Schweiz
Gesundheit

Weshalb das Rauchen in der Schweiz vorerst nicht teurer wird

ZUR FRUEHLINGSSESSION VOM MONTAG, 27. FEBRUAR 2017, BIS FREITAG, 17. MAERZ 2017, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Cigarettes in the shop at the BP gas station in Oftringen in  ...
Die Zigarettenpreise dürften in der Schweiz vorerst etwa gleich hoch bleiben.Bild: KEYSTONE

8.50 Franken für ein Päckli – weshalb das Rauchen in der Schweiz vorerst nicht teurer wird

Auch das Parlament erhöht die Tabaksteuern nicht – zahlreiche Länder gehen einen anderen Weg.
01.03.2017, 03:5301.03.2017, 06:20
Antonio Fumagalli / aargauer zeitung
Mehr «Schweiz»

Die Sache war schnell erledigt: Auf der Traktandenliste des Ständerates stand am Dienstag Vormittag die Revision des Tabaksteuergesetzes. Einstimmig beschloss die kleine Kammer, die Gesetzesänderungen, welche vor allem die Besteuerung von Wasserpfeifentabak betreffen, unter Dach und Fach zu bringen.

Die Einigkeit ist darauf zurückzuführen, dass der viel brisantere Aspekt nicht mehr in der Vorlage enthalten war – nämlich die Möglichkeit zur Anpassung der Tabaksteuer und damit des Verkaufspreises von Zigaretten. Bislang hatte der Bundesrat die limitierte Kompetenz, die Tabaksteuern in Eigenregie zu erhöhen. Das letzte Mal tat er dies 2013 – und schöpfte dabei seinen Spielraum aus.

Jetzt auf

Aus diesem Grund wollte sich der Bundesrat diese Kompetenz vom Parlament eigentlich erneuern lassen, zur Diskussion standen schrittweise Steuererhöhungen um bis zu 2.80 Franken. Das Zigi-Päckli hätte mittelfristig über 11 Franken kosten können. Nach ablehnenden Rückmeldungen in der Vernehmlassung strich die Regierung diesen Teil aber wieder aus der Vorlage. Und auch im Ständerat gab es keine Anträge auf eine Erhöhung der Tabaksteuer. Sofern die Produzenten oder Zwischenhändler den Zigarettenpreis nicht erhöhen, bleibt er in absehbarer Zukunft also auf dem jetzigen Stand von 8.50 Franken (für eine Packung Marlboro).

Zigarettenpreis im Vergleich

Durchschnittspreis für eine Schachtel Marlboro im Vergleich in Schweizer Franken.
Durchschnittspreis für eine Schachtel Marlboro im Vergleich in Schweizer Franken.quellen: deutsche bank, expatisan

Tabakgegner zeigen sich enttäuscht vom Entscheid. Die Räte hätten «gegen den Kinder- und Jugendschutz» entschieden und die Tabakprävention in der Schweiz «empfindlich geschwächt», schreiben etwa die Krebsliga und die Lungenliga. Ihr Hauptargument: Die Tabaksteuer sei eines der effizientesten Mittel, wenn es darum gehe, der Bevölkerung das Rauchen abzugewöhnen oder sie dazu zu bringen, gar nie erst damit anzufangen.

Die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention verweist auf Anfrage auf eine umfassende Studie der Weltbank. Diese besagt, dass in Industrieländern eine Erhöhung der Tabaksteuer um 10 Prozent die Nachfrage nach Zigaretten um 4 Prozent senkt, wobei Kinder und Jugendliche besonders preissensibel reagieren. In Entwicklungs- und Schwellenländern ist der Effekt aufgrund der tieferen Kaufkraft sogar doppelt so hoch.

Australien ist «Champion»

Schaut man über die Landesgrenzen hinaus, sind tatsächlich massive und in erster Linie steuerbedingte Unterschiede bei den Tabakpreisen zu erkennen (siehe Grafik oben). Ein Land sticht dabei richtiggehend heraus: Australien. Je nach Bundesstaat kostet dort das Päckchen Zigaretten umgerechnet gegen 20 Franken, wobei die massiven Preissteigerungen in den letzten Jahren vollzogen wurden. Gemäss Studien haben die drastischen Massnahmen durchaus den gewünschten Effekt, also eine Reduktion der Anzahl Raucher, erzielt. Kein Wunder, nennt Thomas Beutler von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Australien «den absoluten Champion in Sachen Tabakprävention». Denn neben den hohen Steuern setzt Down Under auch auf umfassende Informationskampagnen und einheitliche Zigaretten-Verpackungen.

