«Ich habe mir Tabletten zum Abnehmen gekauft, weil ich in die Badi gehen will, ohne mich zu schämen», sagt Jennifer*, 24. Die junge Frau ist in guter Gesellschaft. Im Vorsommer und während den heissen Tagen der letzten Wochen sind über die Theken hiesiger Apotheken ungewöhnlich viele Abnehmpillen gegangen.
«Bei uns ist die Nachfrage seit Anfang Mai deutlich gestiegen», sagt der Geschäftsleiter der Bahnhof-Apotheke in Zürich, Yves Platel. Gefragt seien die Pillen besonders bei weiblichen Kunden mit leichtem Übergewicht. Die Online-Drogerie drogi.ch macht dieselbe Beobachtung. Geschäftsführer Ruedi Giger: «Die meisten Abnehmpillen haben wir zwischen April und Juni verkauft.»
Auch bei Amavita, Sun Store und Coop Vitality zeichnete sich der Wunsch vom perfekten Summerbody bereits ab April in den Verkaufszahlen ab. Und in der Bellevue-Apotheke in Zürich ist die Nachfrage derzeit hoch wie noch nie. Grund dafür sei wohl auch das breite Angebot, das zurzeit bestehe. «Es gibt immer mehr Anbieter, die solche Produkte auf den Markt bringen», schreibt die Apotheke.
Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Schlankmachern im Handel. So existieren unter anderem Pillen zur Appetitreduktion oder gegen Heisshunger-Attacken und Pillen, die die Aufnahme von Fett oder Kohlenhydraten reduzieren.
Nicht wirklich erfreut vom «Sommertrend» ist Ernährungsberaterin Petra Martel: «Im Sommer wollen viele Menschen auch in der Badehose oder im Bikini eine gute Figur machen. Und von vielen Anbietern wird sehr viel versprochen – zu viel.»
Dabei sei ein Gewichtsverlust durch Diät-Pillen alles andere als nachhaltig. «Wenn man ein spezielles Produkt zur Gewichtsreduktion braucht, müsste man dieses theoretisch ein Leben lang einnehmen.» Ganz pauschal von Abnehmpillen abraten will Martel aber nicht: «Es kommt auf die Person und deren Bedürfnisse an.» Von Produkten, die einen unrealistischen Erfolg versprechen wie zum Beispiel einen Verlust von zehn Kilogramm in zwei Wochen, sollte man aber auf jeden Fall die Finger lassen.
Ernährungsberaterin Stefanie Bürge hält nichts von Diät-Pillen: «Das einzig Wirksame ist eine ausgewogene, gesunde Ernährung.» Sie vermutet, dass auch Personen zur Pille greifen könnten, die konstant Diäten machen und ihre Nahrungsaufnahme strikt kontrollieren. «Die Pille könnte diesen Personen wohl ein zusätzliches Gefühl der Kontrolle und Sicherheit verleihen.»
Die meisten der grössten Hersteller von Diät-Pillen weisen auf ihrer Webseite darauf hin, dass sie keinen Anspruch darauf haben, zu sagen, sie würden eine «Wunderpille» anbieten. Die Tabletten sollten beim Abnehmen unterstützend wirken, nötig sei dazu aber genügend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung.
Während die Verkaufszahlen von Diät-Pillen in den Apotheken zunehmen, gehen die Zahlen bezüglich illegal importierter Schlankheitsmittel zurück. Wie das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic auf Anfrage mitteilt, sind seit Januar dieses Jahres zwölf Sendungen mit solch illegal importierten Schlankheitsmitteln am Zoll abgefangen worden. Sprecherin Danièle Bersier: «Das sind deutlich weniger als in den letzten Jahren.»
Die beschlagnahmten Sendungen kämen meist aus Asien, Brasilien oder aus europäischen Ländern, von denen aus die kriminellen Zwischenhändler die Pakete mit asiatischen Produkten verschicken, so Bersier. «Darin enthalten sind oft vermeintlich pflanzliche Kapseln oder Getränkepulver, die nicht deklarierte chemische Substanzen enthalten.»
*Name geändert.