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«Befehlsverweigerung» der Regierung: Räte beharren auf 5 Milliarden jährlich für die Armee

«Befehlsverweigerung» der Regierung: Räte beharren auf 5 Milliarden jährlich für die Armee

20.09.2016, 11:4020.09.2016, 11:51
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Das Parlament bleibt dabei: Die Armee soll künftig 5 Milliarden Franken pro Jahr ausgeben dürfen. Nach der kleinen Kammer hat am Dienstag auch der Nationalrat den vom Bundesrat beantragten tieferen Betrag abgelehnt.

Mit Hinweis auf die Sparanstrengungen des Bundes und den Mangel an beschaffungsreifen Rüstungsgütern hatte die Regierung dem Parlament für die Jahre 2017 bis 2020 einen Zahlungsrahmen von 18.8 Milliarden Franken vorgeschlagen. Die Räte haben sich im Rahmen der Armeereform WEA inzwischen aber bereits verbindlich auf 20 Milliarden Franken geeinigt.

Kommissionssprecher Thomas Hurter (SVP/SH) warf der Regierung «Befehlsverweigerung» vor. Er erinnerte daran, dass die Armee über Jahre von ihren Reserven gelebt habe. In der Folge seien Lücken entstanden. Für die künftigen Beschaffungen brauche die Armee Planungssicherheit, sagte Hurter.

Thomas Hurter (SVP-SH) spricht waehrend der Debatte um das Ruestungsprogramm im Nationalrat, waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 15. Dezember 2015 in Bern. (KEYSTONE/Pe ...
Thomas Hurter fordert Gehorsam von der Regierung.Bild: KEYSTONE

20 Milliarden – wofür?

Eine linke Minderheit machte sich vergeblich für den tieferen Betrag stark. Chantal Galladé (SP/ZH) wollte vom Bundesrat zuerst eine Erklärung, was mit 20 Milliarden Franken überhaupt gekauft werden soll. Heute könne niemand sagen, wofür die Armee so viel Geld ausgeben wolle, sagte Galladé. Doch auch sie konnte sich nicht durchsetzen.

Der Ständerat war in der Sommersession gar nicht auf die Vorlage des Bundesrats eingetreten. Mit 128 zu 61 Stimmen hat der Nationalrat nun den gleichen Entscheid gefällt.

Der Bundesrat hatte allerdings nicht an seiner Vorlage festgehalten. Projekte, die er dem Parlament vorgelegt habe, könne er jedoch nicht mehr zurückziehen, erklärte Verteidigungsminister Guy Parmelin.

Trotz des Zahlungsrahmens müssen die konkreten jährlichen Ausgaben mit dem jeweiligen Budget beschlossen werden. In der Version der Räte dürfen nicht verwendete Mittel aber von einem Jahr auf das nächste übertragen werden.

Minenwerfer statt Cybersoldaten

Dem Rüstungsprogramm 2016 stimmte der Nationalrat mit 135 zu 37 Stimmen bei 15 Enthaltungen zu. Damit kann die Armee Waffen, Fahrzeuge und Material im Wert von 1.34 Milliarden Franken kaufen. Umstritten war einzig die Beschaffung des neuen 12-cm-Mörsers.

Die geheime Einkaufsliste des Militärs

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Die geheime Einkaufsliste des Militärs
Ein vertrauliches VBS-Dokument zeigt die Beschaffungspläne des Militärs für 2015–2020. Unter anderem soll in diesem Zeitraum ein 12-cm-Mörser-System der Ruag (Illustration) für 350 Millionen Franken angeschafft werden.
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Mit einem Preis von 404 Millionen Franken handelt es sich um den grössten Posten im Rüstungsprogramm. Die 32 Geschütze sollen die Lücke schliessen, die mit der Ausserdienststellung der 12-cm-Minenwerferpanzer im Jahr 2009 entstanden ist.

Wie viel würdest du der Armee jährlich zugestehen?

Nach Ansicht der Linken sind solche Waffen den aktuellen Bedrohungen nicht angemessen. Es sei kaum zu erwarten, dass die Schweiz direkt militärisch angegriffen werde, sagte Lisa Mazzone (Grüne/GE).

Nach Ansicht von Priska Seiler Graf (SP/ZH) entspricht der Mörser einem «völlig veralteten Kriegsbild». Die wahren Bedrohungen seien heute Cyberangriffe oder Terrorismus. «Darauf müssen wir Antworten finden», sagte Seiler Graf.

