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Wintersession: Mehr Geld für Landwirtschaft vom Nationalrat

Ausgabenkürzungen: Nationalrat geht nicht den Bauern, sondern dem Bundespersonal ans Fett

30.11.2016, 14:4330.11.2016, 16:17
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Die bürgerliche Mehrheit aus SVP und FDP geht als Gewinnerin aus dem ersten Teil der Budgetdebatte im Nationalrat hervor: Gegenüber dem Bundesrat sprach der Rat am Mittwoch mehr Geld für Bauern und Bildung. Bluten muss dafür das Bundespersonal.

Die grosse Kammer manifestierte zu Beginn der Beratungen zum Voranschlag 2017 sowie zum integrierten Finanzplan 2018–2020 gleich mehrmals ihren Sparwillen. Das zeigte sich etwa bei den Querschnittkürzungsvorschlägen ihrer vorberatenden Kommission.

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Mit 100 zu 86 Stimmen bei 5 Enthaltungen beschloss die rechte Mehrheit im Nationalrat, im kommenden Jahr 50 Millionen Franken weniger für das Bundespersonal aufzuwenden als vom Bundesrat beantragt worden war.

Grundsätzliche Differenzen

Der Bund müsse nicht selber Arbeitsplätze ausbauen, sondern gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen, sagte Markus Hausammann (SVP/TG). Heute gebe es viele «unnütze und unnötige Stellen». Der Luzerner FDP-Finanzpolitiker Albert Vitali warnte: «Die Bundesausgaben steigen stärker als das Bruttoinlandprodukt.»

Markus Hausammann (SVP/TG) bereitet sich auf die Beratungen ueber das Bundesgesetz ueber Radio und Fernsehen vor am Mittwoch, 12. Maerz 2014, im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Möchte beim Bundespersonal den Rotstift ansetzen: SVP-Nationalrat Markus Hausammann.Bild: KEYSTONE

Dagegen gaben die Linken zu bedenken, dass der Bundesrat bereits einen restriktiven Sparvorschlag ausgearbeitet habe. Weitere Kürzungen funktionierten nicht, denn: «Das Parlament verteilt der Verwaltung immer mehr Aufgaben und kürzt ihr gleichzeitig die Ausgaben», kritisierte Barbara Gysi (SP/SG), die Präsidentin des Personalverbandes des Bundes (PVB).

Externe Berater unter Druck

Davon liess sich die Rechte nicht beeindrucken, im Gegenteil: Sie fror weitere Verwaltungsgelder für die Informations- und Kommunikationstechnik auf dem Stand des Voranschlags 2016 ein. Gegenüber dem Bundesrat will der Nationalrat diesen Posten um 17 Millionen Franken kürzen. Auch hier folgte er mit 100 zu 90 Stimmen seiner Finanzkommission.

Erfolg hatte zudem ein Antrag des Zürcher FDP-Nationalrats Hans-Ulrich Bigler, der den Rotstift bei den externen Beratern ansetzen will. Für solche sollen statt 753 Millionen nur 693 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Der Rat stimmte mit 106 zu 83 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Der Bundesrat wird zudem beauftragt, die Kürzung um acht Prozent im integrierten Aufgaben- und Finanzplan 2018–2020 weiterzuführen.

Hans-Ulrich Bigler, FDP-ZH, spricht an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 29. November 2016, im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Will externen Beratern an den Kragen: FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler.Bild: KEYSTONE

Finanzminister Ueli Maurer warnte vergeblich davor, dass sich der Nationalrat damit selber ins Bein schiessen könnte. «Externe Angestellte übersetzen beispielsweise Berichte zuhanden des Parlaments.» Wenn dieser Budgetposten gekürzt werde, habe dies womöglich indirekt Konsequenzen auf den Ratsbetrieb.

Linke chancenlos und enttäuscht

Insgesamt setzten die Bürgerlichen rund 127 Millionen Franken an Querschnittkürzungen durch. Nur wenige Anträge der SVP scheiterten an der fehlenden Zustimmung der FDP. Dabei ging es um eine Kürzung der Personalkosten um weitere 113 Millionen Franken oder um einen Kahlschlag bei der Entwicklungshilfe um insgesamt 338 Millionen Franken.

