Sag das doch deinen Freunden!
Zwei kürzlich erschienene Reportagen über syrische und irakische Flüchtlinge, die in Europa nicht recht glücklich werden, spielen sich in Skandinavien ab. Der «Tages-Anzeiger» war in Nordschweden, die « in Finnland. Wen wunderts, ist man versucht zu denken. Denen ist es da oben einfach zu kalt. New York Times»
Doch die Assoziation Skandinavien und Depression ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Schnee gibt es auch in Aleppo und Mossul, an der Kälte allein kann es nicht liegen. Vielmehr ist die Enttäuschung über Europa auch in den südlicheren Breitengraden spürbar – und dort sogar ausgeprägter.
Der Frust der Flüchtlinge lässt sich an der steigenden Zahl freiwilliger Irak-Rückkehrer ablesen. Obwohl der «IS» Teile des Landes besetzt hält, ist die Sicherheitslage im kurdischen Teil sowie im Süden vergleichweise stabil. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hat vergangenes Jahr knapp 3500 Iraker bei der Heimkehr aus Europa unterstützt, Tendenz steigend. Auf Anfrage verrät die Organisation mit Sitz in Genf ein interessantes Detail:
Was ist denn so schlimm an Belgien? Haitham Abdulatif (48) sagte gegenüber der «New York Times», er habe davon geträumt, dass er rasch ein Haus und eine gute Arbeit zugeteilt bekomme. Das sei nicht passiert. Auch das Essen habe er gehasst: Milch und Toast zum Früchstück und Käsesandwichs zum Mittagessen. Irgendwann hatte er genug und bat um Rückführung.
Sekvan Agho (26) hielt es gerade einmal drei Monate in Deutschland aus, und das nach der gefährlichen und teuren Flucht über die Türkei, Griechenland und den Balkan. «Ich sage nicht, dass es in Deutschland nicht schön ist. Es ist schön, aber für Europäer», sagte er der Nachrichtenagentur AP, bevor er den Heimflug antrat.
Laut einer Sprecherin der irakischen Fluggesellschaft Iraqi Airlines handelt es sich bei 40 von 180 Passagieren auf dem wöchentlichen Flug von Berlin in die kurdische Metropole Erbil um Heimkehrer. Auf den Flügen von Düsseldorf und Frankfurt sei es ebenso.
Neben der Enttäuschung über unerfüllte (und unrealistische) Erwartungen nennen viele die kulturellen Unterschiede zwischen dem liberalen Westeuropa und den konservativen arabischen Gesellschaften in ihrer Heimat als Grund für die Rückkehr. Zudem habe sich das Klima gegenüber Flüchtlingen nach den Terroranschlägen von Paris sowie nach den sexuellen Übergriffen in Köln merkbar verschlechtert.
Die 3500, die von der IOM in ihre Heimat gebracht wurden, sind nur ein Bruchteil aller Iraker, die 2015 freiwillig die Heimreise angetreten haben. Viele nutzen die Rückkehrhilfe ihrer Gastländer oder ihrer Botschaft. Auch in der Schweiz ist der Trend spürbar, allerdings nur in absoluten Zahlen:
Wie andere Gastländer gewährt auch die Schweiz ausreisewilligen Irakern eine individuelle Rückkehrhilfe, die neben den Reisekosten aus einem Barbetrag sowie einer projektbezogenen Finanzierungshilfe besteht. Viele kämen sonst völlig mittellos in der Heimat an, da sie ihre Ersparnisse für die Flucht aufgebraucht haben.