Mehr Feuerkraft

Die Mehrheit war anderer Meinung: Die Armee brauche verschiedene Fähigkeiten, sagte GLP-Sprecher Beat Flach (AG). Jakob Büchler (CVP/SG) betonte, dass mit den Waffen die Feuerkraft der Armee gestärkt werde.

Die Wiedereinführung des Steilfeuers ermögliche die gezielte Unterstützung der Kampftruppen, erklärte Werner Salzmann (SVP/BE). Die Befürworter setzten sich mit 135 zu 52 Stimmen durch.

In welchem Bereich fehlt der Armee Feuerkraft?

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bild: watson/obi
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Die weiteren Rüstungsvorhaben stiessen auf keinerlei Widerstand. Für Lastwagen und Anhänger sollen 314 Millionen Franken ausgegeben werden, für schultergestützte Mehrzweckwaffen 256 Millionen.

Für 91 Millionen Franken werden Radar-Komponenten für das Luftraumüberwachungssystem Florako gekauft. 49 Millionen Franken sind für 14 neue Patrouillenboote vorgesehen. Diese sollen Boote ablösen, die 1982 beschafft wurden.

Florako-Radarsystem auf dem Pilatus.
Florako-Radarsystem auf dem Pilatus.Bild: WikiCommons/Schutz

Geld für Rechenzentrum Frauenfeld

Der Nationalrat genehmigte auch den Kauf von Ersatzmaterial für die F/A-18-Kampfflugzeuge. Dafür sind 127 Millionen Franken budgetiert. Die Ersatzteile werden benötigt, weil die F/A-18 nach dem Volks-Nein zum Gripen-Kauf mehr genutzt werden.

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28. September 2016: Ein Helikopter der Schweizer Armee stürzt beim Gotthard ab. Zwei Piloten kommen ums Leben, eine Person wird verletzt.
quelle: epa/keystone / ti-press / samuel golay
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Oppositionslos hiess der Nationalrat auch das Immobilienprogramm des Verteidigungsdepartements für das Jahr 2016 gut. Der Bundesrat beantragte dafür einen Gesamtkredit von 572 Millionen Franken.

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Unter anderem sind für den Neubau eines Rechenzentrums in Frauenfeld 150 Millionen Franken vorgesehen. Für die Gesamtsanierung und den Neubau des Waffenplatzes Frauenfeld sind 121 Millionen Franken eingeplant.

(phi/sda)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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x4253
20.09.2016 13:04registriert Juli 2016
Wohlmöglich irre ich mich auch, da ich die Dossiers nicht im Detail kenne, aber meiner Meinung nach fehlt eine klare Strategie und ein klarer Plan was die Schweizer Armee sein soll.

Rechts möchte man eine mächtige Streitkraft wie zu Zeiten des kalten Kriegs: Teuer und protzig!
Links einen massiv aufgemöbelten Zivilschutz.

Mann trifft sich in der Mitte und erhält einen Mutanten: Einen teuren, bewaffneten Zivilschutz.

Vielleicht sollte die Armee bzw. die Regierung (Exekutive & Legislative) grundsätzlich über die Bücher.
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Tooto
20.09.2016 12:57registriert Mai 2016
Das die Armee kostet ist ja klar. Trotzdem ist sehr viel Sparpotential da. Dass man sämtliche Munition verschiessen & Benzin verbrennen muss um im Folgejahr das selbe Budget wieder zu kriegen, ist einfach gesagt nur pervers!
Das ständige Jammern was mit unseren Steuergeldern gemacht wird geht mir auf den Sack, so lange wir noch solche Zustände haben.
Das hat nichts mit Militär abschaffen oder so zu tun, sondern damit, Ressourcen sinnvoll zu nutzen.
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saukaibli
20.09.2016 12:26registriert Februar 2014
Uff, da müssen unsere Soldaten aber wieder viel Munition verschiessen und viel Diesel verbrennen, sonst bringt unsere "beste Armee der Welt" (kann dass kaum schreiben ohne einen Lachanfall zu kriegen) das Geld nie durch. Oder brauchen die das, weil so viel Material gestohlen wird? Im Ernst, ich habe ja nichts gegen eine starke Armee, aber unser Milizmilitär ist einfach nur eine Lachnummer, da kann man noch so viel Kohle reinbuttern.
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Luka Popadić ist Filmemacher und Offizier in der Schweizer Armee. Er würde sein Leben für die Schweiz geben. Aber er prangert auch ihre Missstände – die er als serbischer Secondo sieht – an. In seinem neuen Film behandelt er genau diesen Zwiespalt.

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