Noch vor wenigen Jahren gehörten Radar-Warnungen zum Radio-Programm wie das Wetter oder die Sportmeldungen. Dann schob die Politik dieser Praxis jedoch einen Riegel. Seit Anfang 2013 gilt: Wer «öffentlich vor behördlichen Kontrollen im Strassenverkehr warnt», dem droht eine Busse. Die Massnahme ist Teil des Strassensicherheitspakets Via Sicura.
Das Verbot wird allerdings häufig geritzt. In eigens dafür eingerichteten Whatsapp- oder Facebook-Gruppen informieren sich Verkehrsteilnehmer über die Standorte von mobilen Blitzkästen. Die Gruppen zählen oft hunderte Mitglieder. Aufgenommen wird nur, wer von einem anderen Mitglied empfohlen wird.
Trotz dieser Vorsichtsmassnahmen bekommen die Strafverfolgungsbehörden immer wieder Wind von solchen Chats. Wie 20 Minuten berichtete, flog in der Ostschweiz unlängst die Whatsapp-Gruppe «Rennleitung» auf. Zahlreichen Mitgliedern flatterte daraufhin ein Strafbefehl ins Haus. Sie müssen eine Busse von 850 Franken bezahlen. Er finde dies «eine Schweinerei», liess sich ein Betroffener in der Zeitung zitieren.
Auch der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark hat kein Verständnis für die Bussenpraxis. In einer am Montag eingereichten Motion verlangt er, dass das Strassenverkehrsgesetz so geändert wird, dass Radar-Warnmeldungen in geschlossenen Gruppen – etwa per SMS, auf Whatsapp, Messenger, Facebook oder Snapchat – künftig legal sind.
«Es erinnert stark an Stasi-Methoden, wenn der Staat bei geschlossenen sozialen Gruppen mitlesen will, deren Ziel es ist, vor Gefahren des täglichen Lebens (Unfälle, Bussen etc.) zu warnen», begründet Imark seine Forderung. Sich «im Freundeskreis» über bestehende Radar- und Polizeikontrollen zu unterhalten, liege «in der persönlichen Freiheit des Menschen». Es komme einer Verschwendung der öffentlichen Ressourcen gleich, solche Gruppen zu kriminalisieren.
Stefan Krähenbühl, Sprecher der Verkehrssicherheitsstiftung RoadCross, warnt davor, die heutige Gesetzgebung aufzuweichen. «Das Verbot von Radar-Warnungen existiert aus gutem Grund», betont er. Geschwindigkeitskontrollen erfüllten einen präventiven Zweck, da man sich eher an die Geschwindigkeit halte, wenn man überall damit rechnen müsse, kontrolliert zu werden. «Dieser Effekt wird ausgehebelt, wenn die Verkehrsteilnehmer genau wissen, wo sie den Fuss vom Gas nehmen müssen.»
Wer einzelne Bekannte via Social Media über Radarfallen informiere, habe schon heute nichts zu befürchten. Öffentliche Warnungen seien hingegen zurecht verboten. «Ob man im Falle der Whatsapp-Gruppe aber bereits von Öffentlichkeit sprechen kann, müssen Juristen entscheiden.»
Wann eine solche Gruppe als öffentlich und die Warnung damit als strafbar taxiert wird, ist im Gesetz nicht näher definiert. Die St.Galler Staatsanwaltschaft gibt an, bei Gruppen ab 30 Personen «genauer hinzusehen».
(jbu)