein standartprozess wird zum eklat damit man clickbaiting erzeugt
Bei solch guten Projektleiter geht mir nun ein Licht auf!