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Durchsetzungsinitiative

Freysinger: «Die sind lieber im Gefängnis in der Schweiz als in Freiheit in Afrika»

Freysinger: «Die sind lieber im Gefängnis in der Schweiz als in Freiheit in Afrika»

29.01.2016, 13:1629.01.2016, 13:35
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SVP-Nationaläte Rutz und Amstutz vor den Medien
SVP-Nationaläte Rutz und Amstutz vor den Medien
Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Die SVP will nicht länger hinnehmen, dass kriminelle Ausländer trotz mehrerer Verurteilungen weiterhin in der Schweiz leben können. Ihre Durchsetzungsinitiative soll das ändern. Diese stärkt nach Ansicht der Partei den Rechtsstaat.

Einen Rechtsstaat habe man dann, wenn es klare Regeln gebe und ein Verstoss dagegen Konsequenzen habe, sagte der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz am Freitag vor den Bundeshausmedien. Wenn die Richter frei entscheiden könnten, was sie gerade wollten, sei das kein Rechtsstaat.

Rutz spielte damit auf die vom Parlament beschlossene Härtefallklausel an: Bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative wollen die eidgenössischen Räte den Gerichten die Möglichkeit geben, wenigstens in krassen Härtefällen auf eine Wegweisung zu verzichten. Diese Regeln treten in Kraft, falls die Durchsetzungsinitiative abgelehnt wird.

Regel statt Ausnahme

Die Erfahrung zeige, dass solche Ausnahmen im juristischen Alltag rasch zur Regel würden, sagte die Zürcher Nationalrätin Barbara Steinmann. SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz sprach von einem «historischen Skandal»: Das Parlament habe offenbar nicht begriffen, was Volk und Stände wollten. Mit der Härtefallklausel würden die Interessen der Täter einmal mehr höher gewichtet als jene der Opfer.

Amstutz fordert daher klare Regeln, die von jedem Ausländer einfach verstanden werden könnten. Solche gebe es heute nicht, darum seien fast drei Viertel der Gefängnisinsassen Ausländer. Der Walliser Staatsrat Oskar Freysinger glaubt, dass das manchen sogar recht ist. «Die sind lieber im Gefängnis in der Schweiz als in Freiheit in Afrika», sagte er. Darum nütze die Bestrafung nichts, «aber die Ausschaffung fürchten sie».

Oskar Freysinger kämpft für die Durchsetzungsinitiative
Oskar Freysinger kämpft für die Durchsetzungsinitiative
Bild: KEYSTONE

Gar kein Verständnis hat alt Nationalrat Freysinger dafür, dass der Staat auch noch den Strafvollzug und teure Massnahmen für kriminelle Ausländer bezahlen muss: Dafür werde das Geld aus dem Fenster geworfen, bei der Bildung müsse dann aber gespart werden, sagte er. «Da ist etwas faul.»

Den Vorwurf der Gegner, die Initiative hebe den Rechtsstaat und die Demokratie aus den Angeln, weisen die SVP-Vertreter zurück. Der Verhältnismässigkeit trage die Initiative mit einem abgestuften Deliktskatalog Rechnung, sagte Rutz. Gemäss Initiativtext führen schwere Straftaten unmittelbar zur Ausweisung, leichtere hingegen erst bei Wiederholungstätern. Allerdings fällt Sozialmissbrauch für die SVP in die erste Kategorie, sexuelle Handlungen mit Kindern in die zweite.

Steuerdelikte sollen gar nicht zur Ausweisung führen, sofern sie keinen Betrug darstellen. Die Initiative fokussiere auf Delikte, die «relevant sind für die öffentliche Sicherheit und Ordnung», erklärte Rutz. Ausserdem habe das Parlament jederzeit die Möglichkeit, den Deliktskatalog zu ergänzen.

Vertrauen in die Weisheit des Volkes

Die SVP sieht auch kein Problem darin, dass das Parlament wegen der detaillierten und direkt anwendbaren Verfassungsbestimmung bei der Umsetzung gar nicht mehr zum Zug kommt. Es gehöre zum System der Schweiz, dass das Volk Einfluss nehmen könne, wenn es mit der Arbeit der Behörden nicht zufrieden sei, sagte Rutz.

«Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass das Volk in seiner Summe weise Entscheidungen trifft, wenn es die nötigen Informationen hat», sagte auch Amstutz. Politische Eliten hingegen seien sehr wohl in der Lage, Fehlentscheide zu treffen, wie die Geschichte zeige.

Die SVP glaubt nicht, dass die Schweizer Wirtschaft wegen der Initiative schaden nehmen könnte. Davor warnen Wirtschaftskreise, davor warnt auch der Bundesrat. Die unverhältnismässige Ausweisung von EU-Bürgern könnte das Verhältnis mit Brüssel nämlich weiter belasten. Es schade der Wirtschaft nicht, wenn kriminelle Ausländer des Landes verwiesen würden, sagte Freysinger. Nur ein sicheres Land ziehe Investoren an.

Den Gegnern der Initiative warfen die SVP-Vertreter vor, Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Unter den Kriminellen litten nicht zuletzt die unbescholtenen Ausländerinnen und Ausländern. Wer etwas gegen Fremdenfeindlichkeit tun wolle, müsse die Initiative annehmen, sagte Amstutz. Und für jeden Ausländer gebe es eine einfache Lösung: «Er wird nicht kriminell. Dann wird er auch nicht ausgeschafft», sagte der SVP-Fraktionschef. (sda)

[pbl, 16.02.2016] Durchsetzungs-Initiative

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lowend
29.01.2016 14:37registriert Februar 2014
Menschen, die nicht wissen, was ihre Flaggen im Keller bedeuten und die nicht wissen, bei was für Freunden aus rechtsextremen Kreisen, sie ihre Reden halten, sollten sich nicht anmassen, auch noch in die Rolle des Richters schlüpfen zu wollen und wenn er dann noch behauptet, man könne Kosten beim Strafvollzug sparen, ist dass sogar wissentlich gelogen, weil Straftäter erst NACH Verbüssung ihrer Strafe überhaupt ausgeschafft werden können!
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meerblau
29.01.2016 18:03registriert Mai 2014
"Allerdings fällt Sozialmissbrauch für die SVP in die erste Kategorie, sexuelle Handlungen mit Kindern in die zweite."
Wow. Eine zerstörte Kindheit/Jugend nach Missbrauch soll ein Staat (oder in diesem Fall die SVP) eher hinnehmen als Betrug bei der Sozialhilfe (egal ob absichtlich oder nicht)?? Weil bei Missbrauch nur ein Mensch geschädigt ist, hingegen beim Betrug rund 8 Mio? Kann man hinnehmen. Tja. Kommt halt vor. Sorry, gäll.
Es wird nun klar, welchen Stellenwert das Individuum für die SVP hat. Keinen.
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Alex23
29.01.2016 14:20registriert Februar 2015
Ritz meint, wenn die Richter frei entscheiden könnten, so sei das kein Rechtsstaat.

Erstens entscheidet ein Richter nicht gerade frei nach Lust und Laune, sondern hält sich dabei an Gesetze, zweitens scheint es mir doch eher so, dass wir erst dann einen beschnittenen Rechtsstaat haben werden, wenn den Richtern vom Volk (alles studierte Juristen, versteht sich ....) das Mass ihres Urteils vorgegeben wird.

Was sind das für Leute, die es schaffen einen der Pfeiler dieses Staates, die Judikative, so zu diskreditieren.
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