Schweiz
Grosse Fragen

3 Gründe, warum in der Schweiz hauptsächlich junge Männer ertrinken

Junge Männer wollen mit ihren Sprüngen ins Wasser auch imponieren. Das kann gefährlich sein.
Junge Männer wollen mit ihren Sprüngen ins Wasser auch imponieren. Das kann gefährlich sein.Bild: KEYSTONE

3 Gründe, warum in der Schweiz hauptsächlich junge Männer ertrinken

Zwei Männer sind beim Baden in der Limmat ums Leben gekommen. Einer war erst 25 Jahre alt. Das ist kein Zufall. Bei den Opfern handelt es sich meist um jüngere Männer. Das hat verschiedene Gründe.
07.07.2015, 18:1908.07.2015, 08:44
Felix Burch
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Für zwei Männer ist in der Zürcher Badi am Oberen Letten jede Hilfe zu spät gekommen. Der Bademeister fand einen 25-Jährigen und einen 31-Jährigen auf dem Boden der Limmat, beide verstarben trotz Reanimationsversuchen noch vor Ort.

Warum die jungen Männer am Sonntagabend ertrunken sind, ist noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass in der Schweiz am ehesten junge Männer beim Baden sterben. 80 Prozent aller Ertrinkungsopfer sind männlich und 30 Prozent aller Ertrunkenen in der Schweiz sind jünger als 25 Jahre alt. Philipp Binaghi, Mediensprecher der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG), sagt: «Der Anteil der jungen Männer, die bei uns beim Schwimmen ums Leben kommen, ist sehr hoch.»

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grafik watson/melanie gath

Die SLRG verfasste 2009 eine entsprechende Studie und nimmt seither regelmässig Rücksprache mit den Verfassern. Diese haben der SLRG bestätigt, dass die Verhältnisse auch dieses Jahr gültig sind. 

Ausserdem ist es so, dass Freigewässer «gefährlicher» sind. Neun von zehn Ertrinkungsunfällen geschehen in Seen, Flüssen oder Bächen. 

Warum sind unter den Opfern so viele junge Männer?

Über die Gründe, weshalb so auffällig viele junge Männer sterben, gibt es keine Statistik. Die SLRG macht dazu aber empirische Beobachtungen und ergänzt diese durch Berichte und Studien aus anderen europäischen Ländern. Daraus ergeben sich im Kern folgende drei Faktoren, die das Risiko erhöhen: 

1. Wenig Risikobewusstsein

Wer von einer Brücke springt, muss das Gewässer kennen.
Wer von einer Brücke springt, muss das Gewässer kennen.Bild: Melanie Duchene

Junge Männer sind aufgrund fehlender Lebenserfahrung weniger sensibilisiert für bedrohliche Gefahren. Sie wollen Grenzen ausloten, messen sich gegenseitig in mitunter gefährlichen Mutproben und überschätzen sich dabei selbst. Oft stehen junge Männer unter Druck, in einer Gruppe nicht abzufallen und mithalten zu können. 

2. Das andere Geschlecht

Um bei Frauen anzukommen, wagen junge Männer oft unüberlegte Aktionen.
Um bei Frauen anzukommen, wagen junge Männer oft unüberlegte Aktionen.Bild: KEYSTONE

Insbesondere bis zum Alter von 25 Jahren, aber auch später sind junge Männer oft auf Partnerinnen-Suche. Das kann zu gefährlichen Situationen führen. «Vielleicht wollen junge Männer beispielsweise jungen Frauen imponieren, indem sie einen besonders gewagten Sprung ins Wasser vorführen», vermutet SLRG-Sprecher Binaghi. 

3. Rauschmittel 

Alkohol und Drogen machen blind für Gefahren.
Alkohol und Drogen machen blind für Gefahren.Bild: AP

Unter Einfluss von Alkohol und Drogen fallen zusätzliche Hemmschwellen, das Risikobewusstsein sinkt zusätzlich, was unüberlegte Handlungen fördert. Rauschtrinken ist insbesondere unter jüngeren Bevölkerungsgruppen beliebt. 

