Der Badener Gewerbeverband City Com fordert Stadtammann Geri Müller wegen der Selfie-Affäre zum Rücktritt auf. «Geri Müller hat das Ansehen und damit auch das Wohl unserer Stadt arg beschädigt», heisst es in einem Schreiben des Vorstands an die Mitglieder, das der az vorliegt.
«Der Vorstand von City Com Baden fordert Geri Müller auf, Verantwortung zu übernehmen und sofort von seinem Amt als Stadtammann und Stadtrat Badens zurückzutreten.»
Ob Müller Nationalrat bleiben wolle, sei seine Sache. Denn im Parlament habe er keine Führungsaufgaben und sei auch nicht direkt für die Badener Einwohner verantwortlich.
Müller sei kopflos, geradezu dumm mit intimen Daten umgegangen, kritisiert der Gewerbeverband. «Das ganze Vorgehen, insbesondere die Art und Weise der Aufnahme und Übermittlung per Handy, lässt nicht auf grosse Voraussicht und Sorgfalt schliessen.»
Überlegtes Handeln sei jedoch eine der wichtigsten Fähigkeiten, wenn Politik gemacht und Führungsarbeit geleistet werde. Die Stadt brauche eine souveräne Führung, wenn die anstehenden Grossprojekte wie etwa der Schulhausplatz, die Schulhäuser oder das Bäderquartier erfolgreich gemeistert werden sollen.
Die Sprache in der Mitteilung ist unverblümt: Von Schmuddeleien und unehrenhaften Taten Müllers ist beispielsweise die Rede.
«Geri Müller kann als Privatperson durchaus sympathisch sein, als Stadtammann hat er seine Glaubwürdigkeit verloren, und Führungsaufgaben sollte er sein lassen», heisst es im Text weiter.
Die in den letzten Tagen aufgetauchte Ansicht, dass die ihm unterstellte Verwaltung die Vertrauensfrage beantworten soll, sei falsch: «Sie kann ihn ja nur stützen, ansonsten jede und jeder seinen Job riskiert, wenn Geri Müller sein Amt behält.» Einzig die Badenerinnen und Badener könnten entscheiden, ob er das Vertrauen für ein Weiterführen seines Amtes erhält.
Der Gewerbeverband hat sich in den vergangenen Monaten bereits mehrfach – und mit unterschiedlicher Wertung – zu Geri Müller geäussert. Unmittelbar nach der Wahl zeigte sich Präsident Robert Sailer ernüchtert.
In einem Mail an die Vorstandsmitglieder schrieb er: «Ich bin vom gestrigen Wahlresultat sehr enttäuscht. Das Vertrauen in die Regierung ist gestört, die Fronten werden sich verhärten.»
Sailer drohte damit, die City Com Baden könnte ihr Engagement gegenüber der Stadt aussetzen, wenn die Forderung wie etwa die Öffnung der schiefen Brücke nicht ausdrücklich unterstützt würde.
Von der Engagement-Liste könnte zum Beispiel das Sponsoring für das «Liechterwecke» oder das Brennholz für die Randständigen gestrichen werden. Nachdem die Mail an die Medien gelangt war, sagte Sailer, er habe emotional gehandelt, und die Mail sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen.
Diesen April fand Sailer lobende Worte für den Stadtammann: «Die politische Marschrichtung der Stadt mit ihrer rot-grünen Regierung passt mir zwar nach wie vor nicht. Insgesamt bin ich aber positiv überrascht von Stadtammann Geri Müller.»
Er sei gut informiert, verfüge über die nötigen Dossierkenntnisse, beispielsweise in Verkehrsfragen. Erfreulich finde er auch, dass Müller erreichbar sei und für Gespräche zur Verfügung stehe.
Bereits vor zwei Wochen haben die bürgerlichen Stadtparteien CVP, FDP und SVP den Rücktritt Müllers gefordert, während ihm das team baden, die SP und die Grünen – wenn auch nicht vorbehaltlos – den Rücken stärken.