«Keine Muslime» wolle er in der Wohnung, schreibt ein Vermieter auf dem Wohnungsportal Immoscout24 in seine Annonce, die der «Nordwestschweiz» vorliegt. Konfrontiert mit der klaren Ansage, erklärt er:
Darf er wohl nicht. Er kommt damit in Konflikt mit der Rassismus-Strafnorm, es handelt sich um ein Offizialdelikt. «Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die Staatsanwaltschaft der Sache annimmt. Die Annonce ist nicht unproblematisch», beurteilt Marcel Niggli, Strafrechtsprofessor an der Universität Freiburg, den Fall.
Niggli weiter: «Man muss zwischen dem privaten und dem öffentlichen Raum unterscheiden. Wer eine Wohnung öffentlich ausschreibt, darf in der Annonce keine Rasse, Ethnie oder Religion herabsetzen.» Nicht unter die Rassismus-Strafnorm fällt die Nationalität. Deswegen verfolgten die Behörden 2013 den Fall einer Wohnungsausschreibung in Altstätten, in dem «keine Schweizer» erwünscht waren, nicht weiter.
Gegenüber der «Nordwestschweiz» geben die grössten Wohnungsportale an, nur sehr selten mit diskriminierenden Inhalten konfrontiert zu sein. «Maximal fünf Mal im Jahr», komme dies zum Beispiel auf Homegate vor. Bei allen befragten Portalen, unter anderem bei Immoscout24, werden Inserate von Mitarbeitern kontrolliert. Teilweise kommen auch automatische Verfahren wie eine Filterung nach Stichwörtern zum Einsatz. «Bei 80'000 aktuellen Inseraten kann es leider im Einzelfall vorkommen, dass die Kontrollmechanismen nicht greifen und ein Inserat mit zweifelhaftem Inhalt auf die Plattform gelangt», schreibt Immoscout24.
Trotz des Malheurs stellt die diskriminierende Annonce die Plattform nicht vor ein rechtliches Problem. «Sie macht sich strafbar, wenn sie von der problematischen Anzeige weiss, diese aber ignoriert und nicht vom Netz nimmt», erklärt Strafrechtler Niggli. Kaum hatte die «Nordwestschweiz» jedoch Immoscout24 mit dem Inserat konfrontiert, war dieses von der Homepage verschwunden.
Das Problem von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt wurde 2014 von Forschern der Universität Bern untersucht. Sie schlossen aus ihrer Auswertung von Testbewerbungen, dass Interessenten mit ausländischem Namen signifikant tiefere Chancen auf eine Wohnung haben als identische Mitbewerber mit Schweizer Namen. Salopp ausgedrückt: Diskriminierung funktioniert auch ohne verletzende Inserate. Die Vermieter können die Auswahl problemlos im Nachhinein aufgrund des Namens treffen.
Das gleiche Spiel ist auch mit der Konfession möglich. Dies deswegen, weil viele Liegenschaftsverwaltungen potentielle Mieter standardmässig danach fragen. Auch dies ist wohl nicht rechtens, und zwar aus Datenschutzgründen. Francis Meier, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, erklärt: «Daten dürfen nur für einen konkreten Zweck erfasst werden. Bei Wohnungsbewerbungen ist es zum Beispiel zulässig, Angaben zur Bonität oder zum Mietverhalten zu erheben. Die Religionszugehörigkeit sollten die Vermieter hingegen nur in Ausnahmefällen erfragen.» Ein Beispiel hierfür ist ein Wohnblock voller orthodoxer Serben, in dem der Einzug muslimischer Albaner zu Problemen führen könnte. (aargauerzeitung.ch)