Er sollte in aller Stille von sich gehen: der Transport von 20 Kilogramm hochangereichertem Plutonium aus der Schweiz in die USA. Nicht einmal der Bundesrat wusste darüber Bescheid. Erst als die «Schweiz am Sonntag» beim zuständigen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung nachfragte, warum der Transport geheim gehalten werde, wurde der Gesamtbundesrat kurzfristig darüber informiert.
Die Aktion löste Erstaunen aus, bei Experten ebenso wie bei Politikern. Stefan Füglister, Atomspezialist von Greenpeace, sagte gegenüber der «Schweiz am Sonntag», dass die Menge Plutonium für vier Atombomben ausgereicht hätte. Die Schweiz habe während 50 Jahren Atombombenmaterial besessen. Die Grünenpolitiker Balthasar Glättli (ZH) und Regula Rytz (BE) nutzten die gestrige Fragestunde des Nationalrates, um von Bundesrat Johann Schneider-Ammann mehr zu den Hintergründen des Atomtransportes zu erfahren.
Schneider-Ammann bestritt, dass der Bundesrat nichts vom Transport gewusst habe. Er habe nämlich im Mai 2014 selbst beschlossen, das Plutoniumlager im Paul-Scherrer-Institut in Villigen aufzulösen und das Material in die USA zu überführen.
Aus Sicherheitsgründen seien möglichst wenig Personen über den konkreten Ablauf des Transports informiert gewesen. Aber der Gesamtbundesrat hätte im Nachhinein darüber informiert werden sollen. Wegen der Medienanfrage sei das früher als geplant geschehen.
Die 20 Kilogramm Plutonium stammen aus wiederaufbereiteten Brennstäben des Forschungsreaktors Diorit. Dieser wurde von 1960 bis 1977 vom damaligen Eidgenössischen Institut für Reaktorforschung betrieben. Das Plutonium stammt somit aus der Zeit, als die Schweiz eine Atombombe bauen wollte. Die Pläne dazu wurden 1988 offiziell aufgegeben.
Laut Schneider-Ammann hat die «veränderte Forschungslandschaft» 1988 den Ausschlag dafür gegeben, das Plutoniumlager aufzulösen. Seitdem habe es mehrere Initiativen gegeben, das Material an einem anderen sicheren Ort zu lagern, doch diese seien bis vor kurzem erfolglos geblieben. Im Rahmen des Atom-Gipfels, der 2014 in Den Haag stattgefunden hat, habe sich schliesslich eine Möglichkeit ergeben.
Das Ziel des Gipfels ist es, die nukleare Sicherheit zu erhöhen und waffenfähiges Material unter Kontrolle zu bringen, indem es an die USA oder Russland übergeben wird. Die USA habe der Schweiz angeboten, das Plutonium sicher zu lagern, sagte Schneider-Ammann. Den Bund koste die Überführung 10 Millionen Franken.
Für Glättli waren Schneider-Ammanns Ausführungen nicht konkret genug. Er will daher in der nächsten Fragestunde nachhaken.