Zum 70. Mal startet am 2. August das Filmfestival Locarno. 70! Was für ein grosser Geburtstag! Da kommen die Superstars! Kristen Stewart, Brad Pitt, Matthew McConaughey, Nicole Kidman, Benedict Cumberbatch. George Clooney mit der ganzen Familie. Ebenso Roger Federer. Beyoncé wird übrigens singen.
Nein, tun sie natürlich alle nicht. Wir sind ja in Locarno, nicht in Cannes oder Venedig. Locarno ist anders. Da sind der See, das Sehen und die Sonne die Stars. Und die vier neuen Kinosäle, die's 2017 gibt. Oder etwa nicht? Wir haben gesucht. Und tatsächlich ein paar Berühmtheiten gefunden, die da sein werden und mit denen wir wahnsinnig gern ein Bier am Rand des Festivals trinken würden.
Nämlich die überbegabte Zoe Kravitz, bekannt aus «Mad Max: Fury Road», «Californication», der «Divergent»-Reihe oder der HBO-Serie «Big Little Lies» mit Nicole Kidman. In Locarno spielt sie im Wettbewerbsfilm «Gemini» von Aaron Katz. Der Lenny mit gleichem Nachnamen ist übrigens ihr Vater.
Und zwar ein rechtmässiger. Ein wirklich grosser. Heissgeliebt aus Wes-Anderson-Filmen wie «The Grand Budapest Hotel» oder «The Darjeeling Limited». Verehrt aus Blödsinn wie «Predators» oder «King Kong». Und zu Recht mit einem Oscar gekrönt für seine Leistung als Holocaust-Überlebender in «The Pianist». In Locarno erhält er am 4.8. auf der Piazza Grande den Leopard Club Award. «The Pianist» von Roman Polanski und «The Thin Red Line» von Terrence Malick werden zu seinen Ehren gezeigt.
Vanessa Paradis hat den grössten Depp der Filmgeschichte überstanden, den Johnny, sang früher so wunderbar über ein Taxi namens Joe, und spielt jetzt in «Chien» von Samuel Benchetrit (Piazza Grande, 7.8.).
Es ist doch so: Gehst du nach Bern, so läuft dir irgendwann garantiert Kuno Lauener über den Weg. Gehst du nach Berlin, triffst du irgendwann auf Jürgen Vogel. In «The Iceman» spielt das zweite sympathische Zahnlückenmodel neben Vanessa Paradis den Bergnomaden Ötzi. Bevor der zur Mumie wurde natürlich (Piazza Grande, 8.8.).
... zum Beispiel vor «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!». Dem Dschungelcamp gab sie kurzfristig einen Korb, in Locarno lässt sie sich am 3.8. auf der Piazza Grande feiern, zu sehen ist sie in «Cat People» von Paul Schrader und «Paris, Texas» von Wim Wenders. Der Klaus mit dem gleichen Nachnamen war ihr Vater.
Ein Bond-Bösewicht! Mathieu Amalric spielte seinerzeit in «Quantum of Solace», dem schmählich unterschätzten «Bond» von Marc Forster, den durchtriebenen Dominic Greene. Abgesehen davon hat der Franzose auch noch 107 andere Rollen verkörpert, etwa in «Demain et tous les autres jours» von Noémie Lvovsky, mit dem am 2.8. das Festival auf der Piazza Grande eröffnet wird.
Umso verrückter, dass die französische Lady heuer zum ersten Mal in Locarno sein wird! Zu bewundern in «Lola Pater» von Nadir Moknèche (Piazza Grande, 3.8.). Gérard Depardieu (er wäre rechts von ihr) haben wir übrigens mit Absicht aus dem Bild geschnitten.
Ein Mann der Extreme! Im Mehrteiler «War & Peace» hat er Napoleon Bonaparte gespielt, gerade hat er den neuen Luc-Besson-Action-Tanker «Valerian» abgedreht, er war in der viel zu romantischen «Amélie» und führte selbst Regie bei den Brutaloexzessen «La haine» und «Les rivières pourpres». Dafür muss er ja mal den Excellence Award Moët & Chandon in Locarno erhalten. Schön, dass dies heuer der Fall ist. Am 5.8. ist er auf der Piazza Grande in «Sparring» von Samuel Jouy zu sehen.
Der französische Regisseur ist Präsident der internationalen Jury in Locarno. Und mit wem hat er hintereinander zwei Filme gemacht? MIT WEM??? MIT KRISTEN STEWART! WIESO BRINGT ER DIE DANN NICHT MIT!?!? Zumal «Personal Shopper» ein ausgezeichneter Kunstgrusel für die Piazza wäre. Egal. Der Mann, der Frauen so wunderbar in Szene setzen kann, war übrigens drei Jahre lang mit der chinesischen Filmdiva Maggie Cheung verheiratet. Abgelöst wurde sie durch Mia Hansen-Løve, Regisseurin und Schauspielerin und nur 26 Jahre jünger als Assayas. Wie macht er das?
Okay, der oben, der aussieht, als hätte er schon viel geboxt, ist der Regisseur Dominik Locher. Ausgerechnet den zarten Sven Schelker hat er sich ausgesucht für seinen Film «Goliath». Der grossartigerweise im internationalen Wettbewerb läuft!
... von Sabine Gisigers Dokfilm «Willkommen in der Schweiz». Er eröffnet am 2.8. das Festival. Und so, wie wir die Filmemacherin kennen («Yalom's Cure», «Dürrenmatt. Eine Liebesgeschichte»), werden wir das Kino begeistert verlassen. Etwas Anderes ist gar nicht denkbar. Wir sind jetzt schon dankbar!
Jaja, es gibt kein Entkommen vor Milo Rau, weder im Theater noch im «Literaturclub» auf SRF, auf den Manifeste-Tischen der Buchhandlungen oder in Zeitungskolumnen. Er weiss und kann alles, und das ist jetzt nicht einmal sooo spöttisch gemeint. Gespannt warten wir auch auf das erste Kochbuch. In Locarno zeigt er seinen Film «Das Kongo Tribunal» – «ein menschlich erschütterndes, analytisch tiefgründiges Tableau der neokolonialen Weltordnung» (Swiss Films) – in der Semaine de la critique.
Das Schaulaufen der schönen Filme auf der Piazza Grande beschliesst am 12.8. ... , ähm, ... «Gotthard – One Life, One Soul» von Kevin Merz. Der Dokfilm zur Band. Die anwesend sein wird. Oder anders: 2016 bildete der SRF-Zweiteiler «Gotthard» die inoffizielle Voreröffnung, jetzt ist «Gotthard» das offizielle Schlusslicht. Buona proiezione!
Das Filmfestival Locarno läuft vom 2. bis zum 12. August. Hier geht es zu weiteren Informationen.