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Test mit legalem Kiffen sorgt in Bern und Basel für rauchende Köpfe

Test mit legalem Kiffen sorgt in Bern und Basel für rauchende Köpfe

Auf Bundesebene regt sich Widerstand gegen die in Bern, Zürich, Genf und Basel geplante Hanfabgabe. In Bern wurde eine parlamentarische Initiative gegen die Pilotversuche mit legalem Cannabis eingereicht. SVP-Nationalrätin Verena Herzog spricht von einer Legalisierung durch die Hintertür.
04.05.2016, 11:3204.05.2016, 11:54
Daniel Ballmer / bz Basel
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In der Schweiz zünden sich 200'000 bis 300'000 Menschen regelmässig einen Joint an.
In der Schweiz zünden sich 200'000 bis 300'000 Menschen regelmässig einen Joint an.Bild: Brennan Linsley/AP/KEYSTONE

Bundesrat Alain Berset hat es nur einmal versucht. Gefallen am Kiffen fand er aber keinen. «Mir ist dabei schlecht geworden. Es war keine lohnende Erfahrung», verriet der Gesundheitsminister kürzlich der «NZZ am Sonntag». Das sehen in der Schweiz viele anders: Landesweit zünden sich 200'000 bis 300'000 Menschen regelmässig einen Joint an.

Nun rückt auch eine versuchsweise Abgabe näher. Gleich vier Städte arbeiten derzeit an wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekten: neben Bern, Genf und Zürich auch Basel. Rund 2000 Personen sollen im Rahmen des Experiments straffrei kiffen dürfen. Ziel ist es, mehr über das Konsumverhalten von Kiffern zu erfahren und letztlich die Debatte über eine Hanflegalisierung wieder in Schwung zu bringen.

«Legalisierung durch Hintertür»

Diese Pläne aber stossen nun im Bundesparlament auf grossen Widerstand. Der Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner, seine Baselbieter Fraktionskollegen Thomas de Courten und Sandra Sollberger sowie weitere 29 Parlamentarier von SVP und CVP wehren sich mit einer parlamentarischen Initiative gegen die Pilotversuche – obwohl beim Bundesamt für Gesundheit BAG noch gar kein Gesuch eingegangen ist. Es ist immer noch offen, ob der Bund einen dieser Versuche überhaupt als «wissenschaftliche Forschung» anerkennen wird.

«Erlauben wir diese Versuche, sind wir dafür verantwortlich, wenn noch mehr Leute der Droge verfallen und im Job nicht mehr brauchbar sind.»
SVP-Nationalrätin Verena Herzog

Doch bereits heute macht Verena Herzog federführend dagegen mobil: «Diese Pilotprojekte sind nichts anderes als eine Legalisierung durch die Hintertüre», ärgert sich die Thurgauer SVP-Nationalrätin. «Dabei hat das Volk eine Legalisierung mehrmals abgelehnt.»

Heute sind in der Schweiz Anbau, Handel und Konsum von Cannabis grundsätzlich verboten. Das BAG kann allerdings in drei Fällen eine Ausnahmebewilligung erteilen: für die wissenschaftliche Forschung, eine Arzneimittelentwicklung oder eine beschränkte medizinische Anwendung. Die Befürworter hoffen nun, dass die Versuche als wissenschaftliche Forschung taxiert und damit erlaubt werden.

«Mir ist dabei schlecht geworden. Es war keine lohnende Erfahrung.»
Bundesrat Alain Berset über sein Kiffen-Erlebnis 

Trotz seines persönlichen Negativerlebnisses begrüsst SP-Bundesrat Berset die Pläne, steckt gleichzeitig aber auch Grenzen ab: So sei klar, dass es «nur um befristete Versuche gehen kann, die wissenschaftlich begleitet werden und klare Fragen beantworten sollen». Eine generelle Legalisierung erlaube das Gesetz nicht.

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Für SVP-Nationalrätin Herzog ist bereits das verantwortungslos. «Damit wird jede Prävention völlig unglaubwürdig», findet sie. Mit ihrem Vorstoss soll der Begriff der «wissenschaftlichen Forschung» deshalb nochmals präzisiert werden. Sozialwissenschaftliche Versuche, wie sie unter anderem in Basel geplant werden, sollen nicht mehr darunter fallen. Ihnen würde schon von vornherein der rechtliche Boden entzogen. Ausnahmebewilligungen sollen einzig für die pharmazeutisch-medizinische Forschung möglich bleiben.

Basler Gesuch bis im Spätherbst

Jetzt auf

Vor rund einem Monat verkündete das Gesundheitsdepartement offiziell, dass der Kanton Basel-Stadt beabsichtigt, sich an dem Forschungsprojekt zur regulierten Hanfabgabe zu beteiligen. In Basel soll der Fokus dabei auf Erwachsenen liegen, die Cannabis aus medizinischen Gründen zur Selbstmedikation konsumieren und so ihre Krankheitssymptome lindern. Bis im Spätherbst wollen die Basler Behörden beim Bund die Bewilligung für den Versuch beantragen.

Ganz grundsätzlich aber bezeichnen Befürworter einer kontrollierten Hanfabgabe die heutige Rechtslage als scheinheilig: So ist Kiffen in der Schweiz zwar verboten, dennoch greifen Zehntausende regelmässig zum Joint. Mit einer Legalisierung unter klaren Rahmenbedingungen könnten diese Menschen entkriminalisiert werden. Gleichzeitig sollen der Schwarzmarkt eliminiert sowie die Prävention gestärkt werden. Für SVP-Nationalrätin Herzog kommt das nicht infrage: «Erlauben wir diese Versuche, sind wir dafür verantwortlich, wenn noch mehr Leute der Droge verfallen und im Job nicht mehr brauchbar sind.» (whr/bzbasel.ch)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Homelander
04.05.2016 13:24registriert Oktober 2014
Als ob die Illegalität jemanden vom Kiffen abhalten würde 😂

«Der Staat» schadet sich nur selber mit seiner rückständigen Haltung.
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Utopiot
04.05.2016 12:39registriert Januar 2016
Ich kann's zum Teil echt nicht fassen, wie in der Politik über Gras geredet wird. Als würden sie (oder ich) in einer Paralell-Welt leben. Es kiffen schon jetzt ungemein viele Leute und die machen sich ernsthaft sorgen über "mehr Leute, die dann arbeitsuntauglich werden"? What the fuck?! Noch nie am Zürichsee spazieren gewesen? Vorallem meine Generation (ich bin 19) ist voll von Kiffern. Vom Kantischüler bis zum Berufslehrling. Zumindest am Wochenende oder an Partys kifft fast jeder? Über Mittag wird auch gekifft und es merkt keine Sau. Manchmal vergesse ich fast, dass es illegal ist... ^^
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bernd
04.05.2016 12:35registriert Februar 2014
Tolle Argumente:
- Das Volk hat schon mehrmals nein gesagt.
- Legalisierung macht Prävention unglaubwürdig.

- Achwas? Dann müssen wir das wohl abbrechen, es ist ja bekanntlich nicht möglich, dass sich die Gesellschaft wandelt und nach ein paar Jahren ein Thema anders beurteilt.
- Das mit der Prävention stimmt natürlich. Nur schade dass wir jetzt bald Alkohol Tabak verbieten müssen weil die Prävention ja sonst keinen Sinn macht. Schliesslich gibt es auch sonst keine Produkte, die den Menschen schaden und trotzdem erlaubt sind.

Merken die eigentlich selber, dass sie keine Argumente haben?
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