Wo liegt beim Zigarettenpreis für dich die Schmerzensgrenze?

Von solchen Massnahmen ist man hierzulande weit entfernt – nicht zuletzt, weil die geografische Lage der Schweiz nicht mit jener von Australien zu vergleichen ist. National- und Ständeräte äusserten in der Debatte die Befürchtung, dass eine Erhöhung der Tabaksteuer zu einer Zunahme von geschmuggelten Zigaretten führen könnte. Präventionsfachleute halten dieses Argument aber für vorgeschoben, denn für eine rege Schmuggeltätigkeit sei neben entsprechendem Interesse der Produzenten und einer Untergrundstruktur für den Vertrieb auch ein schwacher Zoll vonnöten. «All diese Faktoren treffen in der Schweiz nicht zu», sagt Beutler.

Letztlich dreht sich die Diskussion neben den fiskal- und präventionspolitischen Argumenten aber immer auch um die Frage, inwiefern der Staat die Bürger zu ihrem «Glück» zwingen soll. Eine Parlamentsmehrheit hat hierbei eine klare Haltung. Stellvertretend Ständerat Martin Schmid (FDP, GR): «Vergessen wir die Eigenverantwortung nicht. Eine suchtmittelfreie Gesellschaft gibt es nicht.» (aargauerzeitung.ch)

Als Rauchen noch als vornehm galt

1 / 31
Als Rauchen noch als vornehm galt
John Lennon 1969 in Toronto, Kanada. Es weht damals noch ein anderer Wind um rauchende Promis. Niemand stört sich gross daran, dass die Stars paffen – für die Nachteile des Tabakkonsums gibt es nicht so ein Bewusstsein wie heute.
quelle: zuma dukas dukas / ?? 2005 by jeff goode/toronto star
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
79 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
El Vals del Obrero
01.03.2017 07:14registriert Mai 2016
Was ich nicht kapiere ist, warum der Preis immer nur alle paar Jahre oder Monate um wenige Rappen angehoben wird. So gewöhnt man sich an die Erhöhung, ohne dass man sie (auf einen Schlag) gross spürt.

Wenn schon müsste man doch den Preis lange gleich lassen, dann aber auf einmal gleich um einen grösseren Betrag erhöhen. Das hätte dann eher eine "Schockwirkung".
235
Melden
Zum Kommentar
avatar
Majoras Maske
01.03.2017 06:40registriert Dezember 2016
Als Raucher bin ich froh, dass sie denn Preis nicht erhöht haben, denn als Suchtmittel ist der Absatz preisunabhängig. Damit eine Preiserhöhung Wirkung zeigen würde, müsste der Preis etwa auf 20.00 CHF angehoben werden, dann wären wohl viele Raucher tatsächlich gezwungen sich einzuschränken (der Nebeneffekt wäre aber, dass etwas besser situierte Kreise noch weiterhin rauchen könnten). Würden sie den Preis aber um 1 - 3 CHF ergehen, wäre das wirkungslos und würde nur einige Millionen in die Portokasse des Bundes spülen...
227
Melden
Zum Kommentar
avatar
Hercules Rockefeller
01.03.2017 08:46registriert Juni 2014
Jeder, der glaubt, eine Erhöhung der Tabaksteuer sei einzig dazu da, den Bürgern das Rauchen auszureden, ist ein Naivling. Der Bund verdient sehr gut mit und ich kann mir gut vorstellen, dass er bei CHF 8.50 pro Päckli sein aktuelles Gewinnmaximum sieht - der Gesundheitsschutz scheint dabei sekundär.
228
Melden
Zum Kommentar
79
In Luzerner Kantonsspital kursiert «Mimimi-Formular» – Belegschaft «verletzt und empört»

«Wir sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Luzerner Kantonsspital (LUKS) und schreiben Ihnen diesen Brief, um Ihnen ein schwerwiegendes Problem in unserem Unternehmen aufzuzeigen» – so beginnt ein anonymes Schreiben, das die watson-Redaktion diese Woche erhalten hat.

Zur Story