Der damalige Lebenspartner der getöteten Adeline hat das Resozialisierungszentrum «La Pâquerette» am Donnerstag vor Gericht scharf kritisiert. Die Eltern forderten die lebenslängliche Verwahrung des Angeklagten.
Der Lebenspartner der getöteten Sozialtherapeutin, der ebenfalls im auf Resozialisierung spezialisierten Zentrum «La Pâquerette» tätig war, wurde im Gegensatz zu den Eltern am Donnerstag vom Gericht befragt. Er zeichnete ein miserables Bild des auf Resozialisierung spezialisierten Zentrums, das nach dem Tötungsdelikt geschlossen worden war.
Der Vater der gemeinsamen Tochter gab an, dass der wegen zweier Vergewaltigungen vorbestrafte Häftling Adeline wie auch andere Betreuerinnen zu umgarnen versucht habe. Er habe zudem insistiert, dass ihm für den zweiten Freigang Adeline als Begleiterin zugewiesen wird.
Bereits zuvor gaben zwei Gutachter in dem Prozess an, dass der Angeklagte Fantasien gegenüber Adeline hegte:
Der Angeklagte habe sich auf eigenen Wunsch ins Zentrum «La Pâquerette» dorthin versetzen lassen und die Mängel der Institution während eines Jahres analysieren können. Er habe ihm sogar das verlassene Haus, in dessen Nähe es zur Bluttat kam, auf einer Karte im Internet gezeigt, sagte der damalige Partner von Adeline aus. Vor dem Freigang habe er ein ungutes Gefühl gehabt, sagte der Partner.
Er habe sich auch Fragen zur eigenen Verantwortung gestellt. Zudem zeigte er sich befremdet über den Monatslohn von 500 Franken, den die Häftlinge im auf Resozialisierung spezialisierten Zentrum erhielten. In der «La Pâquerette» sei mit ihnen nicht über ihre Delikte gesprochen worden.
Es habe in der Institution zu wenig Struktur geherrscht. Der Partner hatte in der «La Pâquerette» bereits gekündigt zum Zeitpunkt der Bluttat, auch Adeline war auf Stellensuche. Trotz ihrer Leidenschaft für den Beruf habe es sie gestört, dass die Behandlungen bei manchen Häftlingen zu nichts geführt hätten.
Der Direktor der Genfer Universitätsspitäler (HUG), Bertrand Levrat, nahm ebenfalls an der Verhandlung teil. Die HUG waren verantwortlich für das Zentrum «La Pâquerette». Er räumte am Donnerstag «Schwachstellen» ein, die dem Angeklagten die Tat ermöglicht hätten. Er entschuldigte sich im Namen der HUG dafür und drückte sein Bedauern aus.
Zum Auftakt des vierten Prozesstages hatte die Mutter der getöteten Genferin das Wort ergriffen: «Für die Eltern ist der Verlust ihres Kindes das Schlimmste und auf diese Art und Weise ist es entsetzlich», sagte sie, und liess im Gerichtssaal in Genf niemanden unberührt.
Die Mutter erzählte auch vom inzwischen vier Jahre alten Kind der getöteten Sozialtherapeutin. «Dieser Sonnenschein muss ohne Mutter aufwachsen. Wenn sie den Himmel anschaut versteht sie nicht, weshalb Mama nicht zu uns heruntersteigt.»
Sie verlangte die lebenslängliche Verwahrung des Täters. Der vorbestrafte Vergewaltiger gehöre «bis zu seinem letzten Atemzug» hinter Gitter, auch wenn die Strafgesetzgebung zu dieser Höchststrafe schwierig anzuwenden sei.
Die Opfer hätten das Recht auf ein würdiges Leben und die Gewissheit, dass der Angeklagte für immer im Gefängnis bleiben werde. Der Vater sprach vom Leiden der Eltern, des Partners und der Enkelkinder, das ebenfalls das gesamte Leben anhalten werde.
Der 42-jährige Angeklagte hatte die Therapeutin auf einem Freigang am 12. September 2013 in einen Wald entführt und ihr die Kehle durchgeschnitten. Danach flüchtete er nach Polen, wo er laut Anklage seine Ex-Freundin töten wollte.
Nach einer dreitägigen Flucht wurde er an der deutsch-polnischen Grenze verhaftet und an die Schweiz ausgeliefert. Er muss sich wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls vor dem Genfer Strafgericht verantworten.
Der Prozess wird am Nachmittag mit dem Strafantrag von Staatsanwalt Olivier Jornot fortgesetzt. (sda/meg)