Schweiz
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Bio-Fleisch oder nicht? Unter den Kuhteilern gibts Streit

Streit der «Kuhteiler» – warum ein Bauer auf den «Crowdbutcher» losgeht

04.01.2017, 12:2705.01.2017, 03:46
Felix Burch
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Der Berner Informatiker Moritz Maier hat die Zeichen der Zeit erkannt. Weil «nachhaltig» Fleisch essen auf dem Vormarsch ist – die Konsumenten also weg von der industriellen Massentierhaltung wollen – erfand er 2015 kuhteilen.ch. Damit war er so erfolgreich, dass er auch anfing Schweine zu «teilen». Das Konzept ist einfach: Das Tier wird erst geschlachtet, wenn es komplett verkauft ist. 

sauteilen.ch
Der Kunde sieht stets, wie viel vom Fleisch verkauft ist.screenshot  kuhteilen.ch

Vorwurf 1: «Bauern profitieren nicht»

Der Erfolg hält an, Maiers Geschäft brummt – für einige offenbar zu gut.

Thomas Rippel, Bauer auf dem Hof Maiezyt im Berner Oberland, gehört zu ihnen. Und Rippel ist nicht nur Bauer, sondern auch Konkurrent: Er bietet sein Fleisch auf ähnliche Weise wie Maier an – und erhebt nun happige Vorwürfe gegen seinen Branchenkollegen aus der IT-Branche. Auf dem Blog Swiss Bio Farmer schreibt der Berner Oberländer am 1. Januar:  

Kuhteilen: Partner der Bauern, Held der Konsumenten – nicht wirklich! Es sieht alles so harmonisch aus auf der Seite von kuhteilen.ch. Wenn ich hier einkaufe, dann handle ich ökologisch, verhindere Foodwaste und helfe obendrein noch den Bauern. Nur leider stimmt das nicht! Was mich als Bauer am aller meisten stört ist, das Moritz Maier von Kuhteilen sehr stolze Preise für sein Fleisch verlangt (das ist ja gut!), aber vom stolzen Preis praktisch nichts den Bauern gibt! In der Migros kostet ein Kilo Bio-Rindfleisch im Durchschnitt 35 Franken. Der Bauer bekommt davon pro Kilo 17.91 Franken (51.1%). Bei Kuhteilen koste ein Kilo Bio-Rindfleisch 45 Franken. Der Bauer bekommt davon pro Kilo 18.66 Franken (41.5%). 

«Er betreibt nur die Homepage und verdient mehr als ein Schweizer Bauer, der 60 Stunden und mehr pro Woche arbeitet», sagt Rippel zu watson. Ausserdem bekomme Maier von den Medien ständig Aufmerksamkeit, das sei nicht fair. Rippel attackiert Maier nicht nur auf dem Blog sondern auch über Facebook. Darauf reagierte Maier anfänglich noch: 

Fleisch

Maier setzt Rippel kurz zusammengefasst entgegen, er bezahle den Bauern Preise über dem üblichen Marktpreis. Es gebe individuelle Abmachungen mit allen Bauern und Lieferanten. «In der Regel bestimmt der Bauer den Preis, den er für sein Tier haben will und dieser liegt manchmal bis zu 2.50 Franken pro Kilo höher als üblich.» Mit dem Rest finanziere er die komplette Vermarktung, die Werbung und die Verteilung – daher komme die relativ grosse Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Preis, den der Bauer bekommt. 

Ist es okay, dass der Crowdbutcher so viel verdient?

Maier und Rippel lieferten sich auf Facebook einen regelrechten Schlagabtausch. Diesen möchte Maier jetzt allerdings nicht mehr weiterführen. «Wir haben nichts zu verbergen, warum Bauer Rippel uns und mich teilweise auch persönlich angreift, weiss ich nicht.» 

