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Die Stimmung war gedämpft, als die Sozialdemokratische Partei der Schweiz Mitte Mai ihre Strategie für die laufende Legislaturperiode bis 2019 vorstellte. Seit den Wahlen im letzten Herbst befindet sich die stolze Partei in der Defensive, nachdem sie zuvor acht Jahre lang die Politik des Landes wesentlich mitbestimmen konnte. Nun können die Bürgerlichen im Parlament die Marschrichtung vorgeben. Die Antwort der SP lautet Opposition.
«Wir sind zum Kampf bereit», sagte Parteipräsident Christian Levrat. Er kündigte den vermehrten Einsatz von Referenden an. Eines davon ist bereits Makulatur. Am Montag lehnte der Ständerat zum zweiten Mal eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ab und versenkte das Geschäft damit definitiv. Die SP wollte zusammen mit den Gewerkschaften das Referendum ergreifen. Nun kann sie ihre Ressourcen auf andere Kampfplätze konzentrieren.
5:0 Sieg bei nationalen Abstimmungen und als Zückerchen das Stadtpräsidium in Luzern für die SP. So macht direkte Demokratie Freude! #abst16
— Michael Sorg (@michsorg) 5. Juni 2016
Es war nicht der einzige Grund zur Freude für die gebeutelte Partei. Am letzten Sonntag durfte sie sich zu den Siegern des Abstimmungswochenendes zählen, wie ihr Medienchef auf Twitter vermeldete. Genau genommen war es ein 41/2:1/2-Sieg, bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) hatte die SP Stimmfreigabe beschlossen. Das war aber höchstens ein kleiner Schönheitsfehler, der durch die Eroberung des Stadtpräsidiums von Luzern mehr als aufgewogen wurde.
Die momentane Glückssträhne ändert aber nichts an der schwierigen Lage der SP. Am nächsten Abstimmungstermin am 25. September muss sie sich auf eine Niederlage auf der ganzen Linie gefasst machen. Bei allen drei nationalen Vorlagen sieht es schlecht für sie aus:
Im Parlament hat eine beachtliche Minderheit der SP-Fraktion dem Gesetz zugestimmt, das dem Nachrichtendienst des Bundes weitreichende Überwachungskompetenzen einräumt. Die Delegiertenversammlung jedoch beschloss die Unterstützung des Referendums, das von linken und grünen Gruppierungen lanciert wurde. In der Abstimmung werden sie es schwer haben, denn die Warnung vor einem Überwachungsstaat liegt quer zum heutigen Zeitgeist.
Die Ende Mai veröffentlichte Studie «Sicherheit 2016» der ETH Zürich zeigt, dass die Schweizer Bevölkerung die Weltlage pessimistisch einschätzt und bei der Terrorismusbekämpfung bereit ist, Einschränkungen der persönlichen Freiheit in Kauf zu nehmen. Gleichzeitig geniesst die Armee so viel Rückhalt wie nie seit dem Ende des Kalten Krieges. Es sind beste Voraussetzungen für die erste Vorlage, die Verteidigungsminister Guy Parmelin vor dem Stimmvolk vertreten muss, obwohl auch libertär gesinnte Bürgerliche das Gesetz ablehnen.
Die Initiative des Gewerkschaftsbunds verlangt eine generelle Erhöhung der AHV-Renten um zehn Prozent. Sie reiht sich ein in diverse Versuche, das Rentensystem auf dem Initiativweg um- und vor allem auszubauen. Seit der Einführung der AHV 1947 sind sie ausnahmslos gescheitert. Dem aktuellen Begehren dürfte es nicht anders ergehen, denn die Schweizer Bevölkerung reagiert zwar allergisch auf Rentenkürzungen, sie kann aber auch mit einem Ausbau wenig anfangen.
Nathlos geht's weiter. Wir sind bereit für sichere Renten zu kämpfen! Hilft mit: https://t.co/oDNthxMmhj #Abst16 pic.twitter.com/3ztWfmDyMw
— ahvplusnein (@ahvplus_nein) 5. Juni 2016
Absehbar ist, dass die Initiative in den Umfragen eine gewisse Zustimmung erfahren und am Ende klar abgelehnt werden wird. Das gegnerische Komitee jedenfalls hat keine Zeit verloren und bereits am Sonntag die Nein-Kampagne in den sozialen Medien lanciert.
Die Grünen wollen mit dieser Initiative den ökologischen Fussabdruck der Schweiz bis 2050 auf ein «nachhaltiges Niveau» senken und unter anderem die Wegwerfwirtschaft bekämpfen. Das an sich sympathische Anliegen fiel im Parlament nicht nur hochkant durch. Auch ein Gegenvorschlag für mehr Ressourceneffizienz fand bei den Bürgerlichen keine Gnade.
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung: Kampagnenstart gegen den @gruenerzwang!: https://t.co/LoTIbBeB5W #Abst16 pic.twitter.com/BMVnPfq9gQ
— Grüner Zwang (@gruenerzwang) 5. Juni 2016
Der Initiative dürfte es ähnlich ergehen wie «AHVplus» und anderen idealistischen Anliegen aus dem linksgrünen Lager. Sie wird anfangs Unterstützung finden und letztlich scheitern. Die Bürgerlichen werden vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Schweiz warnen. In ihrer Kampagne, die ebenfalls bereits begonnen hat, appellieren sie ungeniert an den Egoismus der Menschen (kein Wochenendtrip nach London mehr?). Diese Taktik dürfte verfangen.
Abstimmungen sind zu einem gewissen Grad unberechenbar. In diesem Fall jedoch ist absehbar, dass Christian Levrat in der Elefantenrunde eine Niederlage auf der ganzen Linie erklären muss. Ein schlechtes Omen ist auch, dass Juso-Präsident Fabian Molina am Dienstag via «Blick» verkündete, das Referendum gegen das Überwachungsgesetz Büpf – die «Schwestervorlage» des Nachrichtendienstgesetzes – sei faktisch gescheitert.
Einen Monat vor Ablauf der Sammelfrist fehlen rund 30'000 Unterschriften, eine Vorgabe, die nur schwer zu erreichen ist. Molina erntete prompt hämische bis wütende Reaktionen von den bürgerlichen Jungparteien. Der Alltag hat die Sozialdemokraten definitiv eingeholt.