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Energie

Curau und die starken Frauen: Wie junge Campaignerinnen Bundesbern aufmischen

Laura Curau (Kampagnenleiterin CVP) arbeitet an ihrem Computer, im Hauptquartier der Befuerworter der Energiestrategie 2050, am Sonntag, 21. Mai 2017 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Laura Curau am Abstimmungssonntag.Bild: KEYSTONE

Curau und die starken Frauen: Wie junge Campaignerinnen alten Hasen das Fürchten lehren

Sie arbeitete einst auf dem Bau, wurde mit nur 25 Kampagnenleiterin bei der CVP und führte nun die Pro-Kampagne zum Energiegesetz an. Laura Curau gehört zu einer neuen Generation von jungen Frauen, die in Abstimmungskämpfen die Fäden ziehen.
24.05.2017, 18:3025.05.2017, 15:08
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Bereits ist sie wieder im Kampfmodus: Auf Twitter streitet Laura Curau mit einem FDP-Politiker über die bevorstehende Altersreform 2020. Den Vorwurf, die CVP lege sich für die «Nach mir die Sintflut»-Vorlage mit der Linken ins Bett, pariert sie zunächst nüchtern, dann sarkastisch: «Hat ja bisher wunderbar funktioniert #Not», kommentiert sie die Reformvorstellungen ihres bürgerlichen Kontrahenten.

Erst wenige Tage ist es her, dass die 27-Jährige den grössten Triumph ihrer bisherigen Karriere feiern konnte: Als Kampagnenleiterin führte sie die Energiegesetz-Befürworter zum Sieg. Die Bilder, wie Curau im Freudentaumel die Hände zusammenschlägt und Grünen-Chefin Regula Rytz in die Arme fällt, flimmerten über die Bildschirme und zierten die Titelseiten.

Laura Curau (Kampagnenleiterin CVP), Alt-Nationalrat Ruedi Rechsteiner, Beat Jans (Nationalrat SP-BS), Roger Nordmann (Nationalrat SP-VD), Matthias Aebischer (Nationalrat SP-BE), Regula Rytz (Parteipr ...
Laura Curau (l.) mit ihren Mitstreitern am Abstimmungssonntag.Bild: KEYSTONE

«Als um halb eins die ersten Hochrechnungen kamen, wussten wir: Jetzt kann uns der Sieg niemand mehr nehmen», erinnert sich Curau. Nachdem sie wochenlang Kalt-Dusch-Argumente gekontert, Gegenangriffe ausgeheckt und Mitstreiter angefeuert hatte, erstrahlte die Schweizerkarte plötzlich so tiefgrün, wie es kaum jemand im Komitee zu träumen gewagt hätte. 58,2 Prozent der Stimmbürger bekannten sich zur Energiestrategie 2050.

Laura Curau (Kampagnenleiterin CVP) und Regula Rytz (Parteipraesidentin Gruene) freuen sich nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung, im Hauptquartier der Befuerworter der Energiestrategie 2050, am So ...
Curau und Rytz feiern ihren Sieg.Bild: KEYSTONE

Die Thurgauerin hat einen steilen Aufstieg hinter sich: Seit 18 bei der Jungen CVP, heuerte sie als 21-Jährige in der Kommunikationsabteilung der Mutterpartei als Praktikantin an. Und machte ihre Sache offenbar so gut, dass sie vier Jahre später – im Wahljahr 2015 – zur Nachfolgerin des abtretenden Kampagnenleiters ernannt wurde.

Sie strahle eine «Leichtigkeit und Offenheit aus, die alle überzeugt», sagt Grünen-Chefin Regula Rytz über Curau. Vor allem aber schaffe es die junge Campaignerin mit ihrer «unvoreingenommenen und diplomatischen Art, die unterschiedlichsten Parteien in einer Kampagne bei der Stange zu halten».

