Schweiz
Bundesrat

Parlament lehnt Verbot von Tabakwerbung ab

Bundesrat Alain Berset erscheint im Nationalrat an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 8. Dezember 2016, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Gesundheitsminister Alain Berset muss gemeinsam mit seinen Ratskollegen nochmals über die Bücher. Bild: KEYSTONE

Freie Marktwirtschaft sei wichtiger als Prävention: Verbot von Tabakwerbung abgelehnt

08.12.2016, 10:5808.12.2016, 11:29
Mehr «Schweiz»

Denkzettel für Gesundheitsminister Alain Berset: Das Parlament hat das Bundesgesetz über Tabakprodukte an den Bundesrat zurückgewiesen. Auch der Nationalrat will nichts wissen von einem Werbeverbot. Die freie Marktwirtschaft sei höher zu gewichten als die Prävention.

Bundesrat
AbonnierenAbonnieren

Mit 101 zu 75 Stimmen bei 14 Enthaltungen folgte die grosse Kammer am Donnerstag dem Ständerat, welcher die Vorlage in der Sommersession mit 28 zu 15 Stimmen zurückgewiesen hatte. Die Mehrheit von SVP, FDP und CVP brachte das Gesetz zu Fall.

Die Mehrheit der nationalrätlichen Gesundheitskommission hatte hingegen dafür plädiert, das Gesetz zu beraten und allenfalls Änderungen anzubringen, wie das auch Bundesrat Berset forderte. Doch dieser erhielt nur vom linken Lager Unterstützung. Nun muss der Bundesrat über die Bücher.

Tabakindustrie schützen

Mit dem Tabakproduktegesetz will die Regierung das Suchtproblem entschärfen. Das Parlament verlangt eine neue Vorlage, die nur unbestrittene Elemente der geltenden Tabakverordnung wie den Kinder- und Jugendschutz umfasst.

Von Einschränkungen der Werbung im Kino oder auf Plakaten, der Verkaufsförderung und des Sponsorings wollen National- und Ständerat aber nichts wissen. Zu verzichten sei insbesondere auch auf die Meldung der Werbe- und Marketingaufwendungen.

46 kreative und krasse Antiraucher-Kampagnen, bei denen dir die Lust vergeht

1 / 48
46 kreative und krasse Antiraucher-Kampagnen, bei denen dir die Lust vergeht
«Von einem Gebäude zu springen, schadet deinem Kind». So logisch sollte es auch beim Rauchen sein.
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Bürgerliche Nationalräte warnten vor einem «Angriff auf die freie Marktwirtschaft». Es sei nicht erwiesen, dass generelle Werbeverbote einen Rückgang des Rauchens bewirkten. Zudem erhalte der Bundesrat zu viel Macht. Auch sei nicht einzusehen, wieso für nikotinhaltige E-Zigaretten oder den Mundtabak Snus die gleichen strengen Regeln gelten sollten wie für herkömmliche Zigaretten, die schädlicher seien.

Unumstrittene Punkte

SP, Grüne, BDP und GLP erachteten den Gesetzesentwurf als brauchbare Basis für die Detailberatung. Die Befürworter hielten fest, ein Gesetz im Sinne des bundesrätlichen Entwurfs sei eine nötige Voraussetzung für die Ratifizierung der WHO-Tabakkonvention.

Nicht umstritten ist das schweizweite Verbot des Verkaufs von Zigaretten an Minderjährige. Eine Mehrheit hielt fest, diese Massnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen begrüsse sie ausdrücklich. Hierzu müsse für Testkäufe eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Auch ein Verbot von speziell an Minderjährige gerichtete Werbung hält eine Mehrheit für sinnvoll.

Gesundheit
AbonnierenAbonnieren

Gesundheitsminister Berset sagte bei der Präsentation der Vorschläge, Werbung habe besonders auf Jugendliche einen grossen Einfluss. Gemäss einer deutschen Studie steigt das Risiko, dass Jugendliche zu rauchen beginnen, um 46 Prozent, wenn sie Tabakwerbung ausgesetzt sind.

Kantone sind dem Bund voraus

Heute gilt ein Werbeverbot für Tabak in Radio und Fernsehen. Auch Tabakwerbung, die sich explizit an Minderjährige richtet, ist untersagt. Ein weitergehendes Verbot war bereits in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen. Der Bundesrat hielt dennoch daran fest. Die Schweiz gehe mit den geplanten Regeln weniger weit als die meisten europäischen Länder, gab Berset zu bedenken.

Gesellschaft & Politik
AbonnierenAbonnieren

Auch manche Kantone kennen heute striktere Regeln als der Bund. In 15 Kantonen ist Plakatwerbung für Tabakprodukte bereits verboten. In zehn Kantonen dürfen keine Zigaretten an Minderjährige verkauft werden, in weiteren zwölf Kantonen gilt das Abgabealter 16 Jahre.

Weltweit sterben jedes Jahr über 5 Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. In der Schweiz sind es rund 9500 Personen. Der Tabakkonsum ist damit die häufigste vermeidbare Todesursache in der Schweiz.

(gin/sda)

Findest du die Werbemöglichkeiten der Tabakkonzerne müssten in der Schweiz noch weiter eingeschränkt werden?

Rauchen macht dünn, gesund und glücklich! ... sagen diese Vintage-Werbungen für Zigaretten

1 / 20
Rauchen macht dünn, gesund und glücklich! ... sagen diese Vintage-Werbungen für Zigaretten
Früher galt Rauchen noch als vornehm. Und scheinbar auch als gesund.
Bild: pinterest.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
67 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Füdlifingerfisch
08.12.2016 12:32registriert August 2015
Wieviele dieser Penner im Nationalrat stehem wohl auf der Gehaltsliste der Tabakkonzerne? Weil im ernst jetzt, wer die ach so schöne Freie Marktwirtschaft über die Gesundheit der Bevölkerung stellt gehört für mich nicht in die Regierung
5713
Melden
Zum Kommentar
avatar
bernd
08.12.2016 11:19registriert Februar 2014
Seit wann ist die Schweiz denn eine freie Marktwirschaft? Das habe ich irgendwie nicht ganz mitbekommen. Und wie gehts eigentlich den Bauern so?
454
Melden
Zum Kommentar
avatar
Neruda
08.12.2016 11:34registriert September 2016
Profit vor Gesundheit
4812
Melden
Zum Kommentar
67
Nur 9 Monate im Amt: UBS-Boss Ermotti streicht Monster-Bonus für 2023 ein
UBS-Chef Sergio Ermotti hat mit seiner Rückkehr zur Grossbank ordentlich mehr Lohn kassiert. Für neun Monate 2023 verdiente er 14,4 Millionen Franken.

Für UBS-Chef Sergio Ermotti hat sich die Rückkehr zur Grossbank auch mit Blick auf den Gehaltscheck gelohnt. Überhaupt verdienten die Top-Kader und Verwaltungsräte der UBS deutlich mehr.

Zur Story