Schweiz
Energie

Ein 21-Jähriger kämpft gegen Windräder und spuckt Doris Leuthard in die Suppe

Elias Meier-Vogt, Windkraft, Windkraftanlage, Energiegesetz, Energierstrategie 2050
Für das Foto will Elias Meier nicht neben einem Windrad posieren. «Dafür stehe ich nicht hin», sagt er.bild: watson

Ein 21-Jähriger kämpft gegen Windräder und spuckt Doris Leuthard in die Suppe

Nicht alle Umweltschützer befürworten das neue Energiegesetz, über das am 21. Mai abgestimmt wird. Elias Meier sagt, das neue Gesetz sei unökologisch. Porträt über einen engagierten Opponent*.
02.05.2017, 09:3905.05.2017, 19:15
Mehr «Schweiz»

Die Kapuze über den Kopf gezogen, die Augen gegen Wind und Regen zusammengekniffen, stapft Elias Meier über eine schmale Zufahrtsstrasse. Er, der eigentlich gerne in der Natur ist, der gerne in die Höhe fährt, versucht diesen Ort zu meiden. Denn hier oben, auf dem 1200 Meter über Meer gelegenen Mont Crosin, dem Pass im bernischen Jura, liegt der grösste Windpark der Schweiz. Und Meier mag keine Windpärke.

Windrad, Windenergie, Windkraft, Windkraftanlage, Mont Croisin
Auf dem Mont Crosin stehen 16 Windräder.bild: watson

Er zeigt auf ein Bauernhaus in der Ferne und die rundum liegende, von gelben Blümchen gesprenkelte Wiese. «Das ist für mich Landschaft», sagt er. Dann dreht er sich zu den drei massiven Windkraftanlagen um, die wenige hundert Meter entfernt ihre Rotorblätter wuchtig im Kreis schleudern. «Aber das da, das ist für mich Industrie». Auf dem Mont Crosin war Meier zuletzt im Herbst vergangen Jahres. Damals standen die grössten der inzwischen 16 Windkraftanlagen noch nicht. Es ist das erste Mal, dass er nun die 150 Meter hohen Anlagen sieht. Er ist sichtlich abgeneigt.

Zur Windkraft kam Meier als 18-Jähriger. Aus reinem Interesse beschäftigte er sich mit dem geplanten Projekt einer Windkraftanlage in seinem Wohnort Grenchen (SO). Das Thema liess ihn nicht mehr los, er begann dagegen aufzumüpfen. Er sagt, Windkraftanlagen seien nicht nachhaltig und würden die Landschaft verschandeln. Heute ist er 21 Jahre alt und der oberste Gegner von Windkraft in der Schweiz. Er präsidiert den Verband «Freie Landschaft Schweiz», die Dachorganisation der Gegner von Windkraftprojekten.

Nationale Aufmerksamkeit erhielt Meier, seit er an vorderster Front gegen das neue Energiegesetz kämpft, über das die Schweizer Stimmberechtigten am 21. Mai abzustimmen haben. Während sich alle anderen grossen Umweltverbände, wie der WWF, Greenpeace, Pro Natura und die Schweizerische Vereinigung für Solarenergie für ein begeistertes «Ja» an der Urne einsetzen, sagt Meier: «Dieses neue Energiegesetz ist umweltschädlich und muss abgelehnt werden.»

Wirst du das neue Energiegesetz annehmen?

Um die Abstimmung zu kippen, wurde ein «Umwelt-Komitee gegen das Energiegesetz» gegründet. Meier ist ihr Kampagnenleiter. Dass mit dem Gesetz auf erneuerbare Energien gesetzt werden soll, findet Meier zwar gut. Er befürchtet aber, dass dann vor allem neue Windkraftanlagen gebaut würden. Und das sogar auf geschützten Gebieten. Der Bundesrat definiere mit den Artikeln 12 und 13 im neuen Gesetz die Windkraft als nationales Interesse. «In der Realität heisst das, dass die Anwohner kaum mehr Einsprache erheben können, wenn sie sich gegen ein geplantes Projekt wehren wollen», sagt Meier.

Für die einen eigentlich noch ganz schön, für Elias Meier ein Graus: Windkraftanlagen auf dem Nufenenpass im Wallis. Bild: KEYSTONE

Der Wind bläst kalt auf dem Mont Crosin. Meier zieht den Reissverschluss seiner Regenjacke bis zum Kinn. Er geht noch ein Stückchen weiter der Strasse entlang, in Richtung der rotierenden Räder. Je näher diese rücken, umso imposanter wird ihre Wirkung. Ein leises Wummern der drehenden Rotoren wird hörbar. Meier sagt: «Es ist nicht nur der Lärm, der schädlich ist. Es ist auch die Vibration.» Studien hätten bewiesen, dass Schlafprobleme auftreten würden. Und ein anderes grosses Problem seien die Vögel. «Jedes Jahr sterben in Deutschland 12'000 Mäusebussarde, weil sie von Windrädern erschlagen werden», sagt Meier. Das sei ein Zehntel des ganzen Mäusebussard-Bestandes.

