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So will RASA-Initiative die Bilateralen mit der EU retten

Franziska Barmettler, Leiterin Politik beim Verband swisscleantech, bei der Einreichung der RASA-Initiative.
Franziska Barmettler, Leiterin Politik beim Verband swisscleantech, bei der Einreichung der RASA-Initiative.
Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

«Wir sind der Plan B» – so will die RASA-Initiative die Bilateralen mit der EU retten

Die Initiative «Raus aus der Sackgasse» (RASA) will das Ja zur SVP-Zuwanderungsinitiative rückgängig machen. Mitinitiantin Franziska Barmettler vom Verband swisscleantech erklärt, warum dies keine Zwängerei ist.
28.10.2015, 08:4329.10.2015, 08:33
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Sie haben die Initiative «Raus aus der Sackgasse» nur acht Monate nach der Lancierung eingereicht. Welche Rolle spielte die Unterstützung des Milliardärs Hansjörg Wyss?
Franziska Barmettler:
RASA ist nicht seine Initiative, wir sind auf ihn zugegangen. Er war unser grösster Geldgeber, aber nicht der einzige. Wir haben auch viele kleinere Beträge erhalten.

Ihr Ziel ist eine schnelle Abstimmung möglichst vor Februar 2017.
Das ist durch die dreijährige Übergangsfrist zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative vorgegeben. Wenn bis Februar 2017 keine Lösung vorliegt, müsste der Bundesrat sie mit einer Verordnung umsetzen – ohne Mitsprache von Volk und Parlament. Bei einer wortgetreuen Umsetzung wäre das ein Vertragsbruch gegenüber der Europäischen Union, der Schaden wäre noch grösser, als er heute schon ist.

Hansjörg Wyss ist der Hauptgeldgeber von RASA.
Hansjörg Wyss ist der Hauptgeldgeber von RASA.
Bild: KEYSTONE

Welchen Schaden meinen Sie?
In Wissenschaft und Kultur wird die Schweiz schon heute benachteiligt. Die Übergangslösung für die Teilnahme am EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 läuft Ende 2016 aus. Ob darüber hinaus eine Forschungszusammenarbeit noch möglich sein wird, hängt von der Umsetzung des Zuwanderungsartikels ab. Die Zeit drängt, deshalb haben wir die Initiative so früh wie möglich gestartet.

Raus aus der Sackgasse
Die Initiative «Raus aus der Sackgasse» RASA wurde am Dienstag mit 110'000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei deponiert. Sie will erreichen, dass der Text der Masseneinwanderungsinitiative aus der Verfassung gestrichen wird. Die Sammlung wurde auf die grossen Städte konzentriert. Pro Unterschrift boten die Initianten den Sammlerinnen und Sammlern 1.50 Franken an. Das Budget wurde durch Spenden finanziert.

Die SVP wirft Ihnen Zwängerei vor, eine Missachtung des Volkswillens.
Das ist definitiv nicht der Fall. Wir geben dem Volk die demokratische Chance, auf seinen eigenen Entscheid zurück zu kommen. Wer die RASA-Initiative unterschrieben hat, will bei der Auflösung des Dilemmas zwischen dem Zuwanderungsartikel und den bilateralen Verträgen mitreden. Das Volk hat mit seinem Entscheid am 9. Februar 2014 Handlungsbedarf im Bereich der Zuwanderung signalisiert, doch es war kein Entscheid gegen die Bilateralen. Es ist fair und demokratisch, wenn das Volk noch einmal zu Wort kommt.

Der Bundesrat sucht bereits nach einer solchen Lösung.
Er will bis Anfang 2016 seine definitive Umsetzungsvorlage präsentieren. Danach muss das Parlament darüber beraten. Daraus könnte eine Art Gegenvorschlag zu RASA entstehen. Zeitlich ist das möglich, aber die Vorgabe ist sehr sportlich. Mit der Einreichung der Initiative wollen wir den Druck auf Bundesrat und Parlament erhöhen, dass sie rasch vorwärts machen.

Haben Sie den Zeitpunkt kurz nach den Wahlen bewusst gewählt?
Das ist so. Es wäre besser gewesen, wenn schon vor den Wahlen Bewegung in die Sache gekommen wäre. Jetzt muss subito etwas geschehen.

Sie deuten die Möglichkeit eines Rückzugs an, falls Bundesrat und Parlament eine Lösung finden.
Wir sind der Plan B. Wenn es gelingt, das Verhältnis zu Europa zu klären, ohne dass ein grösserer Schaden entsteht, werden wir die Initiative zurückziehen.

Man wirft Ihnen vor, die Verhandlungsposition der Schweiz gegenüber der EU zu schwächen.
Diesen Vorwurf sollte man der SVP machen. Sie hat mit ihrer dreijährigen Übergangsfrist die Position der Schweiz extrem geschwächt. Es war absehbar, dass es praktisch unmöglich ist, in dieser kurzen Zeit mit der EU eine Lösung zu finden.