Trotzdem standen SP, Grüne, CVP und GLP am Ende des Tages als Verlierer da. Sie, welche den Vorschlägen des Bundesrats in weiten Teilen folgen und teilweise mehr Geld in die Verwaltung oder die Entwicklungshilfe stecken wollten.

Der Solothurner SP-Finanzpolitiker Philipp Hadorn äusserte seinen Unmut bereits in der allgemeinen Aussprache vor der Detailberatung. Die Situation sei deshalb störend, weil die Bürgerlichen «wieder einmal einige Weihnachtsgeschenke für die üblichen Klientelen übrig haben, namentlich die Landwirtschaft und die Armee».

Heilige Kuh Landwirtschaft

Tatsächlich sprach der Nationalrat am Ende des ersten Teils der Budgetdebatte mehr Geld für die Landwirtschaft und die Bildung, als der Bundesrat beantragt hatte. Die Bürgerlichen setzten sich auch hier durch.

Für die Direktzahlungen sprach die grosse Kammer rund 62 Millionen Franken mehr als der Bundesrat. Die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte nach dem sogenannten «Schoggigesetz» erhöhte sie um 27 Millionen Franken, die Beiträge an die Qualitäts- und Absatzförderung um 2,5 Millionen Franken.

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Die Entscheide fielen deutlich. Neben SVP und FDP stimmten auch die meisten Vertreter der Mitteparteien bauernfreundlich. «Die Landwirtschaft hatte in den vergangenen Jahren eine stabile Ausgabenentwicklung», sagte Markus Hausammann. Nur die Linken und Bundesrat Maurer plädierten dafür, dass auch die Bauern ihren Sparbeitrag leisten sollten. «Sie profitieren wie andere vom tiefen Eurokurs», sagte Maurer.

Bildung stärken

Vom Sparwillen der Nationalrats ebenfalls ausgenommen sind Bildung, Forschung und Innovation. Hier will die grosse Kammer im Einklang mit früheren Beschlüssen mehr ausgeben als der Bundesrat. Nur die SVP stellte sich dagegen.

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Die Grundbeiträge für Universitäten sollen um 14 Millionen Franken, jene für Fachhochschulen um zehn Millionen Franken aufgestockt werden. Die ETH soll 40 Millionen Franken mehr Geld zugesprochen bekommen. Auch die Forschungseinrichtungen sollen zehn Millionen Franken mehr erhalten.

Die Debatte zum Budget geht am Donnerstagmorgen weiter. Zu reden geben dürften die Asylkosten sowie die Schuldenbremse. Um deren Regeln einhalten zu können, will der Bundesrat 400 Millionen Franken als ausserordentliche Ausgaben verbuchen. Dieser Trick sorgte in der Finanzkommission des Nationalrats aber für Kritik. (gin/sda)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wandtafel
30.11.2016 15:16registriert März 2015
"sondern gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen"
Wie jeder weiss, die Zukunft liegt nicht in der Digitalisierung sondern bei den staatlich subventionierten Bauern!
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Lowend
30.11.2016 17:17registriert Februar 2014
Innovative Bauern schliessen sich zu Genossenschaften zusammen, stellen eigene Käser an, die Käse herstellen, der so gut ist, dass er weltweit exportiert wird. Diese Bauern lösen über 80 Rappen pro Liter Milch!
SVP Staatsbauern jammern Nachmittags in der Beiz bei ihrem Bauernvertreter, dass die hochsubventionierte Emmi ihnen nur 50 Rappen pro Liter für ihre Milchseen zahlt und dass sie dringend Geld aus der Staatskasse brauchen.
Die SVP-Politik bestraft hier genau die Bauern, die wirtschaftlich denken und stützt alle Jammeris, die nichts wagen und nur konventionell Grossflächen bewirtschaften!
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