Schweiz
Basel

Postauto-Chauffeur wehrt sich gegen betrunkenen Jugendlichen – Freispruch

Postauto-Chauffeur wehrt sich gegen betrunkenen Randalierer – Freispruch

Nach Beschimpfungen und Angriffen attackierte ein Nachtbus-Chauffeur einen betrunkenen Nachtschwärmer. Das Gericht stufte dies als erlaubte Notwehr ein.
12.07.2017, 04:0712.07.2017, 08:31
Mehr «Schweiz»

«Strafrechtlich ist Ihnen in keiner Art und Weise etwas vorzuwerfen. Sie haben Zivilcourage gezeigt», sagte Gerichtspräsident Andreas Schröder. Der 53-jährige Chauffeur atmete sichtlich auf: Er wurde am Dienstag vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Der Mann arbeitete im Mai 2016 als Chauffeur im Nachtbus N30, der vom Bahnhof Dornach-Arlesheim nach Bretzwil fahren sollte. Kurz vor drei Uhr morgens fuhr er los, da hörte er, wie jemand gegen den Bus trat. Daraufhin hielt er noch in der Wendeschleife beim Bahnhof an und stieg aus.

Jetzt auf
bus basel
Der Chauffeur eines Basler Nachtbusses rammte einem Jugendlichen das Knie in den Magen. symbolbild

«Wenn ich mit dem Bus nachts heimkomme, dann werde ich für den Schaden verantwortlich gemacht. Da kann ich nicht einfach sagen: ‹Ich weiss nicht, wer das war.› Wäre ich einfach weitergefahren, würde das ja auch falsche Signale aussenden», erklärte der Mann gestern vor dem Baselbieter Strafgericht in Muttenz. Erst stellte er allerdings den falschen Jugendlichen zur Rede, zumal er im Rückspiegel lediglich ein helles T-Shirt gesehen hatte. Doch der tatsächliche Übeltäter mischte sich sofort ein und begann damit, den Chauffeur zu beschimpfen. Eine ganze Gruppe gesellte sich dazu.

Fahrgast versuchte noch zu schlichten

Ein Fahrgast stieg daraufhin aus und versuchte zu schlichten, erhielt allerdings von einem weiteren Jugendlichen Schläge ins Gesicht. Als der 18-Jährige den Chauffeur schliesslich daran hindern wollte, die Polizei anzurufen, rammte der Busfahrer dem 18-Jährigen das Knie in die Magengegend. «Ich habe mich lange genug zurückgenommen. Aber als ich Schmerzen hatte, musste ich ja irgendwas tun. Er hat mir den Arm verdreht. Die waren gewaltbereit und hoch aggressiv», gab der Chauffeur zu Protokoll. Ein Arztzeugnis hatte ihm eine Muskelzerrung sowie eine Schulterdistorsion bescheinigt.

«Sie standen einer ganzen Horde von alkoholisierten Jugendlichen gegenüber. Das war in der Tat eine höchst bedrohliche Situation. Für das Gericht ist eindeutig, dass Sie das Opfer waren», sagte Schröder. Auch Zeugen hätten dies bestätigt. Der stark alkoholisierte 18-Jährige ging eine Woche später ins Spital, wo er sich eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse diagnostizieren liess. Zwei Monate später stellte er Strafantrag gegen den Chauffeur. Schröder sagte dazu, dass die Erkrankung wohl eher etwas mit Fettleibigkeit und dem Alkoholkonsum zu tun habe, auch wenn ein Zusammenhang mit dem Kniestoss durchaus möglich wäre.

Postauto liess Chauffeur fallen

Staatsanwalt Pascal Pilet hatte eine bedingte Geldstrafe wegen einfacher Körperverletzung verlangt, der Chauffeur habe die Situation eskalieren lassen, auch sei ein Kniestoss keine taugliche Abwehr. «Sie haben richtig und verhältnismässig reagiert. Eigentlich ist es erstaunlich, dass man zum Schluss kommt, Sie wären schuld», meinte Schröder dazu. Der Kniestoss werde als Notwehr eingestuft. Auch die Zivilforderung des 18-Jährigen wies das Gericht ab, da es für die Forderung offensichtlich keine Grundlage gebe.

Die Postauto Schweiz AG als Betreiberin der Nachtbuslinie stellte sich nicht hinter ihren Chauffeur und riet ihm zu einem Schuldeingeständnis. Aus Enttäuschung darüber hat er gekündigt und arbeitet heute in einer anderen Firma. Der Freispruch ist noch nicht rechtskräftig, auch der 18-Jährige kann das Verfahren noch weiterziehen. (bzbasel.ch)

Verbale Randale gibts hier …

Video: watson/Emily Engkent, Can Kgil
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
19 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Linus Luchs
12.07.2017 06:02registriert Juli 2014
Die Postauto Schweiz AG soll sich schämen! Da zeigt ein Mitarbeiter Zivilcourage, was heutzutage viel zu selten vorkommt, geht damit ein hohes persönliches Risiko ein, und wird vom Arbeitgeber kritisiert, obwohl die Fahrgäste die Schilderungen des Chauffeurs bestätigen. Ganz schwach von der Postauto Schweiz AG.
3073
Melden
Zum Kommentar
avatar
Philboe
12.07.2017 06:23registriert Juli 2015
Die Enzündung hat wohl eher etwas mit Ihrer Fettleibigkeit und dem Alkoholkonsum zu tun. Ich brech ab :-D
2292
Melden
Zum Kommentar
avatar
Booker
12.07.2017 06:24registriert September 2016
Falsche Überschrift - der/ die Jugendlichen haben angegriffen und geprügelt!
1991
Melden
Zum Kommentar
19
Unveröffentlichte Online-Kommentare lassen Beschwerdezahl steigen

Eine neue Beschwerdemöglichkeit macht der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) mehr Arbeit. Dass nun auch wegen der Nichtveröffentlichung von Kommentaren auf SRG-Online-Foren Beschwerde geführt werden kann, lässt die Zahl der Fälle steigen.

Zur Story