Schweiz
Bern

Neue Nationalhymne stösst bei Bürgerlichen auf Kritik

Die Schweiz erhält eine neue Nationalhymne (Symbolbild) (Keystone/PETER KLAUNZER)

Zu gottlos: Die neue Nationalhymne stösst den Bürgerlichen sauer auf – allen voran Erich Hess

Die neue Nationalhymne der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) sorgt wegen ihrer Religionsneutralität für Kritik. Einige Politiker planen jetzt sogar, dem SGG das Rütli zu entziehen.
29.07.2016, 06:5029.07.2016, 07:14
Mehr «Schweiz»

Mit der neuen Nationalhymne trifft die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) offenbar einen Nerv. Doch wohl anders, als sie geplant hatte. An den diesjährigen Feierlichkeiten der Stadt Bern auf dem Münsterplatz soll eine Light-Fassung der SGG-Hymne gesungen werden. So soll nur die dritte Strophe durch die neue Version ersetzt werden. Doch schon das ist für den Berner SVP-Nationalrat Erich Hess zuviel. «Es ist eine absolute Frechheit, was sich die Stadt erlaubt», poltert er laut dem Bund.

«Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden. Offen für die Welt, in der wir leben, woll'n wir nach Gerechtigkeit streben.»
Auszug aus der SGG-Hymne

Frieden anstatt Gott

Rückblick: Die SGG, die auch die Rütliwiese verwaltet, hatte 2014 einen öffentlichen Wettbewerb für eine neue Landeshymne ausgeschrieben. In einer Onlineabstimmung setzte sich schliesslich eine Version mit neuem Text und bisheriger Melodie durch. Gott und das viel gelobte Vaterland spielen darin kaum mehr eine Rolle. 

Der Text des Schweizer Psalms:

«Wenn der Alpenfirn sich rötet, Betet, freie Schweizer, betet! Eure fromme Seele ahnt
Eure fromme Seele ahnt
Gott im hehren Vaterland»

Der SGG-Text:

«Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.
Offen für die Welt, in der wir leben,
woll'n wir nach Gerechtigkeit streben.»

Hess, der bislang nicht durch seine Religiosität aufgefallen ist, stört sich daran, dass Gott in der neuen Fassung kaum mehr Platz hat. «Wir sind ein christlich-abendländisches Land, in dem die Mehrheit Weihnachten und Ostern feiert.» Für ihn steht fest, dass er das Festzelt bei der dritten Strophe verlassen will. 

Bürgerliche Schützenhilfe für Hess

Auch in anderen Schweizer Regionen stösst die neue Hymne Politikern in bürgerlichen Kreisen sauer auf. Der grosse Auftritt der SGG-Version auf dem Rütli zum Beispiel kommt ganz schlecht an. Für den Nidwaldner SVP-Nationalrat Peter Keller ist dies laut der Neuen Luzerner Zeitung (NLZ) ein Missbrauch der Wiege der Schweiz. Die Hymnenaktion der SGG stifte Unfrieden, weshalb er hart durchgreifen will: Er plant per Motion der SGG die Verwaltung des Rütlis zu entziehen.

«Die SGG entfernt sich immer stärker von ihrem Zweck der Gemeinnützigkeit.»
SVP-Nationalrat Peter Keller

«Die SGG entfernt sich immer stärker von ihrem Zweck der Gemeinnützigkeit», sagt er. Sie missbrauche ihre Position, um eine neue, politisch nicht legitimierte Hymne zu installieren. 

Dem SGG das Rütli wegnehmen

Auch der CVP-Vizepräsident und Walliser Nationalrat Yannick Buttet hat den Bundesrat bereits in der Sommersession in einem Vorstoss dazu aufgefordert, der SGG das Rütli wegzunehmen. «Die SGG schadet der Schweiz, indem sie einen internationalistischen Text propagiert, der die Existenz unseres Vaterlandes verneine», sagt Buttet der Zeitung Le Temps.

«Die SGG leistet mit der neuen Nationalhymne einen wichtigen Beitrag zum nationalen Zusammenhalt.»

SGG-Geschäftsleiter Lukas Niederberger versteht die Argumente der Kritiker nicht. Er steht zum Engagement der SGG für eine neue Nationalhymne, dies entspreche sehr wohl dem Vereinszweck, wie er in der NLZ sagt. Zumal die SGG damit einen wichtigen Beitrag zum nationalen Zusammenhalt leistet. Denn damit werden Schweizer Werte transportiert – nicht nur jene der Frömmigkeit, wie es die alte Fassung tut. (rwy)

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
223 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Einer Wie Alle
29.07.2016 07:19registriert Dezember 2015
Gott und Staat sind meines Wissens in der Schweiz getrennt. Also völlig verständlich, dass dies nichts in der Nationalhymne zu suchen hat.
17829
Melden
Zum Kommentar
avatar
Kastigator
29.07.2016 10:17registriert April 2014
Wie kommt der Hetzer Hess, dazu, sich aufs Christentum zu berufen? Er verstösst jeden einzelnen Tag gegen dessen Fundament, die Nächstenliebe.
Und, kleiner Erich: Bei uns sind Kirche und Staat getrennt; auch ich als Atheist bin Schweizer - schon allein diesen Grundsatz kapierst du nicht. Deine Wähler tun mir leid.
1526
Melden
Zum Kommentar
avatar
Nordwolf
29.07.2016 08:21registriert Juni 2015
Gott und Religion hat in der Verfassung sowiso nichts verloren, und gehört daraus verbannt.
18642
Melden
Zum Kommentar
223
Bundesgericht kippt Entscheid des Schaffhauser Kantonsrats

Niederlage für die bürgerliche Mehrheit im Schaffhauser Kantonsrat: Das Bundesgericht hat einen Parlamentsbeschluss zur Transparenz in der Politikfinanzierung aufgehoben, weil er die Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verletzt.

Zur Story