Kein Wunder: Wer beim Versuch die Heiratsstrafe abzuschaffen auf Support der SVP angewiesen ist, und gleichzeitig deren Asylreferendum vehement bekämpft, muss sich eine gewisse Leichtfüssigkeit bewahren. «Ich bin eine überzeugte Mittepolitikerin», erklärt Curau, deren Eltern und Bruder ebenfalls in der CVP engagiert sind.  

«Für mich ist es sehr wertvoll, eine KMU-Tochter zu sein, und gleichzeitig zu wissen, worüber die Arbeiter in der Znüni-Pause beim Kaffee reden.»

Im elterlichen Bau-Geschäft schliff Curau schon früh ihre Kommunikations-Skills. Als Studentin war sie für die PR-Arbeit der Firma verantwortlich. Manchmal, wenn Not am Mann war, ging sie auch selber als Hilfsarbeiterin auf den Bau. «Für mich ist es sehr wertvoll, eine KMU-Tochter zu sein, und gleichzeitig zu wissen, worüber die Arbeiter in der Znüni-Pause beim Kaffee reden», so Curau.

Sie ist nicht die einzige junge Campaignerin, die derzeit in Bundesbern für Furore sorgt. Als das Stimmvolk im Februar die Unternehmenssteuerreform III überraschend versenkte, war es die 32-jährige Andrea Arezina, die im Hintergrund die Fäden zog. Aktuell hat die SP-Frau die Finger beim Aufbau des Online-Magazins «Republik» im Spiel, dessen Crowdfunding alle Rekorde gebrochen hat.

Erlöst nach dem Nein zur Unternehmenssteuerreform: Andrea Arezina (Mitte) jubelt mit der SP.
© Jonas Zürcher/az
Andrea Arezina führte die Nein-Kampagne zur Unternehmenssteuerreform III.

Und als im Februar vor einem Jahr «die Zivilgesellschaft» aufgestanden war, um gegen die Durchsetzungsinitiative der SVP zu kämpfen, gaben dabei zwei Komitees den Takt an: Während Andrea Arezina den «Dringenden Aufruf» orchestrierte, wurde Flavia Kleiner (26) zum Gesicht und zur Stimme der Operation Libero. Oder, wie es der «Tages-Anzeiger» ausdrückte: zum «Albtraum der SVP».

Flavia Kleiner, Co-Praesidentin der "Operation Libero", welche sich gegen die Durchsetzungsinitiative DSI einsetzt, vor dem Hotel Bellevue, dem Hauptquartier der buergerlichen Komitees zu de ...
Flavia Kleiner wurde im Februar 2016 zum Gesicht der Operation Libero.Bild: KEYSTONE

Auch Curau betont, als junge, weibliche Campaignerin sei sie in Bundesbern längst keine Ausnahmeerscheinung mehr. So bedankte sie sich am Tag nach der gewonnenen Energie-Abstimmung auf Twitter mit einer Reihe von Selfies bei ihren Mitstreiterinnen, darunter der verantwortlichen WWF-Projektleiterin Corinne Grässle. «Politik machen mit Powerfrauen!», überschrieb Curau die Bilderserie.

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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majcanon
24.05.2017 18:42registriert November 2015
Kann man nicht von Kampagnen-Leiterinnen sprechen? Bei Campaignerinnen fangen meine Augen an, sich zu übergeben.
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Sanchez
24.05.2017 19:01registriert März 2014
Es heisst campaigner.. Male or female.. Hört auf, Worte zu erfinden die english wirken sollen.. Danke
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Grigor
25.05.2017 00:31registriert Februar 2014
Was erhofft ihr euch davon einzelne Personen so zu exponieren? Ein normal denkender Mensch ist sich bewusst das ein Kampagnenerfolg nicht durch Einzelpersonen erfolgen kann. Ich frage aus purem Egoismus. Als Mitte-Links Wähler habe ich das Gefühl das diese Heroisierung fast nur negative Effekte hat. Wenn man den Erfolg auf einzelne Personen herunter bricht, wird vergessen das eine Mehrheit gewählt hat und das es eine eigenständige Stimumung wiederspiegelt.
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