Bereits 22 Badetote

Pro Jahr ertrinken in der Schweiz etwa 50 Personen. In durchschnittlich acht Fällen sind dabei Touristen betroffen. Umgekehrt ertrinken etwa fünf Schweizer in ihren Auslandferien.

Dieses Jahr hat die Schweiz bereits 22 Badetote zu beklagen. Die Zwischenbilanz untermauert die bisherigen Statistiken: Es sterben mehr Männer als Frauen, darunter zahlreiche Junge.

Der Bundesrat wollte das Baden verbieten

Baderegeln der Lebensrettungsgesellschaft
1. Kinder nur begleitet ans Wasser lassen. Kleine Kinder in Griffnähe beaufsichtigen.  

2. Nie alkoholisiert oder unter dem Einfluss anderer Drogen ins Wasser. Nie mit vollem oder ganz leerem Magen schwimmen. 

3. Nie überhitzt ins Wasser springen. Der Körper braucht Anpassungszeit. 

4. Nicht in trübe oder unbekannte Gewässer springen. Unbekanntes kann Gefahren bergen. 

5. Luftmatratzen und Schwimmhilfen gehören nicht ins tiefe Wasser. Sie bieten keine Sicherheit. 

6. Lange Strecken nie alleine schwimmen. Auch der besttrainierte Körper kann eine Schwäche erleiden.

Verhindert werden könnten mehr Unfälle gemäss Binaghi ganz einfach durch das Befolgen der sechs Baderegeln der SLRG (siehe Infobox). «Die Regeln sind im Grunde genommen sehr einfach», sagt Binaghi. Doch es sei jedes Jahr so, dass genau das Nichtbefolgen dieser Regeln zu den meisten Todesfällen führe. Binaghi: «Menschen sind keine Wasserwesen, sondern Landtiere und sie sollten sich jedes Mal vor dem Schwimmen überlegen, was für Gefahren das Baden birgt.» Routine sei etwas vom Gefährlichsten. 

Die Baderegeln sind keine Verbote. Denn nichts liegt der SLRG ferner als das Baden zu verbieten. Dies wollte der Bundesrat 1933 aufgrund der hohen Ertrinkungszahlen tun und genau deshalb – um das Baden als Volkssport zu erhalten – wurde die SLRG überhaupt erst gegründet. 

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Badelandschaft im niederländischen Utrecht.
quelle: epa/anp / robin van lonkhuijsen
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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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goschi
07.07.2015 19:52registriert Januar 2014
Junge Männer sterben öfter, weil sie Idioten sind, das ist im Grunde die Kurzzusammenfassung verschiedener Studien zu dem Thema, zuletzt zB diese hier:

http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article135274403/Maenner-sind-eben-doch-die-groesseren-Idioten.html

Das kann wohl auch jeder selbst bestätigen, wenn er in seine eigene Vergangenheit zurückschaut ;-)
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stadtzuercher
07.07.2015 20:33registriert Dezember 2014
Liebes Watson-Team, ich habe in einem von euch zensierten Kommentar einen Hinweis auf die Nationalität der Opfer gemacht, ein grosser Teil der jungen Männer sind Ausländer. Eine Recherche würde das bestätigen. Andere Medien haben das Thema bereits aufgegriffen und vermuten unter anderem fehlende Kenntnisse über Gefahren in Flüssen und generell mangelnde Schwimmkenntnisse bei Asylsuchenden Männern etc.. http://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/Nach-toedlichem-Badeunglueck-reagiert-die-Asylorganisation/story/10131176?track
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sambeat
07.07.2015 21:31registriert März 2014
Ich möchte hier mal die wage Behauptung reinstellen, dass Charles Darwin diesen Artikel mit grossem Interesse gelesen, nein, geradezu verschlungen hätte ;)
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