Franz Rueb betreibt an bester Lage in Zürich in einer städtischen Familienwohnung ein Bed and Breakfast (B'n'B). Der Mieter machte nie ein Geheimnis aus seinem kleinen Hotelbetrieb. Jahrelang warb er im Internet dafür, gegenüber watson gab er freimütig über seine Tätigkeit Auskunft, 2013 veröffentlichte er ein Buch über sein B'n'B und erwähnte es vor fünf Jahren auch gegenüber der «MittellandZeitung». Im Klartext: Das halbe Quartier wusste Bescheid.
Nur die Liegenschaftenverwaltung hat nach eigenen Angaben nichts vom florierenden B'n'B in ihrem Gebäude gewusst. Die Einkommen der Mieter und das Einhalten der Belegungsvorschriften kontrolliert sie nur bei den subventionierten Wohnungen. Nicht aber bei 4869 Wohnungen zur sogenannten Kostenmiete, die deshalb so günstig sind, weil sie der Spekulation entzogen werden.
Seit 2007 prüft die Liegenschaftenverwaltung zwar bei Mietvertragsabschluss, dass in den städtischen Wohnungen immer so viele Personen wie es Zimmer hat minus eins leben, und dass das Einkommen das Vierfache des Bruttomietzinses nicht übersteigt. Während der Mietdauer kontrolliert das jedoch niemand mehr.
Deshalb habe man auch im Fall von Rueb all die Jahre nichts gemerkt. Auf Anfrage von watson heisst es bei der Liegenschaftenverwaltung, man habe erst seit einem halben Jahr Kenntnis von Ruebs Herberge und sei in Verhandlungen mit dem Mieter. «Wir suchen das Gespräch, wenn wir Hinweise aus der Nachbarschaft erhalten. Es erstaunt uns, dass wir in diesem Fall nicht schon früher einen Tipp erhalten haben. Deshalb glauben wir nicht, dass dieses B'n'B intensiv bewirtschaftet wurde», sagt Jürg Keller, Vizedirektor der Liegenschaftenverwaltung Zürich.
Dem widerspricht Rueb, der in der Zwischenzeit weiter Touristen in seiner Stadtwohnung empfing, gleich selbst. Er sei «ständig ausgebucht», sagt er gegenüber watson. Die Liegenschaftenverwaltung fasst ihn derweil mit Samthandschuhen an. Sie forderte den unliebsamen Mieter lediglich schriftlich dazu auf, einen Umzug in eine kleinere Wohnung zu erwägen. «Rueb ist ein Einzelfall», sagt der Liegenschaften-Verantwortliche Markus Feer: «Wir versuchen nun die Angelegenheit auf eine gute Art schnell genug zu erledigen.»
Das bringt selbst Gemeinderat Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband Zürich auf die Palme. «Das geht so nicht. Eine für Wohnzwecke vermietete Stadtwohnung gewerblich zu nutzen, ist nicht zulässig. Von dieser preiswerten Unterkunft könnte eine vierköpfige Familie profitieren», sagt Angst und fordert von der Stadt, ihren Mietern genauer auf die Finger zu gucken: «Weil sich die Wohnungsnot in den letzten Jahren massiv verschärft hat, muss die Stadt genauer hinschauen. Sie sollte sich überlegen, die Belegung – ähnlich wie einige Genossenschaften – auch während der Mietdauer zu kontrollieren.»
Dem Vizedirektor der Liegenschaftenverwaltung, Jürg Keller sind nach eigenen Angaben aber die Hände gebunden. «Aufgrund der bisherigen Mietverträge und der aktuellen Vermietungsverordnung haben wir heute keine Veranlassung, aktiv unsere Mieterschaft zu überwachen», sagt Keller. Man reagiere jedoch auf Hinweise.
Damit wird es möglich, dass ganze B'n'B's in Stadtwohnungen florieren. Eine neue Verordnung soll das nun ändern. Der Stadtrat beschäftigt sich mit dem Thema und wird im besten Fall noch in diesem Jahr neue Richtlinien präsentieren. Denn, so Jürg Keller: «Für regelmässige Kontrollen wie bei den subventionierten Wohnungen haben wir heute die Kapazitäten und die Rechtsgrundlage nicht.»