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BDP fodert: 250'000 Unterschriften für eine Volksinitiative

Einreichung der Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» am 30. März 2016 in Bern. 
Einreichung der Volksinitiative «Für Ernährungssicherheit. Die Landwirtschaft betrifft uns alle» am 30. März 2016 in Bern. Bild: KEYSTONE

250'000 Unterschriften für eine Volksinitiative

Bis zu fünf Prozent der Stimmberechtigten sollen unterschreiben müssen, verlangt die BDP.
12.06.2016, 07:3412.06.2016, 09:26
Othmar von Matt / schweiz am Sonntag
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Ein Artikel von Schweiz am Sonntag
Schweiz am Sonntag

Der Entscheid ist weitgehend – und die BDP hat ihn am Dienstag an ihrer Fraktionssitzung gefällt: Sie fordert via parlamentarische Initiative eine deutliche Erhöhung der Zahl der Unterschriften für Initiativen und Referenden. Für eine Initiative sollen neu nicht mehr 100'000 Unterschriften nötig sein, sondern zwischen 150'000 und 250'000. Und für Referenden nicht mehr 50'000, sondern zwischen 75'000 und 125'000. Die BDP will die Zahl an einen Automatismus koppeln: Heute sind knapp zwei Prozent der Stimmberechtigen nötig für eine Initiative und die 100'000 Unterschriften. Künftig hingegen, schlägt die BDP vor, soll es zwischen drei und fünf Prozent der Stimmberechtigten brauchen. 

«Wir müssen sorgfältig mit den Freiheiten umgehen, die wir haben. Sonst gefährden wir sie.»
BDP-Präsident Martin Landolt

Sorge der Unternehmer

«In der Bevölkerung werden zunehmend Stimmen laut, die sich eine sinnvolle Reduktion der Abstimmungen wünschen», sagt BDP-Präsident Martin Landolt. «Heute befinden wir als Stimmbürger im Quartalsrhythmus über ein gutes Dutzend Vorlagen pro Jahr. Und wie sich am Swiss Economic Forum zeigte, machen sich offenbar auch die Unternehmer zunehmend Sorgen über die vielen Abstimmungen und die tiefen Hürden.» Für sie führe es zu einer zunehmenden Unberechenbarkeit des Standorts Schweiz, «wenn vierteljährlich die Erfolgsfaktoren unseres Landes zur Disposition gestellt werden», sagt Landolt. 

BDP-Präsident Landolt: «Als kleine Partei profitiert die BDP bestimmt nicht von diesen Vorschlägen.»
BDP-Präsident Landolt: «Als kleine Partei profitiert die BDP bestimmt nicht von diesen Vorschlägen.»Bild: KEYSTONE

Der BDP-Präsident betont, es gehe der Partei mit der Initiative nicht darum, die Volksrechte einzuschränken. «Im Gegenteil», sagt er. «Wir wollen sie schützen und nachhaltig sicherstellen.» Ein zu inflationärer Einsatz könne zur Schwächung der Rechte führen. «Wir müssen sorgfältig mit den Freiheiten umgehen, die wir haben. Sonst gefährden wir sie», sagt Martin Landolt. «Unsere Volksrechte sollen etwas Exklusives sein für uns, dem wir Respekt und Sorgfalt entgegenbringen.» Für ihn ist auch klar, das die BDP als kleine Partei eine «glaubwürdige und unverdächtige Absenderin» für diese Reformvorschläge ist. «Als kleine Partei profitiert die BDP bestimmt nicht von diesen Vorschlägen.»

Die Volksinitiative zur Teilrevision der Verfassung wurde auf Bundesebene erst 1891 eingeführt, obwohl die meisten Kantone dieses Instrument längst kannten. 1891 benötigte eine Volksinitiative 50'000 Unterschriften, was 7,6 Prozent der Stimmberechtigten entsprach. 1976 hingegen, nach der Einführung des Frauenstimmrechts von 1971, benötigte man für eine Initiative gemäss Historischem Lexikon der Schweiz nur noch gerade 1,3 Prozent der Stimmberechtigten. Deswegen wurde die Zahl der Unterschriften 1977 auf 100'000 verdoppelt, was damals einem Anteil von 2,6 Prozent entsprach. 2000 war ein Anteil von 2,1 Prozent nötig. Seither ist er unter 2 Prozent gesunken.

