Der Entscheid ist weitgehend – und die BDP hat ihn am Dienstag an ihrer Fraktionssitzung gefällt: Sie fordert via parlamentarische Initiative eine deutliche Erhöhung der Zahl der Unterschriften für Initiativen und Referenden. Für eine Initiative sollen neu nicht mehr 100'000 Unterschriften nötig sein, sondern zwischen 150'000 und 250'000. Und für Referenden nicht mehr 50'000, sondern zwischen 75'000 und 125'000. Die BDP will die Zahl an einen Automatismus koppeln: Heute sind knapp zwei Prozent der Stimmberechtigen nötig für eine Initiative und die 100'000 Unterschriften. Künftig hingegen, schlägt die BDP vor, soll es zwischen drei und fünf Prozent der Stimmberechtigten brauchen.
«In der Bevölkerung werden zunehmend Stimmen laut, die sich eine sinnvolle Reduktion der Abstimmungen wünschen», sagt BDP-Präsident Martin Landolt. «Heute befinden wir als Stimmbürger im Quartalsrhythmus über ein gutes Dutzend Vorlagen pro Jahr. Und wie sich am Swiss Economic Forum zeigte, machen sich offenbar auch die Unternehmer zunehmend Sorgen über die vielen Abstimmungen und die tiefen Hürden.» Für sie führe es zu einer zunehmenden Unberechenbarkeit des Standorts Schweiz, «wenn vierteljährlich die Erfolgsfaktoren unseres Landes zur Disposition gestellt werden», sagt Landolt.
Der BDP-Präsident betont, es gehe der Partei mit der Initiative nicht darum, die Volksrechte einzuschränken. «Im Gegenteil», sagt er. «Wir wollen sie schützen und nachhaltig sicherstellen.» Ein zu inflationärer Einsatz könne zur Schwächung der Rechte führen. «Wir müssen sorgfältig mit den Freiheiten umgehen, die wir haben. Sonst gefährden wir sie», sagt Martin Landolt. «Unsere Volksrechte sollen etwas Exklusives sein für uns, dem wir Respekt und Sorgfalt entgegenbringen.» Für ihn ist auch klar, das die BDP als kleine Partei eine «glaubwürdige und unverdächtige Absenderin» für diese Reformvorschläge ist. «Als kleine Partei profitiert die BDP bestimmt nicht von diesen Vorschlägen.»
Die Volksinitiative zur Teilrevision der Verfassung wurde auf Bundesebene erst 1891 eingeführt, obwohl die meisten Kantone dieses Instrument längst kannten. 1891 benötigte eine Volksinitiative 50'000 Unterschriften, was 7,6 Prozent der Stimmberechtigten entsprach. 1976 hingegen, nach der Einführung des Frauenstimmrechts von 1971, benötigte man für eine Initiative gemäss Historischem Lexikon der Schweiz nur noch gerade 1,3 Prozent der Stimmberechtigten. Deswegen wurde die Zahl der Unterschriften 1977 auf 100'000 verdoppelt, was damals einem Anteil von 2,6 Prozent entsprach. 2000 war ein Anteil von 2,1 Prozent nötig. Seither ist er unter 2 Prozent gesunken.
Die BDP schlägt vor, für die Zahl der Unterschriften einen Automatismus einzuführen. Alle fünf bis zehn Jahre soll der Bundesrat die Unterschriftenzahl für Initiativen und Referenden der Zahl der Stimmberechtigten anpassen. Die BDP regt dafür drei bis fünf Prozent der Stimmberechtigten an. «Einen solchen Automatismus kennt bereits der Kanton Genf – bei vier Prozent», sagt Landolt. «Und sollte dereinst beispielsweise Ausländerstimmrecht oder Stimmrechtsalter 16 eingeführt werden, würde dies der Automatismus bei Initiativen und Referenden auffangen.»
Mit der Online-Plattform wecollect.ch steht das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden inzwischen vor einer neuen Dimension. Über E-Collecting wollen Organisationen und Parteien aus dem linken Spektrum innerhalb von kurzer Zeit 50'000 oder 100'000 Unterschriften für Referenden und Initiativen sammeln. Zurzeit existieren auf wecollect.ch Sammlungen für die Vaterschaftsurlaubs-Initiative (21'619 Unterschriften), die Transparenz-Initiative (7972 Unterschriften), die Wohninitiative (19'654 Unterschriften) und für das Büpf-Referendum (3310 Unterschriften).
«Ich begrüsse die Digitalisierung sehr», sagt Landolt. «Sie wird dazu führen, dass auch 250'000 Unterschriften für eine Initiative eine absolut machbare Hürde sein können.» Und sollte die Digitalisierung sehr stark greifen, findet er, «könnte der Prozentsatz beim Automatismus sogar erhöht werden».
Zurzeit beschäftigen sich die staatspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat mit dem Reformbedarf, den sie bei Initiativen sehen. «Wir wollen nun auch den Automatismus mit einer höheren Unterschriftenzahl in die Diskussion einbringen», sagt BDP-Präsident Landolt. «Damit alle Reformvorschläge auf dem Tisch liegen.»