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Straftäter auf Flucht sollen keine IV-Rente bekommen

Straftäter auf Flucht sollen keine IV-Rente bekommen

22.02.2017, 11:2422.02.2017, 12:01
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Der Bundesrat will mit Gesetzesanpassungen den Missbrauch von Sozialversicherungen bekämpfen. Dabei will er unter anderem sicherstellen, dass verurteilte Personen, die sich dem Straf- oder Massnahmenvollzug entziehen, keine Leistungen erhalten. Künftig sollen Geldleistungen in solchen Fällen sistiert werden können.

Heute dürfen Zahlungen erst eingestellt werden, wenn sich die Person im Vollzug befindet. Das Bundesgericht gab einem IV-Rentner recht, der ins Ausland geflohen war, um sich dem Strafvollzug zu entziehen. Das Bundesverwaltungsgericht durfte seine Rente nicht sistieren.

Einsatz von Detektiven

Weiter sollen Sozialversicherungen bei Verdacht auf Missbrauch Detektive einsetzen dürfen. Der Bundesrat will dafür wie angekündigt eine einheitliche gesetzliche Grundlage schaffen. Die Missbrauchsbekämpfung soll generell verbessert werden.

Heute ist unter anderem die gesetzliche Grundlage für Observationen ungenügend. Das hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte letzten Herbst festgestellt. Ein neuer Gesetzesartikel soll nun den Versicherungen ermöglichen, Personen verdeckt zu observieren, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Leistungen zu Unrecht beziehen oder zu beziehen versuchen.

Vorsorgliche Einstellung

Die Versicherungen sollen zudem die Ausrichtung von Leistungen vorsorglich einstellen können, wenn jemand die Meldepflicht verletzt hat, einer Kontrolle nicht fristgerecht nachgekommen ist oder der begründete Verdacht auf Missbrauch besteht. Die Versicherungen stellen schon heute Leistungen vorsorglich ein, doch beurteilen die Gerichte die Zulässigkeit dieser Massnahme unterschiedlich.

Hat eine versicherte Person mit wissentlich unwahren Angaben eine Versicherungsleistung erwirkt oder zu erwirken versucht, soll ihr die Versicherung künftig die Mehrkosten auferlegen können, die ihr durch den Beizug von Spezialisten entstanden sind.

540 Missbrauchsfälle bei der IV

Im Jahr 2015 hat die IV in 1900 Fällen Ermittlungen wegen Verdachts auf Versicherungsmissbrauch aufgenommen und insgesamt 1940 Ermittlungen abgeschlossen. Dabei bestätigte sich der Verdacht in 540 Fällen. Daraus resultierten Einsparungen von rund 154 Millionen Franken Franken, bei Kosten von rund 8 Millionen pro Jahr.

Die Betrugsbekämpfung sei aber längst nicht mehr nur ein Thema der IV, schreibt der Bundesrat. Auch die anderen Sozialversicherungen hätten ihre Bemühungen verstärkt. (whr/sda)

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