Trotz seines jungen Alters wirkt Meier wie ein Routinier, der eloquent durch sein Thema führt. Er kennt die Zahlen, und er kennt die Argumente und weiss sie einzusetzen wie ein Profi. Nicht bei allen hat er sich damit beliebt gemacht. «Auf Facebook wurde ich auch schon übelst beleidigt», sagt Meier. Auch an seinem Wohnort in Grenchen ist sein Engagement so manch einem ein Dorn im Auge. Die örtliche SVP sieht den Windpark, auf dem Grenchenberg, den Meier verhindern will, als eine Chance. Angefeindet wird er auch, weil er auf nationaler Ebene mit ebendieser Partei zusammenspannt. Die SVP bekämpft als einzige Partei das neue Energiegesetz.

Ist das eine unheilige Allianz? «Mir geht es nicht um Parteipolitik», sagt Meier. «Mir geht es um die Sache.» Er sei unabhängig, von niemandem bezahlt und aus einem eigenen Antrieb heraus engagiert. In eine Partei eintreten würde er nicht wollen. «In einer Partei ist es schwierig, eine selbstlose, solidarische Politik zu betreiben», sagt er.

Elias Meier-Vogt, Windkraft, Windkraftanlage, Energiegesetz, Energierstrategie 2050
Natürlich fährt Meier ein nachhaltiges Auto: einen Renault Twizy.bild: watson

Für seine Gegner ist Meier nicht einfach zu fassen. Denn er sagt auch Sätze wie: «Ich bin nicht gegen eine Energiestrategie, ich bin nur gegen dieses Energiegesetz.» Bei Themen abseits der Windkraft bleibt er stets ein wenig schwammig. Die Atomausstiegsinitiative der Grünen habe er beispielsweise unterstützt, sagt er. Zum geplanten Atomausstieg, der mit der kommenden Abstimmung gesetzlich geregelt werden soll, sagt er hingegen, dies sei der falsche Weg: «Ich finde ein Verbot von jeder Nukleartechnologie falsch.»

Seine Gegner schütteln über Meier den Kopf. Die kommende Abstimmung ist für sie ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft der Energiepolitik: der Ausstieg aus der Atomenergie, die Investition in erneuerbare Energien, die Senkung der CO2-Emissionen. Eine «ganzheitliche Betrachtung» sei wichtig, und es sei falsch, sich in dieser Debatte alleine auf Windkraftanlagen zu versteifen. Zwar gibt es durchaus auch andere Stimmen aus Umweltverbänden, die das neue Energiegesetz aus ökologischer Sicht kritisieren. Alles in allem seien aber die Vorteile grösser als die Nachteile, sagen sie.

Meier aber will das nicht gelten lassen. Er sagt: «Ich bin jung und möchte Probleme ganzheitlich lösen.» 

*In der ursprünglichen Fassung dieser Geschichte hiess es «Querulant». Wir haben den Begriff auf Wunsch des Porträtierten geändert. 

Fakten rund um den Energieverbrauch in der Schweiz

1 / 21
Fakten rund um den Energieverbrauch in der Schweiz
Wer verbraucht am meisten Energie? Woher stammt unser Strom? Was sind die Zukunftsaussichten? Antworten, Bilder und Statistiken rund um das Thema Energie findest du in dieser Bildstrecke.
quelle: x90045 / mario anzuoni
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
445 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
so wie so
02.05.2017 12:05registriert Juli 2015
Stimmt....AKWs sind wirklich wesentlich schöner, als Windräder. Bei der allgegenwertigen Gefahr kann man so richtig schön entspannen. Und die Endlager sind absolut keine Belastung für die Natur. Schliesslich muss man dafür ja keine Löcher in Berge graben. Ganz nach dem Motto- ich will Strom aus der Dose (auch für mein tolles Elektroauto), aber er soll bitte nicht bei mir vor der Haustüre produziert werden.
15128
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gohts?
02.05.2017 12:33registriert Februar 2017
Ich fall vom Stuhl.

- Windräder verschanden die Natur und töten Vögel
- Beim Ausbau von Stauseen sterben Tiere
- Solaranlagen, wie am Walensee, verschanden die Natur
- Uran isch sowieso en seich

Aber Elektofahrzeuge sind ökologisch und die Zukunft der Mobilität.
1256
Melden
Zum Kommentar
avatar
7immi
02.05.2017 10:01registriert April 2014
der gute herr sollte sich mal ins ruhrgebiet begeben, wo sich die schaufelradbagger durch die erde fressen, um an kohle zu kommen und eine uranmine besichtigen. dann soll er sich mal ganz scharf überlegen, was nun schlimmer ist... wir brauchen nunmal strom, erst recht mit elektromobilen. langfristig ist wohl nur der erneuerbare weg der richtige und der einzige nachhaltige.
12412
Melden
Zum Kommentar
445
Eine Stunde und 20 Minuten länger – so war der Stau am Gründonnerstag

Zum Beginn der Osterfeiertage ist es am Donnerstag vor dem Gotthard-Nordportal zu neun Kilometern Stau gekommen. Der Zeitverlust betrug am Nachmittag eine Stunde und 20 Minuten. Auf der Südseite des Gotthards blieb es nach den Schneefällen vom Mittwoch ruhig, Stau gab es im Tessin nur beim Grenzübergang zu Italien in Chiasso.

Zur Story