«Ich weiss noch nicht, ob ich gegen Rippel vorgehen soll.»
Mortiz Maier, kuhteilen.ch

Vorwurf 2: «Kein Bio»

Rippel ist der Knatsch mittlerweile unangenehm. Es gehe ihm vor allem um den zu tiefen Anteil, den die Bauern bekämen. Allerdings sagt er auch, «kuhteilen.ch» preise als Bio an, was nicht Bio sei. 

Bei Bio Suisse weiss man Bescheid über den Streit. Offenbar hat Rippel das Label kontaktiert. Stephan Jaun, Sprecher von Bio Suisse, sagt dazu: «‹Kuhteilen› machte auf der Homepage neben einer Grafik die Aussage «100 Prozent Bio», verkauft aber nicht ausschliesslich Bio-Fleisch.» Die Grafik wurde jetzt von der Seite genommen und das Thema ist für Bio Suisse somit gegessen. 

Machte Rippel unlautere «Promotion» auf Facebook?

Rippel ging noch einen Schritt weiter. Er schaltete auf Facebook zwei Tage bezahlte «Promotion» worin er «korrigiert», was «kuhteilen.ch» in seinen Augen falsch angibt. Mit der geschalteten Anti-Werbung könnte er nun ein Problem bekommen. Maier könnte bei der Lauterkeitskommission deswegen eine Beschwerde einreichen. Diese würde dann Rippel auffordern, seine Aussage zu beweisen. Kann oder tut er das nicht, würde die Lauterkeitskommission laut Sprecher Thomas Meier die Beschwerde gutheissen und Rippel empfehlen, auf solche Aussagen zu verzichten.

post
So sah die Promotion aus.bild: screenshot

Moritz Maier hat noch nicht entschieden, ob er gegen Rippel vorgehen wird.

sauteilen.ch
Das Angebot von Kuhteilen.ch (oben). Auf dem Hof Maiezyt gibt es ähnliches – ganze Pakete mit verschiedenem Fleisch. screenshots
Fleisch

So sehen erzürnte Bauern aus!

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So sehen erzürnte Bauern aus!
Sie bringen Heu und ihre Fäuste! Aber erst mal von vorne …
quelle: epa/epa / laurent dubrule
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Diese Fotos zeigen, dass das Leben auf dem Land fantastisch ist
Fotograf Gody Suter / www.agrimage.ch
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50 Kommentare
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Maett
04.01.2017 13:03registriert Januar 2016
Da ist ein Bauer mit dem Kapitalismus überfordert. Ich verstehe das Problem wirklich nicht.

Er wird ja sogar besser bezahlt, als von einem Grossverteiler, motzen tut er nur darüber, dass der Typ mit der Webseite Geld verdient.

Aber dass dieser das Risiko der Entwicklung eingegangen ist, blendet er aus. Webseiten sind einiges teurer, als sich das so manche vorstellen. Dass die Logistik aufwändiger und teurer sein wird, als bei einem Grossverteiler, ebenfalls. Ausserdem bezahlen kleine Kunde weitaus mehr fürs Marketing als die "Grossen".

Also: was soll das Gejammer?
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PHM
04.01.2017 13:01registriert Oktober 2014
Sorry aber die Sachlage ist doch relativ klar... kuhteilen.ch bezahlt den Bauern mehr als den üblichen Marktpreis. Allein damit sollten diese zufrieden sein, denn es zeigt, dass sie sogar finanzielle Vorteile aus einem Vermarktungskonzept ziehen, das sie NICHT selbst entwickelt haben. Die Idee, die Webseite und die Vermarktung sind halt deutlich wichtiger als Herr Rippel sich eingestehen möchte. Ist aber wieder mal typisch... von jemandes Idee profitieren und sich dann beklagen, dass diese Person von ihrer eigenen Idee noch mehr profitiert.
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Firefly
04.01.2017 15:48registriert April 2016
Der schlaue Bauer verbündet sich mit anderen schlauen Bauern und macht selber so eine Webseite und so ein Business auf.
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