Mindestens 247 Menschen sterben beim Erdbeben von Italien. Mit einer Stärke von 6,2 schüttelte es in der Nacht auf Mittwoch die Regionen Latium, Umbrien und den Marken. Hunderte Gebäude sind beschädigt, in Rom ordneten die Behörden eine Überprüfung der Statik des Kolosseums in Rom an.
700 Kilometer weiter im Nordwesten macht man sich in der Schweiz Gedanken über die Erdbebensicherheit im Lande. Laut dem Schweizerischen Erdbebendienst treten ähnliche Beben in der Schweiz alle 50 bis 150 Jahre auf. Das letzte grosse Beben erschütterte 1946 das Wallis. Ein Erdbebenschwarm ähnlich der «Umbria Marche Sequenz» ereignete sich 1964 in Sarnen. Sein grösstes Beben wies eine Magnitude von 5,3 auf.
Alarm schlägt Dörte Aller vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA). «Das Risiko von Erdbeben wird in der Schweiz unterschätzt», sagt sie in der «Neuen Zürcher Zeitung». Durch die Verdichtung in Siedlungsgebieten steige die Gefahr, dass schon kleinere Beben grosse Auswirkungen haben könnten.
Stefan Wiemer vom Schweizerischen Erdbebendienst schlägt in die gleiche Kerbe, wenn er der Zeitung «Nordwestschweiz» sagt: «Die Schweiz hat grossen Nachholbedarf.» Zwei Massnahmen schlägt er vor: Einerseits müsse ein landesweit einheitliches Erdbebenrisikomodell geschaffen werden und anderseits brauche es intensivere Vorbereitungen zur Schadensfallbewältigung.
Just am Mittwoch verabschiedete der Bundesrat in der Sache einen Bericht zum Umgang mit Naturgefahren unter dem Titel «Erdbebenvorsorge 2017-2020». Er fordert ein Massnahmenpaket. Die Versicherer würden heute die Erdbebensituation im Land unterschiedlich beurteilen.
Christophe Darbellay, auf dessen Postulat der Bundesratsbericht zurückgeht, sagt in der «Neuen Zürcher Zeitung», der «solide Bericht» fördere nicht viel Neues zutage und habe nach wie vor grosse Lücken, etwa im Bereich der Gefahrenkarten, oder der vom Parlament abgewiesenen obligatorischen Erdbebenversicherung.
Zwar ist laut Wiemer vom Erdbebendienst kein Kanton vor Erdbeben gefeit. Besonders gefährdet sind allerdings das Wallis und Basel. Dennoch spiele für eine nationale Lösung zur Einführung einer Versicherungspflicht die Solidarität zwischen den Kantonen nicht, beklagt etwa die SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. (kad)