«Wenn alle Kräfte mithelfen, die eine Zusammenarbeit mit Europa wollen, dann schaffen wir es.»
Franziska Barmettler

Für das Grundproblem bieten Sie keine Lösung: Viele Menschen in der Schweiz sind besorgt wegen der starken Zuwanderung.
Wir haben immer gesagt, dass es Massnahmen braucht, um das inländische Arbeitsmarktpotenzial besser auszuschöpfen. Aber dafür ist RASA keine Lösung, sie dient als Notfallplan zur Rettung der Zusammenarbeit mit Europa, wenn sich keine andere tragfähige Lösung abzeichnet.

Sie gehen ein grosses Risiko ein. Bei einem Nein zu RASA könnten die Bilateralen erst recht am Ende sein.
Zum Zeitpunkt einer allfälligen Abstimmung wird klar sein, dass keine Vereinbarung des Zuwanderungsartikels mit den Bilateralen möglich ist. Die Stimmberechtigten haben die bilateralen Verträge mehrfach bestätigt. Wir gehen davon aus, dass dies nach wie vor die Mehrheitsposition ist. Wenn alle Kräfte mithelfen, die eine Zusammenarbeit mit Europa wollen, dann schaffen wir es.

Nach dem Rechtsrutsch bei den Wahlen ist das nicht mehr so sicher.
70 Prozent der Wähler sind gegen eine Abschottung der Schweiz. Deshalb gehen wir davon aus, dass ein Ende der Bilateralen nicht mehrheitsfähig ist.

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Die grünen Parteien haben bei den Wahlen deutlich verloren. Das ist kaum im Interesse Ihres Verbands swisscleantech.
Unsere Anliegen sind nicht grün, wir vertreten die nachhaltige und liberale Wirtschaft. Wir sind weder links noch rechts und haben Unterstützer quer durch alle Parteien. Es ist nach wie vor möglich, eine Mehrheit für die Energiewende zu bilden. Aber ich gebe zu, es ist durch die neue Sitzverteilung schwieriger geworden.

Ökologische Fragen dürften es im neuen Parlament schwer haben.
Die Mitteparteien und die FDP müssen realisieren, dass Ökologie kein linkes Thema ist. Wir werden auf sie zugehen, so dass sie es entsprechend vorantreiben. Wir hoffen, dass es zu einer Allianz der Vernunft kommen wird.

RASA-Initiative: Findest du es richtig, dass über die SVP-Zuwanderungsinitiative erneut abgestimmt werden soll?

Die Einwanderungs-Initiative

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Chronologie Einwanderungs-Initiative
9. Februar 2014: Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» der SVP wird an der Urne von 50,3 Prozent der Stimmenden angenommen. SVP-Nationalrat Albert Rösti zeigt sich erfreut. Die EU-Kommission reagiert postwendend: Das Votum verletze das Prinzip des freien Personenverkehrs.
quelle: keystone / marcel bieri
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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DerWeise
28.10.2015 09:40registriert Februar 2014
Kann mich leider nur wiederholen. Schade nimmt sich RASA den Eigennutz und Anti-SVP-Reflex mehr zu Herzen als folg. Zt. von Ruedi Strahm:
"Die Personenfreizügigkeit ist im Grunde ein neoliberales Projekt: Der «Produktionsfaktor Arbeit» soll in ganz Europa mobil gemacht werden. Und der soziale Ausgleich innerhalb des Binnenmarkts soll so ablaufen, dass man Arbeitnehmende wie Güterwagen hin- und herschiebt. Dabei werden alle kulturellen, bildungspolitischen und sozialen Probleme der Arbeitskräftemobilität einfach ignoriert. Das ist ein menschenverachtendes Konzept, was viele idealistische Linke lange nicht wahrhaben wollten.
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Philipp Burri
28.10.2015 09:20registriert März 2015
Es ist halt schon tragisch mit den pseudolinken Kreisen in unserem Land. Die gleichen Leute, die einsehen, dass z.B. TTIP ein assoziales Konstrukt ist, dass nur den Unternehmen und grossen Industrienationen nützt und einzig dazu dient Gewinne auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung zu maximieren und die armen gegen die noch ärmeren auszuspielen... die genau gleichen Kreise, wollen nicht einsehen, dass die EU - sowie sie heute funktioniert - und damit auch die bilateralen und die PFZ das haargenaugleiche - lediglich in einem etwas kleinere Rahmen - ist. Pff RASA. Danke für gar nichts!
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amore
28.10.2015 09:21registriert Februar 2014
Unsere direkte Demokratie funktioniert. Und das fordert ja die SVP ja in jedem zweiten Satz. Das Volk wird es richten.
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Es ist wieder weiss in der Schweiz ... 🧐
Der April macht seinem Ruf wieder einmal alle Ehre. In der Schweiz sind in den letzten Wochen unterschiedlichste Wetterkapriolen zu beobachten. Heute Morgen waren verschiedene Ortschaften plötzlich eingeschneit – so zum Beispiel Bern.

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