Sollen für eine Initiative künftig zwischen 150'000 und 250'000 Unterschriften nötig sein?

Ein Automatismus soll helfen

Die BDP schlägt vor, für die Zahl der Unterschriften einen Automatismus einzuführen. Alle fünf bis zehn Jahre soll der Bundesrat die Unterschriftenzahl für Initiativen und Referenden der Zahl der Stimmberechtigten anpassen. Die BDP regt dafür drei bis fünf Prozent der Stimmberechtigten an. «Einen solchen Automatismus kennt bereits der Kanton Genf – bei vier Prozent», sagt Landolt. «Und sollte dereinst beispielsweise Ausländerstimmrecht oder Stimmrechtsalter 16 eingeführt werden, würde dies der Automatismus bei Initiativen und Referenden auffangen.»

Mit der Online-Plattform wecollect.ch steht das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden inzwischen vor einer neuen Dimension. Über E-Collecting wollen Organisationen und Parteien aus dem linken Spektrum innerhalb von kurzer Zeit 50'000 oder 100'000 Unterschriften für Referenden und Initiativen sammeln. Zurzeit existieren auf wecollect.ch Sammlungen für die Vaterschaftsurlaubs-Initiative (21'619 Unterschriften), die Transparenz-Initiative (7972 Unterschriften), die Wohninitiative (19'654 Unterschriften) und für das Büpf-Referendum (3310 Unterschriften). 

«Ich begrüsse die Digitalisierung sehr», sagt Landolt. «Sie wird dazu führen, dass auch 250'000 Unterschriften für eine Initiative eine absolut machbare Hürde sein können.» Und sollte die Digitalisierung sehr stark greifen, findet er, «könnte der Prozentsatz beim Automatismus sogar erhöht werden». 

Zurzeit beschäftigen sich die staatspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat mit dem Reformbedarf, den sie bei Initiativen sehen. «Wir wollen nun auch den Automatismus mit einer höheren Unterschriftenzahl in die Diskussion einbringen», sagt BDP-Präsident Landolt. «Damit alle Reformvorschläge auf dem Tisch liegen.»

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54 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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7immi
12.06.2016 11:13registriert April 2014
das ganze ist eine gefährliche idee. die grossen organisationen wie svp, sp, fdp usw. könnten auch bei 500000 noch mitmischen. für kleine organisationen ist es aber wichtig, dass die hürde nicht zu gross ist. volksinitiativen sind ein wichtiges instrument, das die schweiz vor extremismus und abgehobener politik schützt. dies zu beschneiden ist falsch. ich stimme lieber einmal zu viel als einmal zu wenig ab. unabhängig der bevölkerungsgrösse ist es nämlich immer gleich aufwändig, 100000 unterschriften zu sammeln. das ist eine beschneidung unserer rechte, nichts weiter.
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dracului
12.06.2016 10:10registriert November 2014
Das Problem der vielen und unausgereiften Initiativen liegt einerseits bei den zerstrittenen und zu zersplitterten Parteien, die seit Jahren keine Kompromisse zustande bringen und einer grossen Oppositionspartei, die das Initiativrecht missbraucht und die Mitarbeit in der Regierung verweigert. Andererseits wäre da die Digialisierung! Während das Stimmvolk sich digitalisiert, verschläft man diesen Trend in Bern bzw. beschäftigt Unmengen an IT-Berater, die keinen Fortschritt bringen. Die Erhöhung der Unterschriften ist wie Grenzwerte für den Schadstoffausstoss - löst keine Probleme ursächlich.
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Ratert
12.06.2016 10:30registriert November 2015
Ich fände es durchaus sinnvoll. So werden Initiativen nicht mehr für den Werbeeffekt und die Selbstinszenierung missbraucht - schliesslich hält am Ende jeder Stimmbürger das Abstimmungsbüchlein in der Hand.

Es gibt per Verfassung eine prüfung für die Teilrevision, trotzdem sind die Initiativen teilweise so irreführend/unnütz medialisiert, strikt und idealisiert, dass sich mit leichtigkeit die 100000 finden lassen.

In dem Sinne wäre eine Restriktion demokratischer - so soll die Initiative wirklich für das Volk dienen, begründete Forderungen gegen den Staat zu erheben.
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