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Alles für die Milchkuh? Das Rätsel um die SVP-Millionen

Verkehrs- statt Asylpolitik? SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz beim Start der Milchkuh-Initiative.
Verkehrs- statt Asylpolitik? SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz beim Start der Milchkuh-Initiative.
Bild: KEYSTONE

Alles für die Milchkuh? Das Rätsel um die SVP-Millionen

Kein Geld: Gegner der Milchkuh-Initiative glauben zu wissen, warum die Partei auf Kampagne gegen Asylgesetz verzichtet.
06.04.2016, 04:5506.04.2016, 06:26
lorenz honegger / Aargauer Zeitung
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Das ist ungewohnt. Am 5.Juni stimmt die Schweiz über das neue Asylgesetz ab. Die SVP hat den Urnengang per Referendum erzwungen. Doch wie die Partei Anfang Woche mitteilte, verzichtet sie im angelaufenen Abstimmungskampf auf eine Kampagne «im bezahlten Raum».

Offiziell begründet die SVP-Führung den Entscheid damit, dass sie das Geld für die anstehenden Abstimmungen zur EU-Frage aufsparen möchte. Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) vermutet jedoch, das sei nur die halbe Wahrheit.

Alles für die Milchkuh?

VCS-Präsidentin und SP-Nationalrätin Evi Allemann (BE) sagt auf Anfrage, sie gehe davon aus, dass die SVP ihre Millionen im Vorfeld der Juni-Abstimmung voll und ganz auf die Milchkuh-Initiative konzentriere. Diese verlangt, dass die Einnahmen aus der Mineralölsteuer – der Steuer auf Treibstoffen wie Benzin oder Diesel – vollumfänglich der Strassenfinanzierung zugutekommen.

«Die SVP hängt die Milchkuh-Initiative extrem hoch. Verschiedene Parteiexponenten haben ein persönliches Interesse daran, dass sie angenommen wird», sagt Allemann.

SP-Nationalrätin Evi Allemann. 
SP-Nationalrätin Evi Allemann. 
Bild: KEYSTONE

Sie spricht von Walter Frey, erfolgreicher Autoimporteur und Mitglied der SVP-Parteileitung. Von SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz, Präsident des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbandes Astag, vom Aargauer Transportunternehmer und Nationalrat Ulrich Giezendanner und vom Solothurner Nationalrat Walter Wobmann, der die Interessen der Busunternehmer und Motorradfahrer vertritt. Sie alle sitzen im Komitee der Milchkuh-Initiative.

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Gleichzeitig, so Allemann, sei das Interesse der Volkspartei relativ klein, das Asylgesetz tatsächlich zu bodigen. «Die SVP fordert seit Jahren schnellere Asylverfahren – sie kann kaum daran interessiert sein, eine Beschleunigung zu verhindern.» VCS-Geschäftsleitungsmitglied Matthias Müller ergänzt: «Die SVP nutzte das Referendum, um im Wahlkampf 2015 kurzfristig Stimmung zu machen. Für Autoimporteur Frey lohnt es sich aber nicht, Geld gegen das Asylgesetz aufzuwenden, wenn bei der Milchkuh-Initiative so viel auf dem Spiel steht.»

Tatsächlich: Wird die Initiative angenommen, fliessen künftig 1,5 Milliarden Franken zusätzlich aus der Mineralölsteuer in die Finanzierung des Strassennetzes. Gerüchtweise betrage das Budget der Autolobby für die Abstimmung sechs bis acht Millionen Franken, so VCS-Sprecher Müller.

SVP dementiert

Andreas Burgener, Chef von Auto Schweiz und Kampagnenleiter der Milchkuh-Initiative, dementiert diese Zahl. «Ich wäre froh, wenn wir ein solches Budget hätten. Aber wir sind weit entfernt davon.» Die Kampagne werde von verschiedenen Interessengruppen finanziert: den Strassenbenützern, der Transport- und der Autobranche, aber nicht der SVP.

SVP-Nationalrat Urlich Giezendanner: «Müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu Märtyrern machen.»
SVP-Nationalrat Urlich Giezendanner: «Müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu Märtyrern machen.»
Bild: KEYSTONE

Die SVP-Nationalräte Giezendanner und Wobmann verneinen ebenfalls,dass ihre Partei zugunsten der Milchkuh-Initiative auf eine Kampagne gegen das Asylgesetz verzichtet. «Es gibt keinen solchen Zusammenhang», sagt Wobmann. Er selber werde zu beiden Vorlagen an Podiumsdiskussionen auftreten.

Giezendanner betont, es sei gar nicht nötig, dass die SVP Geld für die Milchkuh-Initiative aufwende, diese werde von den Verbänden getragen. Er wolle aber nicht in Abrede stellen, dass die Ausgangslage beim Asylreferendum schwierig sei: «Es wird wieder alle gegen einen sein. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu Märtyrern machen, und uns die Frage stellen: Lohnt es sich, so viel zu investieren?»

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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peeti
06.04.2016 08:04registriert März 2015
Die SVP sollte sich besser fragen: Lohnt es sich, für billigen Wahlkampf mit Referenden und Initiativen die Problemlösung in unserem Land zu verhindern.
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dracului
06.04.2016 07:57registriert November 2014
Aber lebt nicht gerade die Schweizer Milchkuh bzw. deren Halter stark von Direktzahlung?
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giguu
06.04.2016 06:29registriert Dezember 2015
was bringt die milchkuh initiative? wenn dann milliarden für die strasse verfügbar sind und ein GA 10'000 CHF kostet, werden dann 8 spurige autobahnen gebaut, oder gar keine und alle stecken im stau und die reichen im leeren zug? kann mir das bitte mal einer mal erklären?
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