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Mörder von Adeline wird verwahrt

GERICHTSZEICHNUNG - Un dessin montre Fabrice A., meurtrier presume d'Adeline, centre, sur le banc des accuses entoure d'un policier et de son avocat Me Leonardo Castro, gauche, dans la salle ...
Bild: KEYSTONE

Nicht die Höchststrafe: Mörder von Adeline wird ordentlich verwahrt

24.05.2017, 17:2624.05.2017, 18:13
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Das Genfer Strafgericht hat den Mörder von Adeline zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und einer ordentlichen Verwahrung verurteilt. Ausschlaggebend im Entscheid gegen eine lebenslängliche Verwahrung waren die psychiatrischen Gutachten.

Vor einem voll besetzten Saal beschrieb der Gerichtspräsident Fabrice Roch bei der Urteilseröffnung am Mittwoch, weshalb das siebenköpfige Richtergremium sich gegen die schwerste Sanktion entschieden hatte. Er erwähnte dabei entscheidende Passagen aus den Gutachten der beiden Experten-Duos.

Nach Ansicht der beiden französischen Experten sei der Angeklagte ein pervers gestörter Psychopath. Die beiden Schweizer Experten hätten von einer schweren dissozialen Störung gesprochen. Beide Gutachter-Duos hätten die Gefahr für eine Wiederholungstat als «sehr hoch» eingeschätzt, fuhr Gerichtspräsident Roch weiter.

Die psychiatrischen Experten hätten den Angeklagten aber nicht als untherapierbar bis ans Lebensende bezeichnet, sagte er. Der entsprechende Artikel im Strafgesetzbuch zur lebenslänglichen Verwahrung könne deshalb nicht angewandt werden.

Auf diese Worte verliess auf der Tribüne des grossen Gerichtssaals im Genfer Palais de Justice eine Person unmittelbar ihren Platz und schlug krachend die Türe zu. Der angeklagte Fabrice A. nahm das Urteil regungslos hin. Er erschien wie im fünftägigen Prozess vergangene Woche in einem blauen T-Shirt, grauen Trainerhosen und Turnschuhen gekleidet.

Schuldig in alle Anklagepunkten

Der Angeklagte habe besonders niederträchtig gehandelt und Adeline getötet, um seine Fantasien zu befriedigen, sagte der Gerichtspräsident Fabrice Roch. «Das Opfer sass an den Baum gefesselt und war wehrlos.» Fabrice A. habe klar vorsätzlich gehandelt und die Tat während Monaten geplant. Das Motiv sei «verwerflich» gewesen.

GERICHTSZEICHNUNG - Un dessin montre Fabrice A., meurtrier presume d'Adeline, droite, sur le banc des accuses entoure d'un policier et de ses avocats Me Leonardo Castro, et Me Yann Arnold, g ...
Bild: KEYSTONE

Fabrice A. wurde in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte ihn wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann an das Kantonsgericht weitergezogen werden.

Das Gericht folgte bei der Frage der Höchststrafe dem Antrag der Verteidigung, die gegen die lebenslängliche Verwahrung plädiert hatte. Der Genfer Generalstaatsanwalt Olivier Jornot hatte im fünf Tage dauernden Prozess vergangene Woche die lebenslängliche Verwahrung verlangt.

Vorbestrafter Vergewaltiger

Der 42-jährige Angeklagte hatte die Therapeutin während eines Freigangs am 12. September 2013 in einen Wald entführt und ihr die Kehle durchgeschnitten. Danach flüchtete der französisch-schweizerische Doppelbürger nach Polen, wo er laut Anklage seine Ex-Freundin töten wollte.

Nach einer dreitägigen Flucht wurde er an der deutsch-polnischen Grenze verhaftet und an die Schweiz ausgeliefert. Der Angeklagte war bereits wegen zwei 1999 und 2001 begangenen Vergewaltigungen zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt worden. (sda)

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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lutz Pfannenstiel
24.05.2017 18:32registriert Februar 2015
Ich kann die allgemein geäusserte Wut hier gut nachvollziehen. Aber zwei Punkte sollten erwähnt werden:
1. Wenn die Gutachter nicht von Untherapierbarkeit ausgehen, sind den Richtern bezüglich einer lebenslänglichen Verwahrung die Hände gebunden.
2. Auch bei einer "ordentlichen" Verwahrung ist es gut möglich, dass der Täter nie mehr raus kommt, also de facto lebenslänglich verwahrt bleibt. Gerade im vorliegenden Fall scheint mir die Wahrscheinlichkeit hierfür doch recht hoch. Bei der "lebenslangen Verwahrung" ist es einfach so, dass eine dereinstige Entlassung a priori ausgeschlossen wird.
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Madison Pierce
24.05.2017 18:54registriert September 2015
Dass die lebenslange Verwahrung nicht ausgesprochen werden konnte, da der Gesetzesartikel dazu nicht ausreicht, ist störend, kann aber nicht den Richtern angelastet werden.

Man sollte sich aber überlegen, ob "lebenslänglich" nicht wieder "lebenslänglich" sein sollte. Jetzt sieht es nämlich so aus: 15 Jahre, danach regelmässige Gutachten, ob noch Gefahr vom Täter ausgeht. Und dauernde, teure Therapie. Bei einer "richtigen" lebenslänglichen Haftstrafe könnte man sich Therapie und Gutachten sparen.
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satyros
24.05.2017 18:12registriert August 2014
Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ist die Höchststrafe. Die Verwahrung (ob ordentlich, oder lebenslang) ist eine Sicherungsmassnahme. Auch mit diesem Urteil wird der Typ höchstwahrscheinlich niemals wieder rauskommen.
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