Nordwestschweiz: Herr Giezendanner, in der «Schweiz am Sonntag» forderten Sie die Absetzung der Economiesuisse-Spitze – als Reaktion auf die Abstimmungsschlappe bei der Unternehmenssteuerreform III. Haben Sie Reaktionen erhalten?
Ulrich Giezendanner: Unglaublich viele sogar. Gerade mal zwei waren negativ, mehrere Dutzend Leute stimmten mir aber zu. Die allermeisten davon sind Unternehmer – das zeigt mir, dass der Unmut gegenüber dem Verband gross ist.
Was werfen Sie Präsident Heinz Karrer und Direktorin Monika Rühl konkret vor?
Ich will es nochmals betonen: Sie haben mir nichts zuleide getan. Aber Sie sind die falschen Leute für diesen Job. Ganz offensichtlich schaffen Sie es nicht, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Einer Direktorin, die zuvor jahrzehntelang für den Bund gearbeitet hat, glaubt man nicht, wenn Sie vom Verlust von Arbeitsplätzen spricht. Und Karrer gibt ab und zu mal ein TV-Interview. Sonst nehme ich ihn kaum wahr. Auch im Parlament hat Economiesuisse in den letzten Jahren an Bedeutung verloren.
Nach einer verlorenen Abstimmung ist es immer einfach, Sündenböcke zu finden. Und Ihnen verschafft die Polemik willkommene Aufmerksamkeit.
Wenn es jemand nicht mehr nötig hat, sich selbst zu profilieren, dann bin ich das. Ich trete nicht mehr zur Wiederwahl als Nationalrat an und das Geschäft haben meine Söhne übernommen. Sie können lange suchen, bis Sie jemanden finden, der so unabhängig ist wie ich.
In europapolitischen Fragen – einem Kernthema der SVP – vertritt die Economiesuisse fundamental andere Positionen. Für Ihre Partei ist die Abstimmung über die USR doch einfach ein Vorwand, um den stärksten Wirtschaftsverband der Schweiz auch bei anderen Themen auf Kurs zu trimmen.
Ach was. Mir geht es nicht um die SVP, sondern darum, dass der Verband die Wirtschaft wieder besser vertritt. Da ist es normal, dass die eigene Partei auch mal eine andere Haltung vertritt. Als Fuhrhalter und SVP-Vertreter stehe ich aber wohl in etwa 90 Prozent der Abstimmungen hinter der Position der Economiesuisse.
Sie sagen, dass dem «Geheimclub» neben Ihnen fünf Personen angehören. Wer sind diese?
Das werde ich nicht verraten. Es sind Unternehmer, die bei CVP, FDP und SVP Mitglied sind, aber nicht auf nationaler Ebene politisieren. Sie sind auf mich zugekommen und haben kein Interesse, sich zu outen. Da halte ich gerne den Kopf hin.
Warum soll man Ihnen das abnehmen, wenn Sie Ihren Wählern verheimlicht haben, dass Sie gegen die USR III stimmen werden?
Das habe ich nicht, in den ersten beiden Runden habe ich im Parlament sogar dagegen gestimmt. Nur in der Schlussabstimmung war ich dafür. Als Aargauer hat mich immer schon gestört, dass man nicht wusste, wie der Kanton die Vorlage umsetzt. Ich bin im Abstimmungskampf einfach nicht nach vorne gestanden, diese Loyalität war ich meiner Partei schuldig. Manchmal muss man auch ruhig sein können.
Wie wollen Sie vorgehen, um die Economiesuisse-Spitze abzusetzen?
Auch das werden Sie von mir nicht erfahren. Wir haben uns letzte Woche getroffen und einen Schlachtplan entworfen. Vielleicht ist der aber auch gar nicht nötig, manchmal erledigen sich Probleme von selbst.
Angenommen, Ihr Coup gelingt. Was soll eine nächste Economiesuisse-Führung anders machen?
Sie soll wieder zum alten System zurückgehen und die Kampagnenführung vom Dachverband trennen (siehe Infobox). Die Führungspersonen müssen viel aktiver den Kontakt zu Parlamentariern und Medien pflegen, das wird derzeit vernachlässigt. Und nicht zuletzt braucht es klassische Basisarbeit, indem man etwa an Delegiertenversammlungen geht – und zwar auch bei den politischen Gegnern.
Ich lese da nur, dass eine politische Windfahne, die aus persönlichen Gründen mal für und dann gegen die USR III stimmte, nun aus dubiosen Gründen zusammen mit geheimen Partnern einen Königsmord inszenieren will.
Nicht ein Wort der Selbstkritik, dass seine SVP mit der FDP aus einer halbwegs akzeptablen Vorlage, der sogar die Linken zähneknirschend zugestimmt hätten, im Nationalrat ein Geschenkpaket für reiche, ausländische Investoren gezimmert hat, vor dem am Ende sogar die ehemalige Architektin warnte.